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609 EDITORIAL: AM 15 kommt - auch im Ländle?
614 UPDATE: Fahrschulen müssen umsteuern / Wie sicher ist mein Arbeitsplatz?
616 In Kraft ab 1. Januar 2020: Änderungen des Fahrlehrerrechts
644 Für kostengerechte Preisbildung: Kalkulationsprogramm neu aufgelegt
646 Steiermark mit dem Motorrad: SlowenienTotal 2019
654 Danke für SlowenienTotal 2019
657 Emilia-RomagnaTotal 2020: Auf nach Italien!
658 Der mühsame Weg zum autonomen Fahren - Blick in die Zukunft: Auto ohne Fahrer
662 Bin ich als BKrF-Ausbilder fit? Dazu 5 Fragen und 5 Antworten
666 Gerichtsurteile: (2457) Geschwindigkeitsverstoß landet vor Verfassungsgericht / (2458) Das Oberlandesgericht Oldenburg sieht das anders
670 Mit Privat-Pkw zur Fahrlehrerversicherung: 10 Prozent Rabatt bei Online-Abschluss
Steiermark mit dem Motorrad: SlowenienTotal 2019
© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe November/2019, Seite 646
Slowenien ist für viele Motorradfahrer ein noch unentdecktes Land. Als ehemalige sozialistische Republik wurde es im Jahr 2004 Teil der Europäischen Union, doch die politische Vergangenheit scheint im Alltag hier und da noch durch.
Slowenien lockt die Biker mit zahlreichen Strecken der Extraklasse und unendlich vielen Sehenswürdigkeiten. Wir tauchten in eine Welt ein mit vielen Schattierungen und erlebten faszinierende Gegensätze in diesem aufstrebenden Land. Die wildromantische Steiermark auf dem Motorrad zu erkunden, ist ein Mix aus täglichem Kurvenzauber, traditionell guter alpiner Küche und einer wunderbaren Gastfreundschaft.
Seminarauftakt am Kreuzbergpass
Das fast 1.650 Meter über dem Meeresspiegel thronende Passhotel an der alten Römerstraße war zu Beginn der Seminarwoche einmal mehr offizieller Sammel- und Startpunkt der Teilnehmer.
Das Hotel Kreuzbergpass in Sexten war Treffpunkt aller Teilnehmer und gleichzeitig Start von MotorradTotal 2019; Foto: Jochen Klima
Der Weg der Anreise war den Teilnehmern überlassen. Man darf annehmen, unseren Bikern ist nichts vom Charme der Dolomiten, speziell des Hochpustertals, entgangen. Alle Teilnehmer haben trotz starken Wochenendverkehrs den Kreuzbergpass beizeiten erreicht, so konnte die Freude über das Wiedersehen mit alten Bekannten ausgiebig gefeiert werden. Daneben gab es viele neue Gesichter – ein gutes Zeichen: MotorradTotal ist heute so attraktiv wie vor 36 Jahren, als mit dem legendären Aufbruch nach Mallorca alles begann. Die neu hinzugekommenen Kolleginnen und Kollegen wurden mit großer Herzlichkeit aufgenommen. Am Abend gab es zur Begrüßung einen fröhlichen Empfang im Kaminzimmer des Hotels. Verbandsvorsitzender Jochen Klima und Motorradreferent Marcus Pollermann führten kurz in die Seminarwoche ein und stellten die Instruktoren und Unterrichtenden vor.
Hotel Habakuk
Nach einer erholsamen Nacht im sehr gut geführten Hotel Kreuzbergpass und einem ausgiebigen Frühstück beflügelte an diesem Sonntagmorgen ein traumhaftes Hoch in den Alpen die Motorradlust.
Erster Fahrtag, Realverkehr I
Wir fuhren vom Kreuzbergpass zurück nach Sexten durch das Tiroler Gailtal, entlang der Karnischen Dolomitenstraße, kurz über die Autobahn vorbei an Villach am schönen Wörthersee und über Dravograd in der Untersteiermark entlang der Drau zu unserem Standquartier in Maribor (Marburg). Unser Hotel befindet sich in wunderschöner Natur am Waldrand von Pohorje, direkt neben der Talstation der ins Pohorje-Gebirge führenden Bergbahn. Die ganze Seminarwoche über verzauberte uns das Hotelpersonal im Habakuk mit ihrer bodenständigen gastfreundlichen Lebensart und verwöhnte uns mit exzellenter slowenischer Kost. Unvergesslich dabei: der wiederum vom Verlag Heinrich Vogel, München, gesponserte „Slowenische Abend” am Donnerstag. Bei kulinarischen Genüssen und edlen Weinen aus heimischen Reben unterhielt uns „Alesch“ mit folkloristischen Musikeinlagen. Ein herzliches Dankeschön an den Vogel-Verlag für die seit vielen Jahren bestehende Partnerschaft.
3 Tage Fortbildungstouren Steiermark
Im grünen Herzen von Österreich und Slowenien verbirgt sich ein kleines und noch unentdecktes Paradies für Motorradfahrer – die Steiermark. Hier gibt es zwar keine Pässe mit unzähligen Kehren und Höhenmetern zu bezwingen, doch diese Region bietet eine Vielzahl eindrucksvoller Tal- und Hügellandschaften, gespickt mit schmalen kurvenreichen Nebenstrecken.
Realverkehr II
Montagfrüh ging es von Maribor vorbei an Graz und via Autobahn zurück nach Österreich. Anders als im benachbarten Bundesland Kärnten erwartete uns hier ein ständiges Auf und Ab in einer Landschaft von Almen, Wäldern, Klammen und Schluchten. Das Almenland ist der jüngste Naturpark der Steiermark und das größte zusammenhängende Almengebiet Europas mit Höhen bis 1.500 m. Während unserer Tour auf weitläufigen Kurvenstrecken mit phantastischen Aussichten gab es nur wenig Verkehr. Der Höhepunkt des Tages war die Passlandschaft entlang der Fischbacher Alpen mit ihren unzähligen Kurven. Kleine Nebenstrecken durch die Weinlandschaft der Südoststeiermark brachten uns zurück nach Maribor.
Das steirische Weinland; Foto: Jochen Klima
Realverkehr III
Der Realverkehr am Mittwoch fand ausschließlich auf Strecken in der slowenischen Umgebung von Maribor statt. Über Nacht vertrieb ein rasch wanderndes Regengebiet die Wärme des Vortages. 20 Grad ade, ab jetzt pendelte sich das Thermometer bei kaum 8 Grad ein. Meist kleine Vizinalstraßen, am Morgen noch nass, führten uns durch eine reizvolle Hügellandschaft rund um das Pohorje-Gebirge. Bis zur Pause in Rogla begleitete uns unangenehmer Nieselregen. Inzwischen war es deutlich wärmer geworden; sanft umspülte uns ein lauer, nach Erde und Gras duftender Wind. Am Morgen herrschte auf dem Vorplatz des Hotels noch leichtes Zittern – Temperaturwunder darf man Ende September in Slowenien eben nicht erwarten.
Fortbildung auf Schotter
Nach dem Pausenstopp in Rogla begann eine „Geländefahrt“ nach Mislinja. Niemand wusste, ob die Straße überhaupt befahrbar ist. Doch es ging. Die Piste schlängelt sich – bisweilen kaum zwei Meter breit – durch ursprüngliches Land, tänzelt achterbahngleich über scharfe Hügelgrate, durchquert mangels Brücken ein Dutzend Täler, dann tiefe Furchen mit mächtig viel Staub. Kurzum: eine Traumstrecke für Endurofans und definitiv nichts für Angsthasen. Einigen schoss das Adrenalin beim schnellen Fahren durch die Adern. Bei Marcus Pollermanns neuer Toureneinlage kam es auf Geschwindigkeit gar nicht an – im Gegenteil. Nur ein paar kurze Passagen mit Geröll sorgten für erhöhten Adrenalinpegel. Da war er wieder, der leise Hauch von Abenteuer!
Passstraßen
Wer für Steigungsprozente schwärmt, ist am Radlpass in den Lavanttaler Alpen richtig. Auf eine Höhe von 662 Metern ü. A. ging's dort von Radlje ob Dravi in der Untersteiermark hoch nach Eibiswald ins österreichische Bundesland Steiermark. Der Pass verzückte mit schwungvoller Streckenführung durch dichte Wälder. Alles halb so wild, zumindest dann, wenn sich nur die Pleuel abstrampeln dürfen. Zeigen, was sie draufhaben, konnten diese auch wenig später ab Leutschach entlang der Alten Weinstraße und zurück über Kozjak na Pesnico nach Solowenien. Heimische Schmankerln, köstliche Weine, herzliche Gastfreundschaft und eine atemberaubende Aussicht liegen am Weg dieser Weintouren. Wir widerstanden, rauschten zurück nach Maribor und kamen noch rechtzeitig vor dem Abendessen zum Schwimmen im Mineralbad unseres Hotels.
Realverkehr IV
Der letzte Fortbildungstag hatte die kurvigen Weinstraßen der Steiermark auf dem Plan. Ab Ehrenhausen brachte uns die „Route 69“ (B 69) in langgezogenen Kurven durch das Poßruck-Gebirge (slowenisch Kozjak) Richtung Deutschlandsberg. Bei Arnfeld kam plötzlich Farbe ins Bild: Die sanft geschwungenen Bergkuppen waren mit Weinreben überzogen, die ein herbstliches Farbenspiel in leuchtenden Gelb- und Rottönen boten, dazwischen vereinzelt Obstbäume und Pappeln, die gleich Zypressen aus den Hügelketten ragen. Es würde etwas fehlen, wären da nicht die weit über das Landschaftsbild verstreuten kleinen Höfe der Weinbauern. Nicht umsonst führt dieser Landstrich den Beinamen Steirische Toskana. Links und rechts der Hauptroute zweigen weitere Weinstraßen ab, schmale und schmalste Asphaltbänder, die die weit verstreuten Weingüter auf filigrane Weise vernetzen. Wer die Wahl hat, hat die Qual. Bei einem Halt gleich neben der Straße, wo einem die unvergorenen Trauben quasi in den Mund wachsen, warf ich einen Blick auf die Karte. Um vollends zu verzweifeln: Südsteirische Weinstraße, Sausaler Weinstraße, Klöcher Weinstraße, Schilcher Weinstraße usw. Das Repertoire schien unbegrenzt. Und eine Straße wirkte verlockender als die andere. Da half nur eins: die Karte wieder wegpacken und sich von der zufälligen Routenauswahl des Navis treiben lassen.
Steiermark mit dem Motorrad - SlowenienTotal 2019; Foto: Jochen Klima
MotorradTotal goes digital
In den vergangenen Jahren waren es die Teilnehmer gewohnt, ein ausgefeiltes Roadbook mit Kartenübersicht zu erhalten. Heuer gibt’s die Touren erstmals auf dem Navigationsgerät. Für die Planung einer Motorradtour kommt heute fast ausschließlich der PC zum Einsatz. Dabei gibt es einiges zu beachten und die richtigen Werkzeuge dafür auszuwählen. Unterschiedliche Planungssoftware (z. B. Google Earth, Garmin BaseCamp, Tyre, Motoplaner.de) und unterschiedliche Dateiformate (gpx.-Format, gdb.-Format, kml.-Format, itn.-Format) gilt es auf das jeweilige Navigationsgerät (Tom-Tom, Garmin etc.) abzustimmen.
Route oder Track?
Der Unterschied zwischen einer Route und einem Track ist schnell erklärt. Ein Track ist eine genaue Spuraufzeichnung, die als GPS-Koordinaten vorhanden ist; das Navigationsgerät könnte diesem Track auch ohne Straßen folgen. Soweit man sich nicht abseits befestigter Straßen bewegt, benutzt man in der Motorradnavigation aber in erster Linie Routen. Eine Route besteht aus mehreren Wegpunkten, der genaue Weg dazwischen wird vom Navi neu berechnet und kann je nach Gerät und Modus (kürzeste Route, kurvige Strecke, schnellste Route etc.) unterschiedlich ausfallen. Das war wohl auch der Grund, warum alle Instruktoren mit ihren Gruppen eine etwas andere Tour fuhren.
Navi defekt – Hilfe, ich bin verloren
Für meine Navigationssoftware schien die Nutzung von Straßen und befahrbaren Wegen höchste Priorität zu haben. Das führte dazu, dass wir, kaum im Rebenland angekommen, zurück ins Niemandsland geführt wurden. Diesem Gerät schien es Freude zu bereiten, uns durch kleine Seitenstraßen zu führen, deren Namen mir gänzlich unbekannt waren. War es einem der Programmierer gelungen, die mir unbekannten Stellen und Orte in der Steiermark herauszufiltern, um mich aus Schabernack dahin zu führen? Dieser Eindruck verfestigte sich noch, als das Navi versuchte, uns über eine gesperrte Straße zu leiten. Wir suchten nach einer Alternative. Den Weg zurück hielten wir nur für bedingt akzeptabel. Aber rechts führte ein Weg an einem Feld entlang, und es sah nicht so aus, als würde er in einer Sackgasse enden. Beim Befahren des Weges erzählte mir mein Navi, ich hätte jetzt die Route verlassen. Aber was sollte das Gejammer, wir waren im Niemandsland. Und als vor uns eine Straße sichtbar wurde und das Navi meldete, dass ich mich wieder auf der Route befinde, schien die Sonne wieder ein bisschen heller zu strahlen …
Später im Hotel wollte ich die Einstellungen noch einmal überprüfen: Hatte ich aus Versehen bei den Einstellungen „erschwerte Bedingungen“ vorgegeben?
Maribor – größte Stadt im Osten Sloweniens
Den fahrtechnisch krönenden Abschluss am Freitag bildete wiederum der Radlpass, der mit ansehnlichen Spitzkehren aus der Schlucht hinunter zur Drau führt. Die Nationalstraße 3, das slowenische Gegenstück zur steirischen B 69, verleitete, es einmal laufen zu lassen. Die Strecke führte uns in langgezogenen Kurven zurück zum Hotel. Es war phantastisch. Die Stille der Wein- und Bergstrecke wurde schließlich von der quirligen Betriebsamkeit einer Stadt abgelöst – Maribor. Nicht nur der auf der Karte verzeichnete Doppelname Maribor/Marburg zeugt von der einstigen Präsenz der Habsburger Doppelmonarchie, sondern auch die prunkvollen Gebäude aus den k.u.k.-Zeiten Österreichs, deren pastellfarbene Fassaden wie mit Zuckerguss überzogen erscheinen. In den Pflastersteingassen der Altstadt reiht sich Straßencafé an Straßencafé. Flanieren war am Donnerstag, dem freien Tag, angesagt: kurzärmelig, die Sonnenbrille auf der Nase, von einem Café zum nächsten. Vielleicht war so luftig-locker ja das letzte Mal in diesem Jahr.
Der Theorieblock
Erste Hilfe. Stefan Rieger vom DRK, unser erfahrener Notfallsanitäter, war wieder mit von der Partie und begleitete mit seinem Motorrad abwechselnd die verschiedenen Gruppen im Realverkehr. Seine immer mal wieder in den Pausen präsentierten Ausführungen zu fallgerechter Soforthilfe stießen bei den Zuhörern auf großes Interesse.
Dienstag war Theorietag
Dieser Teil entsprach, wie auch die praktischen Teile des Seminars, den Vorgaben des § 53 Absatz 1 FahrlG. Im theoretischen Teil kam auch das Recht ausgiebig zu Wort. Verbandschef Jochen Klima schlug einen weiten Bogen: Von der Elektrokleinstfahrzeugeverordnung vom 15.06.2019 und der Ausweitung des Handy- und Funkverbotes, den neuen Regeln für Ausbildungsfahrlehrer und Ausbildungsfahrschulen, dem neuen Ausbildungsnachweis bis hin zu Änderungen im Fahrerlaubnisrecht blieb keines der für Fahrlehrer aktuell bedeutsamen Rechtsthemen unberührt. Dabei gab es auch interessante Diskussionen. So über den Vorschlag des BMVI, Inhabern der Klasse B nach mindestens fünfjährigem Besitz derselben und Nachweis einer bestimmten Anzahl von in einer Fahrschule absolvierten Fahrstunden prüfungsfrei das Führen eines Leichtkraftrades zu erlauben (B mit Schlüsselzahl 195).
Fortbildung nach § 53a FahrlG; Foto: Jochen Klima
Da nach dem 30.06.2020 (Ende der Übergangsfrist zu § 23 Absatz 1a StVO) bei der Motorradausbildung Funkgeräte während der Fahrt nicht mehr in der Hand gehalten werden dürfen, wurden am Nachmittag in von den Instruktoren geleiteten Arbeitsgruppen die möglichen technischen Alternativen ausgelotet.
Freitagabend: Na svidenje Seminarwoche
Die ereignisreichen Tage rauschten wie im Flug vorbei. Am Freitagabend trafen sich alle noch mal im Tagungsbereich des Hotels zur Verabschiedung und Manöverkritik. Jochen Klima, Motorradreferent Marcus Pollmann, erstmalig Chef vor Ort, und seine Instruktoren können mit dem Echo mehr als zufrieden sein. Dennoch sicherten sie zu, weiterhin an der Optimierung des Seminars zu arbeiten. Die Seminarleitung bedankte sich ganz herzlich bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, denn die fachliche Qualität eines Seminars bemisst sich nicht zuletzt am Engagement der Teilnehmer. Daran fehlte es in dieser Woche nie.
MotorradTotal - Slowenien 2019; Foto: Jochen Klima
Bis 2020 hat das Team um Marcus Pollermann noch Hausaufgaben bei der Routenplanung per Navigationsgerät zu erledigen, denn wer Qualität bieten will, muss offen sein für Innovation und Fortschritt. In diesem Sinne: Auf ein neues MotorradTotal in bella Italia im September 2020 in der vielverheißenden Emilia-Romagna.
Ralf Nicolai