EDITORIAL: Wer hat den Schwarzen Peter?

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Mai/2019, Seite 237

Jochen Klima, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V.Liebe Leserinnen und Leser,

kennen Sie das uralte Spiel, bei dem immer derjenige der Dumme ist, der am Ende den Schwarzen Peter hat? Ich befürchte, dass dieser neuerdings den Fahrschulen zugeschoben wurde.

Wie ich darauf komme? Ganz einfach: Im Geschäftsbericht 2018/2019 des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e. V. finden Sie die Quoten der nichtbestandenen praktischen Fahrerlaubnisprüfungen in Baden-Württemberg für das Jahr 2018 (siehe GB S. 10, FPX S. 250). Bei Ersterteilungen sind das 29,6 Prozent. Dagegen fallen 43,7 Prozent der Bewerber, die zur Umschreibung ihrer ausländischen Fahrerlaubnis eine praktische Prüfung ablegen müssen, beim ersten Anlauf durch. Dafür gibt es sicherlich mehrere Ursachen: Neben Sprachschwierigkeiten machen unter anderem auch die Sozialisation in einer anderen Kultur und fehlende Gewöhnung an die in Deutschland herrschende Dichte und Komplexität des Straßenverkehrs vielen Bewerbern Probleme.

Entscheidend war m. E. aber, dass für „Umschreiber“ die Fahrschüler-Ausbildungsordnung bisher nicht galt und diese somit oft ohne vorhergegangene Fahrstunden zur Prüfung antraten. Dagegen müssen Menschen, die im Regelfall mit dem deutschen Straßenverkehr vertraut sind und z. B. für eine Neuerteilung oder für den Stufenaufstieg für Motorradfahrer zur Prüfung antreten, laut § 7 Absatz 2 FahrschAusbO schon immer durch den Fahrlehrer auf ihre Kenntnisse und Fähigkeiten überprüft werden.

Mit der Änderung der FahrschAusbO zum 19. März 2019 hat der Gesetzgeber einen sinnvollen Schritt getan: Ab sofort ist der Fahrlehrer bei Umschreibungen von Führerscheinen aus Drittländern verpflichtet, die Bewerber nicht ohne vorherige Überprüfung der für das Führen eines Kraftfahrzeugs erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten an der Fahrerlaubnisprüfung teilnehmen zu lassen. Wir Fahrlehrer müssen nun auch diese Bewerber testen und ihnen bestehende Defizite ihrer Befähigung verdeutlichen. Das ist beileibe nicht immer ein leichter Job, zumal dafür eine gesetzliche Mindestausbildung nicht vorgeschrieben ist. Liegt damit der Schwarze Peter nun wieder bei den Fahrschulen?

So könnte man es sehen, muss man aber nicht. Eine ordentlich dokumentierte Testfahrt und ein einfühlsames Gespräch können im Zweifel überzeugender sein als ein schwer zu quantifizierendes obligatorisches Ausbildungsminimum. Mit Blick nach vorn ermöglicht es die neue Vorschrift, aufschlussreiche Erfahrungen zu sammeln. Nach einiger Zeit wird man wissen, ob nachgebessert werden muss. Denkbar wäre eine moderate Pflicht namentlich für besondere Ausbildungsfahrten im Sinne von § 5 Absatz 3 FahrschAusbO.

Mit besten Grüßen
Ihr
Jochen Klima

Foto: Jochen Klima, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V.