Sommerzeit - Reisezeit: Fahrzeug aufgebrochen - Was nun?

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Juli/2019, Seite 444

Sie ist wieder da, die schönste Zeit des Jahres – der Sommerurlaub. Während viele per Flieger in ferne Länder reisen, gehen andere auf Kreuzfahrt. Doch noch mehr Menschen fahren mit dem eigenen Auto in den Urlaub.

Dabei packt man wichtige Gegenstände in die Stauräume: Kleidung, Laptop, Kamera, Smartphone, iPad, Hobbygeräte usw. Das eigene Zuhause vor Abreise noch gegen Einbruch geschützt, zum Abschrecken eine qua Zeitschaltuhr gesteuerte Lampe installiert, der Nachbarin einen Schlüssel übergeben – und los geht die Fahrt.
„Wann sind wir denn endlich da“, quengeln die Kinder bereits nach wenigen Stunden, das Radio spielt die ersten italienischen Melodien, das Mittelmeer ist nicht mehr weit, aber die Autobahn ist voll. Nach einem stressigen Stop-and-go endlich eine Rast. Doch wo parken? Alle Stellplätze sind belegt. Etwas abseits hinter abgestellten Lastzügen, am Rande des Parkplatzgeländes, ist noch eine Lücke frei. Alle raus und ab auf die Toilette …

Was nicht mitgeht, sind Smartphones, iPad, Kamera, Golfausrüstung und die große Handtasche samt dem darin befindlichen Urlaubsgeld, den Ausweisen und der Kreditkarte.

Alles weg

Schon wenige Minuten später die ernüchternde Realität: Alles Wertvolle ist weg. Geklaut. Dabei wussten doch alle, dass man Wertgegenstände nicht für jeden sichtbar im Auto liegen lassen soll. Einzelne Versicherungsgesellschaften nehmen offen im Fahrzeug liegende Wertgegenstände zum Anlass, bei Diebstahl eine Schadensregulierung zu verweigern oder die Entschädigung deutlich zu mindern.

Überlegt handeln

Was kann man oder muss man jetzt tun? Wer hilft in einem solchen Fall? Ob Carabinieri oder Polizia Stradale – erwarten Sie keine übereifrigen Aktivitäten. Selbstverständlich ist der Anruf bei der Polizei eine erste wichtige Maßnahme, wobei man die internationale Notrufnummer 112 (Numero di emergenza) nutzen kann. In der Regel werden Sie zur Erstattung einer Anzeige auf eine Polizeidienststelle gebeten. Bevor Sie sich jedoch dorthin begeben, sollten Sie am Tatort noch an das Wesentliche denken und wichtige Fakten für die polizeiliche Ermittlung sichern:

1. Fotografieren Sie die angetroffene Situation: den abgestellten Wagen, Aufbruchspuren wie eingeschlagene Scheiben oder beschädigte Türen, durchwühltes Urlaubsgepäck etc. Haben Sie weder Kamera noch ein Handy mit Fotofunktion verfügbar, bitten Sie andere Reisende um Hilfe und Zusendung der Bilder.

2. Viele Diebe haben es nur auf das Bargeld oder auf leicht zu transportierende Wertgegenstände abgesehen. Oft werfen sie schon nach wenigen Metern für sie wertlose Gegenstände weg. Suchen Sie unbedingt die Umgebung danach ab: Mülleimer, Gebüsche und die Flächen unter den benachbarten Fahrzeugen.

3. Befragen Sie mögliche Zeugen, notieren Sie deren Anschriften und auch die Kennzeichen anderer in der nahen Umgebung geparkter Fahrzeuge.

4. Informieren und befragen Sie das Tankstellenpersonal, vielleicht lief ja zufällig eine Überwachungskamera. Solche Aufnahmen sind so schnell wie möglich zu sichern.

5. Verschaffen Sie sich einen ersten Überblick davon, was fehlt. Erstellen Sie hierzu eine detaillierte Liste der entwendeten Gegenstände für die Polizei und für Ihre Versicherung. Hersteller, individuelle Geräte- und Seriennummern können hierbei sehr hilfreich sein.

6. Lassen Sie über die bekannten „Hotline-Nummern“ (0049-116116 oder 0049-3040504050) umgehend alle Kredit- und Bankkarten, Ihre SIM-Karte sowie auch die elektronische Identitätsfunktion des Personalausweises sperren.

7. Erstatten Sie zeitnah Anzeige bei der Ihnen genannten Polizeidienststelle und verlangen Sie eine schriftliche Bestätigung bzw. eine Abschrift des Protokolls mit dem Namen der Dienststelle und dem Aktenzeichen der Anzeige. Sollte es zu sprachlichen Schwierigkeiten kommen, bitten Sie jemanden, Ihnen bei der Verständigung zu helfen.

8. Wurden im Ausland auch Ihre Ausweisdokumente entwendet, müssen Sie rasch Kontakt zu Ihrer diplomatischen Vertretung aufnehmen (Kontaktnummer aus dem Ausland: 0049-3050002000).

9. Lassen Sie Aufbruchschäden am Fahrzeug alsbald reparieren, damit dieses wieder verschließbar ist und keinen Anreiz für Folgetaten bietet.

10. Weitere Hilfen und Tipps geben Ihnen die Automobilclubs, Ihre Versicherung und auch Ihr Reiseveranstalter.

Zu Hause

Ist der erste Schock überwunden und der Urlaub doch noch erholsam gewesen, dann denken Sie bitte daran, nach der Rückkehr in Deutschland Wichtiges zu erledigen:

1. Sinnvoll ist die Erstattung einer nochmaligen Anzeige bei der deutschen Polizei, insbesondere dann, wenn Ausweisdokumente entwendet wurden und für entwendete Gebrauchsgegenstände individuelle Gerätenummern und Seriennummern vorliegen. Die Möglichkeiten der internationalen Fahndungssysteme können so besser genutzt werden.

2. Melden Sie den Diebstahl Ihrer Versicherung, wobei Sie hier eine genaue Beschreibung des Tathergangs, alle verfügbaren Bilder, das polizeiliche Protokoll, Personalien möglicher Zeugen und die detaillierte Auflistung der entwendeten Gegenstände vorlegen sollten. Je mehr, desto besser.

3. Welche Versicherung den Ersatzanspruch übernimmt, kommt auf Ihre Versicherungsverträge und die Gesamtumstände der Tat an. Die Teilkasko, die Vollkasko, eine Reisegepäckversicherung oder der erweiterte Diebstahlsschutz der Hausratversicherung können hier greifen. Insbesondere wenn Fahrzeugzubehör (Navi, Bordcomputer u. a.) und gleichzeitig auch Ihr persönliches Reisegepäck entwendet wurden, können mehrere Versicherungsverträge tangiert sein.

Hinweis

Es wird grundsätzlich nicht unterschieden, ob sich der Dieb durch das Einschlagen der Scheibe oder durch Manipulation des Funksignals Zugang zum Fahrzeug verschafft hat. Was hingegen nicht versichert ist, ist das sogenannte „JAMMING“. Dabei fangen die Täter das Funksignal des Schlüssels beim Schließen ab, sodass es das Fahrzeug nicht erreicht. Somit bleiben die Türen des Fahrzeugs unverschlossen und die Diebe haben leichtes Spiel. Deswegen ist es wichtig, sich vor allem bei funkgesteuertem Schließen des Fahrzeugs manuell zu vergewissern, ob es wirklich verschlossen ist und ob ggf. das Verschließen durch Blinken oder einen Ton bestätigt wurde.

4. Beantragen Sie alle Ihre Dokumente bei den entsprechenden Behörden oder Institutionen neu. Sollten Ihnen aufgefundene Dokumente wieder zugesandt werden, informieren Sie die Polizei zur Löschung der Fahndungsnotierung und geben die Dokumente dort oder bei der zuständigen Behörde/Institution ab.

5. Aus gemachten Fehlern kann man sicherlich viel lernen, deshalb werden Sie bei der nächsten Urlaubsfahrt den Abstellplatz Ihres Fahrzeugs besser auswählen, nicht alle Mitreisenden gleichzeitig zur Toilette gehen und Wertgegenstände nie sichtbar im Fahrzeug liegen lassen.

Bei solchen Diebstahlszenarien denkt man gern an süd- oder osteuropäische Länder. Dabei sollte man nicht vergessen, dass dies auch überall in Deutschland geschehen kann. Laut einer Statistik des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wurden im letzten Jahr rund 90.000 Fahrzeuge aufgebrochen, um Autoteile wie Navigationsgeräte, Bordcomputer, Lenkräder oder Airbags zu entwenden. Die Diebstähle sichtbar herumliegender Handtaschen, Handys oder Kameras sind dabei nicht mitgezählt. Wie dreist Täter sind, zeigen immer wieder Vorfälle, bei denen aus unverschlossenen Rettungswagen Medikamente und Notfallequipment entwendet werden.

Und zum Schluss: In Kufstein wurde es einem Täter im Januar 2019 ganz leicht gemacht, ein Fahrschulfahrzeug zu entwenden. Das Auto stand unverschlossen mit steckendem Zündschlüssel vor der Fahrschule.

Thomas Fritz