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1 EDITORIAL: Es warten wichtige Aufgaben
6 UPDATE: Verkehrssicherheit - Europa verpasst sein Ziel
8 Vorschau: Mitgliederversammlung Friedrichshafen
10 Privat- und Geschäftsunterlagen – Aufbewahrungsfristen 2019
14 Mutterschutzrecht – Wesentliche Neuregelungen
18 Fahrschülerausbildung: Motorrad - Ausweichen nach Abbremsen - Abschaffen? Nachdenken? Oder weiter so?
22 Rechtspraxis: Gesundheits- und Jugendschutz - Rauchen während der Ausbildung?
25 Seminar der FSG/TTVA mbH: Fernbusse im Aufwind - Einblick in eine junge Boom-Branche
26 Toyota-Rabatte: Neue Rabattsätze für Fahrschulen
27 Fachliteratur: Fachbuch "Führerschein" neu aufgelegt
52 Gerichtsurteile: (2435) Assistenzsysteme: Geld zurück bei Fehlfunktionen? / (2436) Teilkaskoversicherung: Was ist nicht versicherter Innenraum des Pkw?
Mutterschutzrecht: Wesentliche Neuregelungen
© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Januar/2019, Seite 14
Zu Beginn erinnern wir an unseren Beitrag "Mutterschutz für Fahrlehrerinnen" aus FahrSchulPraxis 11/2016, S. 597 ff. Seitdem hat sich in puncto Mutterschutz einiges getan: Die Rechtsstellung werdender und stillender Mütter wurde deutlich verbessert.
Das praktische Beschäftigungsverbot nach dem dritten Schwangerschaftsmonat wurde aufgehoben (Foto: and.one/Fotolia)
Namentlich die seit 1. Januar 2018 geltenden umfänglichen gesetzlichen Änderungen und die dabei erfolgte Übernahme der „Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz“ (MuSchArbV) in das Mutterschutzgesetz (MuSchG) erhöhten die Begünstigungen und den Schutz der Frauen.
Nachfolgend ein Überblick der wichtigsten Bestimmungen, wie sie sich heute für die Beschäftigung von werdenden und stillenden Müttern in Fahrschulen darstellen. Seit der Reform gilt der Grundsatz: Statt Beschäftigungsverbot Arbeitsplätze gemäß der neu zu erstellenden Gefährdungsbeurteilung gestalten. So können sich mehr Möglichkeiten ergeben, werdende Mütter zu beschäftigen.
Schutz ausgeweitet Bisher galt das Gesetz nur für Frauen, die bei einem Arbeitgeber fest angestellt waren. Maßgeblich ist zukünftig das Vorliegen einer sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigung im Sinne von § 7 Absatz 1 SGB IV (§ 1 Abs. 2 Satz 1 MuSchG).
Ganz konkret können sich werdende Mütter auch in folgenden Beschäftigungsverhältnissen neu auf das MuSchG berufen:
- Frauen in betrieblicher Berufsausbildung und Praktikantinnen i.S. von § 26 des Berufsbildungsgesetzes,
- Frauen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind,
- Schülerinnen und Studentinnen, soweit die Ausbildungsstelle Ort, Zeit und Ablauf der Ausbildungsveranstaltung verpflichtend vorgibt.
Verlängerte Schutzfristen Werdende Mütter dürfen in den letzten 6 Wochen vor der Entbindung nicht beschäftigt werden, es sei denn, dass sie sich zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklären. Nach der Entbindung dürfen Frauen für weitere 8 Wochen ebenfalls nicht beschäftigt werden. Für Mütter nach Früh- oder Mehrlingsgeburten verlängert sich diese Frist auf 12 Wochen. Durch die gesetzliche Neuregelung wird nunmehr die Schutzfrist auch dann auf 12 Wochen verlängert, wenn bei dem Kind eine Behinderung festgestellt wird (§ 3 Abs. 2 Nr. 3 MuSchG). Die Behinderung muss jedoch vor Ablauf von 8 Wochen nach der Entbindung ärztlich festgestellt und die Verlängerung von der Mutter bei der Krankenkasse beantragt werden.
Kündigungsschutz erweitert Ab Beginn der Schwangerschaft bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses bis auf wenige Ausnahmen unzulässig. Mit der Neuregelung haben auch Frauen nach einer Fehlgeburt ab der 12. Schwangerschaftswoche grundsätzlich einen 4-monatigen Kündigungsschutz (§ 17 Ab-satz 1 Nr. 2 MuSchG).
Gefahrloser Arbeitsplatz In die Zielsetzung des MuSchG ist – neben dem bisherigen Ziel des Gesundheitsschutzes für Schwangere – ausdrücklich neu aufgenommen, dass der Arbeitgeber alle Möglichkeiten zu nutzen hat, damit schwangere Frauen ohne Gefährdung ihrer Gesundheit und der ihres ungeborenen Kindes ihre berufliche Tätigkeit fortsetzen können. Dementsprechend sollen Beschäftigungsverbote aus betrieblichen Gründen nur noch in Betracht kommen, wenn alle anderen Maßnahmen versagen. So hat ein Arbeitgeber für jeden Arbeitsplatz eine abstrakte Gefährdungsbeurteilung (§ 10 Abs. 1 MuSchG) durchzuführen, und zwar unabhängig davon, ob in einem Unternehmen derzeit schwangere oder stillende Frauen arbeiten und ob es überhaupt weibliche Kollegen gibt. Danach soll die Möglichkeit eines Schadens oder einer gesundheitlichen Beeinträchtigung der Mutter und ihres Kindes verhindert werden.
Schutzmaßnahmen und Eskalationsstufen Wird nach obiger Beurteilung eine „unverantwortbare“ Gefährdung identifiziert (§ 9 Abs. 2 MuSchG), hat der Fahrschulunternehmer im Fall einer gemeldeten Schwangerschaft oder Stillzeit gemäß § 13 MuSchG eine „Rangfolge der Schutzmaßnahmen“ einzuhalten: Er hat den Arbeitsplatz so zu gestalten, dass Leben und Gesundheit von Mutter und Kind nicht gefährdet werden. Reichen diese Schutzmaßnahmen nicht aus, um eine Gefährdung zu minimieren, ist eine Umgestaltung der Arbeitsbedingungen erforderlich. Sind Gefährdungen immer noch nicht ausreichend reduziert, muss der Fahrschulunternehmer prüfen, ob ein Arbeitsplatzwechsel in Frage kommt. Für schwangere Fahrlehrerinnen bedeutet dies zum Beispiel, dass sie auf Schulungen im Fahrzeug verzichten und stattdessen Theorieunterricht erteilen oder im Büro eingesetzt werden. Erst wenn diese Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kann ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden.
Beschäftigung auf Lehrfahrzeugen Das neue MuSchG listet in den §§ 11 und 12 einen ganzen Katalog an Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen auf, die schwangeren und stillenden Frauen nicht zugemutet werden dürfen. Für schwangere Fahrlehrerinnen kommt § 11 Abs. 5 Nr. 5 in Betracht, wenn sie „auf Beförderungsmitteln eingesetzt sind und dies für sie oder ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt“. Beförderungsmittel ist auch das Fahrschulfahrzeug. Das bisherige grundsätzliche praktische Beschäftigungsverbot nach Ablauf des dritten Monats gibt es nicht mehr. Nunmehr muss vom Arzt festgestellt werden, ob der Einsatz im Fahrschulfahrzeug verantwortbar ist oder nicht. Bei einer positiven ärztlichen Aussage sind Schulungen im Auto weiter möglich.
Neuregelungen bei Mehrarbeit Auch Mehrarbeit kann der Fahrschulinhaber anordnen, sofern die Mitarbeiterin nicht mehr als 8½ (bei minderjährigen Frauen 8) Stunden täglich oder 90 (bei minderjährigen Frauen 80) Stunden in einer Doppelwoche arbeitet (§ 4 Abs. 1 Satz 1 MuSchG).
Voraussetzungen für Mehrarbeit:
- Einwilligung der Betroffenen,
- Bestätigung eines Arztes, dass von der Mehrarbeit keine Gefahr für Mutter und Kind aus geht.
Neu ist die Verpflichtung des Arbeitgebers, geleistete Überstunden innerhalb eines Monats auszugleichen. Auch darf nach § 4 Abatz 1 Satz 4 MuSchG die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit im Monatsdurchschnitt nicht überschritten werden. Der Arbeitgeber muss dann Freizeit in entsprechendem Umfang gewähren. Schließlich ist § 4 Absatz 2 MuSchG zu beachten, wonach der Arbeitgeber schwangeren und stillenden Frauen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden gewähren muss.
Nachtarbeit und Arbeit zur späten Stunde Hinsichtlich eines Verbots der Nachtarbeit bleibt es unverändert dabei, dass eine Beschäftigung zwischen 20.00 und 6.00 Uhr untersagt ist (§ 5 MuSchG). Eine Ausnahmegenehmigung der Aufsichtsbehörde ist möglich.
Neu in das Gesetz aufgenommen wurden Regelungen zur Arbeit zur späten Abendstunde (§ 5 Abs. 1 Satz 2 MuSchG). Demnach kann eine schwangere oder stillende Frau ausnahmsweise zwischen 20.00 und 22.00 Uhr beschäftigt werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind und die Aufsichtsbehörde dies genehmigt.
Folgende Unterlagen müssen dem Antrag bei der Aufsichtsbehörde beiliegen:
- Einwilligungserklärung der betroffenen Mitarbeiterin,
- ärztliches Zeugnis (Unbedenklichkeitsbescheinigung),
- Gefährdungsbeurteilung,
- Bestätigung, dass keine unverantwortliche Gefährdung, insbesondere durch Alleinarbeit (§ 2 Abs. 4 MuSchG), vorliegt.
Während die Behörde den Antrag prüft, darf der Arbeitgeber die Frau bis 22.00 Uhr beschäftigen. Der Antrag gilt als genehmigt, wenn er nicht innerhalb von 6 Wochen abgelehnt wird.
Stillzeiten § 7 Absatz 2 MuSchG sieht vor, dass der Arbeitgeber eine stillende Frau auf ihr Verlangen während der ersten zwölf Monate nach der Entbindung für die zum Stillen erforderliche Zeit freizustellen hat, mindestens aber zweimal täglich eine halbe Stunde oder einmal täglich für eine Stunde.
Paragraf 23 Absatz 1 MuSchG sieht vor, dass durch die Gewährung der Freistellung nach § 7 MuSchG bei der schwangeren oder stillenden Frau kein Entgeltausfall eintreten darf. Freistellungszeiten sind weder vor- noch nachzuarbeiten; sie werden nicht auf Ruhepausen angerechnet, die im Arbeitszeitgesetz oder anderen Vorschriften festgelegt sind.
Kernbereiche der Zuschusspflicht und Entgeltfortzahlung Eine für die Entgeltabrechnung wichtige Nachricht: Die Änderungen des MuSchG haben an den bisherigen Kernbereichen, nämlich der Zuschusspflicht zum Mutterschaftsgeld in den Schutzfristen vor und nach der Geburt sowie der Entgeltfortzahlung während eines Beschäftigungsverbots, grundsätzlich nichts verändert. Auch das System der Rückerstattung dieser finanziellen Aufwendungen durch das AAG-Umlageverfahren bleibt erhalten.
Ralf Nicolai