Sozialversicherungspflicht für angestellte Fahrlehrer: Bei Umgehung drohen hohe Nachzahlungen

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Februar/2019, Seite 72

Gelegentlich berichten Verbandsmitglieder über einen Kontrollbesuch der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls. Kontrolliert wurden die Einhaltung der Vorschriften des Mindestlohngesetzes (MiLoG) für 450-Euro-Minijobs wie auch die Erfüllung der Sozialversicherungspflicht für den Fahrschulinhaber selbst sowie dessen Angestellte. Aufgedeckte Verstöße führen dabei regelmäßig zu deftigen Nachzahlungen – gelegentlich in deutlich fünfstelliger Höhe.

Nach den Regelungen des Einkommensteuergesetzes (§ 18 EStG) wird die Tätigkeit eines selbstständigen Fahrlehrers steuerrechtlich den freiberuflichen Tätigkeiten zugerechnet. Deshalb vertreten Unkundige immer wieder die Meinung, die Sozialversicherungspflicht treffe auf Fahrschulinhaber nicht zu.

Rentenversicherungspflicht selbstständiger Lehrer

Dagegen steht jedoch die im Sozialgesetzbuch (SGB VI § 2 Nr. 1) enthaltene Rentenversicherungspflicht für selbstständige Lehrer, die auch für Fahrlehrer gilt. Dort heißt es: „Versicherungspflichtig sind selbstständig tätige Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen.“ Hintergrund dieser Regelung ist Vorbeugung gegen die Altersarmut Selbstständiger.

Klares Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVG)

Das BVG urteilte mit Beschluss vom 26.06.2007 (Az. 1 BvR 2204/00; 1 BvR 1355/03), durch die Rentenversicherungspflicht der selbstständigen Lehrer sei keine Verletzung der Verfassungsrechte ersichtlich. Der Entscheidung lag die Verfassungsbeschwerde eines Hausverwalters zugrunde, der aufgrund seiner nebenberuflichen selbstständigen Tätigkeit als Sprachlehrer rentenversicherungspflichtig geworden war. Es handelt sich somit um gefestigte Sozialgesetzgebung. Damit ist legale Umgehung dieser Pflicht ausgeschlossen. Der Sozialversicherungspflicht unterliegen im Übrigen neben selbstständigen Lehrern auch Selbstständige anderer Berufe.

Von der Sozialversicherungspflicht befreit

Hingegen sind selbstständige Lehrer, also auch Fahrschulinhaber/-innen, nicht sozialversicherungspflichtig, sofern sie regelmäßig einen oder mehrere sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter/-innen beschäftigen. Das können Fahrlehrer/-innen oder auch Mitarbeiter/-innen im Fahrschulbüro sein. „Regelmäßig“ bedeutet, dass für die Monate, in denen mindestens ein(e) Angestellte(r) mit einem monatlichen Gehalt von mehr als 450 € beschäftigt wird, keine Sozialversicherungspflicht des Selbstständigen entsteht. Aber Achtung: Die noch vor einigen Jahren gängige Variante, lediglich zwei oder mehr Minijobber mit einer Lohnsumme von zusammengezählt mehr als 450 € zu beschäftigen, wurde in jüngster Zeit bei Betriebsprüfungen durch die Sozialversicherungen nicht mehr akzeptiert.

Beschäftigung von Fahrlehrern/ -innen als freie Mitarbeiter

Ist es zulässig Fahrlehrer/-innen unter Umgehung von Sozialabgaben als freie Mitarbeiter zu beschäftigen? Diese Frage wurde in der Vergangenheit von Gerichten ganz unterschiedlich beantwortet.

Verwaltungsgericht Sigmaringen
(Az. 4 K 4032/11) Das VG Sigmaringen urteilte am 09.10.2012, dass es zulässig sei, einen Fahrlehrer, der für seine Leistungen eine Rechnung stellt, als freien Mitarbeiter zu beschäftigen, solange die Überwachung und Anleitung im Sinne von § 16 FahrlG a.F. (heute § 29 FahrlG) sichergestellt sei.

Landessozialgericht Bayern
(Az. L 5 R 910/12) Das LSG Bayern hingegen entschied am 11.11.2014, dass ein Fahrlehrer generell nicht für eine Fahrschule auf Honorarbasis tätig sein darf.

Freie Mitarbeiter unterliegen der Regelung des SGB VI

Gleichgültig, welche der beiden Rechtsmeinungen man heranzieht, sicher ist, ein als „freier Mitarbeiter“ tätiger Fahrlehrer beschäftigt im Regelfall keine eigenen sozialversicherungspflichtigen Angestellten. Damit greift automatisch die oben erwähnte Regelung des SGB VI § 2 Nr. 1: Der „freie Mitarbeiter“ ist ohne Wenn und Aber sozialversicherungspflichtig.

Scheinselbstständigkeit
Ein weiterer zur Sozialversicherungspflicht führender Tatbestand ist die sogenannte Scheinselbstständigkeit, von der immer dann auszugehen ist, wenn ein Mitarbeiter auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist. Ein weiteres für Scheinselbstständigkeit sprechendes Kriterium ist das Fehlen typischer Merkmale unternehmerischen Handelns. Dies ist bei „freien Mitarbeitern“ von Fahrschulen augenfällig, da der „freie Mitarbeiter“ die Fahrschüler gemäß den Bestimmungen des Fahrlehrergesetzes (§ 29 FahrlG) unter Aufsicht und nach Weisung (Direktionsrecht) des Fahrschulinhabers auszubilden hat. Außerdem hat der „freie Mitarbeiter“ im Regelfall nicht den Status eines selbstständigen Gewerbetreibenden und betätigt sich eigenständig weder in der Kundenakquise noch im Marketing. Der „freie Mitarbeiter" verrichtet somit ausnahmslos dieselbe Arbeit wie ein sozialversicherungspflichtig angestellter Fahrlehrer.

Betriebsprüfung

Stellt ein Betriebsprüfer der Deutschen Rentenversicherung Scheinselbstständigkeit von Mitarbeitern eines Fahrschulbetriebs fest, kann das richtig teuer werden – besonders wenn Beiträge für mehrere Jahre nachgefordert werden und Säumniszuschläge dazukommen. Schuldner ist dabei in der Regel allein der Fahrschulinhaber.

Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung

Wer mit der Beschäftigung eines Fahrlehrers/ einer Fahrlehrerin auf Honorarbasis liebäugelt, sollte sich mittels eines Statusfeststellungsverfahrens bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung absichern. Nähere Informationen dazu findet man unter diesem Link: http://www.clearingstelle.de/clearingstellescheinselbstaendigkeit.html (Red.: Link wurde entfernt, da leider nicht mehr online verfügbar).

Gemeinschaftsfahrschule und Kooperation

Zur Vollständigkeit ist den obigen Ausführungen anzufügen:

  • § 19 FahrlG lässt zu, dass bis zu 5 Fahrschulinhaber innerhalb einer Gemeinschaftsfahrschule (BGB-Gesellschaft) berechtigt sind, ihre Fahrschüler von den Mitgesellschaftern oder deren Angestellten ausbilden zu lassen, ohne dass dabei gesonderte sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse entstehen. Die Modalitäten der Vergütung regelt der Gesellschaftsvertrag.

  • Als Auftraggeber im Rahmen einer Kooperation (§ 20 FahrlG) darf ein Fahrschulinhaber Teile der Ausbildung gegen Rechnung an einen oder mehrere Kooperationspartner (Auftragnehmer) übertragen. Auch dabei entsteht keine gesonderte Sozialversicherungspflicht.

 

Jochen Klima