EDITORIAL: AM15 kommt - auch im Ländle?

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe November/2019, Seite 609

Jochen Klima, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V.Liebe Leserinnen und Leser,

die nicht ganz so gute Nachricht zuerst: In seiner Sitzung vom 24. Oktober 2019 stimmte der Deutsche Bundestag einem Vorschlag des Verkehrsausschusses zu, einen Teil des Fahrerlaubnisrechts künftig auf die Hoheit der Bundesländer zu übertragen. Somit darf jedes Bundesland darüber entscheiden, ob in seinem Staatsgebiet das Mindestalter für den Erwerb der Klasse AM 15 oder 16 Jahre beträgt. Ein einmaliger Vorgang, der den in sieben Jahrzehnten sorgsam bewahrten bundeseinheitlichen Vollzug des Fahrerlaubnisrechts in für die Bürger unverständlicher Weise aushöhlt. Keine Mehrheit im Bundestag fanden die Anträge der FDP und der Grünen. Die FDP hatte sich erneut für die sofortige bundesweite Einführung von AM15 eingesetzt, die Grünen wollten AM15 rundweg ablehnen.

Die grün-schwarze Landesregierung von Baden-Württemberg mit ihrem grünen Verkehrsminister Winfried Herrmann will AM15 in unserem Bundesland nicht einführen. Wenn also unser Nachbarland Hessen AM15 einführt, muss ein dort wohnhafter Jugendlicher, der AM15 erwerben durfte, bei der Fahrt zu seiner Ausbildungsstelle in Baden-Württemberg das Moped an der Landesgrenze stehen lassen. Falls nicht, begeht er die mit Strafe bedrohte Handlung Fahren ohne Fahrerlaubnis. Kleinstaatlicher geht es nicht mehr. Die Jugendlichen im ländlichen Raum Baden-Württembergs, wo der ÖPNV noch lange nicht so gut ausgebaut ist, wie es uns grüne Politiker immer wieder weiszumachen versuchen, sind in ihrer individuellen Mobilität benachteiligt, sind wieder einmal die Dummen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
um diesen ideologischen Unfug zu verhindern, wird Ihr Verband in nächster Zeit massiv auf die Presse und auf die angestammten Fraktionen des baden-württembergischen Landtags zugehen. Dafür benötigen wir aber auch Ihre persönliche Unterstützung. Bitte sprechen Sie in Ihrer Region mit Bundes- und Landtagsabgeordneten, mit Vertretern der Parteien und Kommunalpolitikern und machen Sie die Nachteile für Jugendliche im ländlichen Raum deutlich. Es ist nicht hinnehmbar, dass – wie damals bei der Einführung von BF17 im Jahr 2008 – das Autoland Baden-Württemberg bei der Einführung von AM15 erneut die rote Laterne übernimmt und die Jugendlichen im Land schon wieder das Nachsehen haben.

In diesem Sinne grüße ich Sie sehr herzlich
Ihr
Jochen Klima

 

Foto: Jochen Klima, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V.