Fahrlehrer gesucht? Die Arbeitsagentur kann helfen

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Februar/2019, Seite 80

Der Mangel an Fahrlehrerinnen und Fahrlehrern wirft immer wieder Fragen zur Förderung der Ausbildung von Interessenten an diesem Beruf auf. Die FahrSchulPraxis hat darüber mit Martina Lehmann, Chefin der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim, gesprochen. Ihre informativen Ausführungen zeigen beiden Seiten – potenziellen Bewerbern um die Fahrlehrerlaubnis und Fahrschulunternehmen – Fördermöglichkeiten der Arbeitsagentur auf.

FPX   Seit geraumer Zeit sind Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer sehr gesucht. Der Markt ist quasi leer. Es fehlt an Nachwuchs. Hinzu kommt, dass Fahrlehrer der Babyboomer-Generation seit einigen Jahren zunehmend in den Altersruhestand treten. Die Ausbildung zur Fahrlehrerin/zum Fahrlehrer dauert für die Grundstufe der Fahrlehrerlaubnis (Kl. BE) mindestens 12 Monate und kostet – ohne Verdienstausfall gerechnet – ca. 13.000 bis 14.000 €. Vor diesem Hintergrund die Frage: Ist den Arbeitsagenturen der Mangel an Fahrlehrern bekannt? Zum Beispiel durch vermehrte Meldung offener Stellen?

Lehmann   Der Mangel ist uns sehr wohl bekannt, weil wir eng am Arbeitsmarktgeschehen unterwegs sind und die Entwicklung am regionalen Arbeitsmarkt genau beobachten. Ich kann Ihnen sagen, wie es momentan in unserem Agenturbezirk, dem Nordschwarzwald, aussieht: Wir haben keinen einzigen arbeitslosen Fahrlehrer, aber 9 offene Stellen gemeldet. Diese beiden Ziffern zeigen ganz klar: In diesem Berufszweig gibt es einen Mangel.

FPX   Hat Ihre Arbeitsagentur in jüngerer Vergangenheit Fahrlehreranwärter/-innen gefördert und laufen aktuell solche Fördermaßnahmen?

Lehmann   Mir ist es sehr wichtig, die sehr guten Chancen am Arbeitsmarkt zu nutzen, um zum einen arbeitslosen Menschen neue berufliche Perspektiven zu eröffnen und zum anderen die Unternehmen der Region, so auch die Fahrschulen, die dringend Fachkräfte suchen, zu unterstützen. Wir haben außerordentlich gute Angebote, und zwar nicht nur in Form von Beratung für Arbeitslose und Beschäftigte, sondern auch für Unternehmen. Damit zeigen wir beiden Seiten auf, wie dem Fachkräftemangel begegnet und Arbeitslosigkeit beendet werden kann. Und in Kooperationen mit Unternehmen und Verbänden, z. B. mit dem Fahrlehrerverband Baden-Württemberg, haben wir in den zurückliegenden Jahren unterschiedlichste Anstrengungen unternommen. Das Ergebnis lässt sich sehen: Allein in 2018 konnten wir so 15 Männern die Fahrlehrerausbildung fördern. Mitarbeiter meines Hauses waren auch vor Ort in Fahrschulunternehmen, haben beraten und den Weg aufgezeigt, wie wir auch bei bereits Beschäftigten unter bestimmten Voraussetzungen mit finanziellen Angeboten unterstützen können. Ich kann deshalb den Unternehmen, die Fachkräfte suchen, nur raten, uns anzurufen und unsere Dienste und Möglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Wir haben einen guten Blick auf den Arbeitsmarkt, engagierte Kolleginnen und Kollegen, die gern mit Beratung weiterhelfen und wirksame Förderinstrumente einsetzen können. Auch organisieren wir oft Bewerbertage oder Vermittlungsbörsen. Letztes Jahr haben wir beispielsweise eine spezielle Vermittlungsbörse für Fahrschulen angeboten. 5 Fahrschulen und knapp 30 Arbeitslose haben teilgenommen und der Großteil der Förderungen hatte hier seine Wurzeln.

FPX   Welcher Personenkreis kann, sofern die objektiven Zugangsvoraussetzungen des Fahrlehrergesetzes gegeben sind, mit Aussicht auf Erfolg einen Antrag auf Förderung durch die Arbeitsagentur stellen? Inwieweit sind dabei Merkmale wie Alter, Vorbildung, Erwerbsbiografie, krankheits- oder unfallbedingte Erwerbsminderung und eventuell weitere Kriterien bedeutsam?

Lehmann   Ob die doch recht kostspielige Ausbildung zum Fahrlehrer gefördert werden kann, wird immer im persönlichen Beratungsgespräch geklärt. Es ist also wichtig, dass Interessierte zunächst einen Termin vereinbaren. In diesem Gespräch klären wir anhand der individuellen Voraussetzungen und der Erwerbsbiografie, ob aus unserer Sicht grundsätzlich eine Förderung zum Fahrlehrer bzw. zur Fahrlehrerin in Betracht kommt. Wir empfehlen dann meistens, zunächst ein Praktikum in einer Fahrschule zu machen. Zusätzlich schalten wir in der Regel unseren berufspsychologischen Service und den ärztlichen Fachdienst ein. Selbstverständlich prüfen wir in jedem Einzelfall die arbeitsmarktliche Notwendigkeit. D. h. wir finanzieren nicht die Umschulung von Menschen mit einem Berufsabschluss in einem Mangelberuf wie beispielsweise Bäcker oder Maurer, die ganz einfach gern Fahrlehrer werden wollen. Wir würden solche Menschen zwar beraten und ihnen aufzeigen, wie sie ihren Traum verwirklichen können. Aber Geld gibt es dafür nicht, denn wir sind gehalten, mit unserem aus Beiträgen der Arbeitslosenversicherung finanzierten Budget äußerst sorgsam und zweckgebunden umzugehen.

FPX   Das bedeutet also, die Antragsteller müssen sich einem Eignungstest unterziehen.

Lehmann   In der Regel ja, zusätzlich empfehlen wir ein Praktikum in einer Fahrschule.

FPX   Müssen Antragsteller ein tragfähiges, ihnen schriftlich zugesagtes Stellenangebot als Fahrlehrer/-in nachweisen?

Lehmann   Dafür gibt es keine gesetzliche Pflicht und die gab es auch noch nie. Im Einzelfall oder unter veränderten Rahmenbedingungen kann das aber durchaus Sinn machen.

FPX   Ist die Antragstellung ein eher kompliziertes Unterfangen? Bedarf es dabei oft professioneller Hilfe externer Dritter?

Lehmann   Wer Fahrlehrer werden will, muss in der Lage sein, den Antrag ohne Probleme auszufüllen. Das vorweg. Wir haben einen sehr unkomplizierten Zugang, man kann uns anrufen, auch online mit uns in Kontakt treten, und der Antrag ist auch für Nichtstudierte leicht handhabbar.

FPX   Weil die Fahrlehrerausbildung in geschlossenen Kursen erfolgt, ist während dieser Zeit eine Erwerbstätigkeit nicht möglich. Schließen positive Bescheide neben Förderung der Ausbildungskosten von ca. 13.000 bis 14.000 € auch die Lebenshaltungskosten ein?

Lehmann   Ein Stück weit ja, denn wenn jemand Arbeitslosengeld bezieht und wir der Ausbildung zum Fahrlehrer zustimmen, läuft für die betreffende Person während der Zeit der Ausbildung das Arbeitslosengeld weiter.

FPX   Das gilt für Arbeitslose, was aber gilt für andere?

Lehmann   Hier kommt vorrangig eine Förderung nach dem Aufstiegs-BAföG (Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz – AFBG) in Betracht.

FPX   Können Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer, die ihre Lehrkompetenz erweitern wollen, z. B. auf die Ausbildung angehender Lkw- oder Busfahrer, Förderung durch die Arbeitsagentur erhalten?

Lehmann   Ja. Da gibt es abhängig von Betriebsgröße und persönlichen Voraussetzungen der Beschäftigten gute Möglichkeiten, die man aber tatsächlich auch in jedem Einzelfall prüfen muss. Am 1.1.2019 ist das sogenannte Qualifizierungschancengesetz in Kraft getreten. Das ist eine besonders gute Nachricht für kleine Fahrschulen mit weniger als 10 Beschäftigten. Denn hier können wir dann bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen nicht nur bis zu 100 Prozent der Ausbildungskosten übernehmen, sondern, und das ist neu und hochinteressant für die Fahrschulen und deren Beschäftigte, zusätzlich einen Arbeitsentgeltzuschuss zahlen. Quasi als Ausgleich dafür, wenn in der Zeit der Ausbildung zwar Arbeitsverhältnis und Gehalt weiterlaufen, aber wegen der Teilnahme an der Ausbildung keine Arbeitsleistung erbracht wird. Es freut mich sehr, dass wir hierdurch insbesondere die kleinen Unternehmen gut unterstützen können, denn bei Betrieben unter 10 Beschäftigten sind die Zuschüsse am höchsten. In unten stehender Grafik haben wir die Fördermöglichkeiten für Ihre Leserinnen und Leser aufbereitet.

Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales

   Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales

FPX   Welche anderen öffentlichen Leistungsträger kommen Ihres Erachtens für die Förderung von Interessenten am Fahrlehrerberuf in Betracht?

Lehmann   Wenn jemand lange Jahre einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachging und diese aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, kommen auch Leistungsträger wie beispielsweise die Deutsche Rentenversicherung oder die Berufsgenossenschaften in Betracht. Aber auch arbeitslose Menschen, die von den Jobcentern betreut werden, können grundsätzlich gefördert werden.

FPX   Abschließend bitte ich Sie, Frau Lehmann, um Ratschläge und Hinweise, die für potentielle Antragsteller besonders wichtig sein können.

Lehmann   Ganz wichtig ist, dass sich interessierte Fahrschulen möglichst frühzeitig mit uns in Verbindung setzen, damit wir mit ihnen gemeinsam den für ihre Belange besten Weg der Unterstützung herausarbeiten können. Dasselbe rate ich Arbeitnehmern, gleichgültig ob sie beschäftigt oder arbeitslos sind. Die Prüfung von Fördervoraussetzungen, Eignungsabklärung usw. ist anspruchsvoll und nimmt schlichtweg eine gewisse Zeit in Anspruch. Grundsätzlich gilt: Fragen kostet nichts und lieber einmal zu viel gefragt als einmal zu wenig.

FPX   Vielen Dank, Frau Lehman, für das aufschlussreiche Gespräch.

Das Interview führte Gebhard L. Heiler

Martina Lehmann (Foto: Copyright Arbeitsagentur)

Zur Person

Martina Lehmann ist seit Ende 2015 Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim. Nach ihrem Studium an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung arbeitete sie 5 Jahre als Arbeitsvermittlerin in der Agentur für Arbeit Esslingen. Von 1990 bis 1998 war sie als Beraterin in Fragen der Weiterbildung und Umschulung in der Arbeitsagentur Böblingen tätig. Nach leitenden Positionen im Großraum Stuttgart rückte sie in die Geschäftsführung der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit auf und vor drei Jahren erfolgte dann die Berufung in ihre heutige Tätigkeit.

Martina Lehmann (Foto: Copyright Arbeitsagentur)

 

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