EDITORIAL: Fragwürdiges Spiel des VdTÜV

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Oktober/2019, Seite 561

Jochen Klima, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V.Liebe Leserinnen und Leser,

im August berichtete der TÜV-Verband in einer Pressemitteilung über eine von ihm in Auftrag gegebene FORSA-Umfrage unter 1.010 Personen ab 16 Jahren. Die VdTÜV-Frage lautete:

„Derzeit wird diskutiert, ob Fahranfänger, die ihren Führerschein auf einem Wagen mit Automatikgetriebe gemacht haben, auch ohne eine weitere Prüfung Fahrzeuge mit manuellem Schaltgetriebe fahren dürfen. Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen in diesem Zusammenhang zu oder nicht zu?"

Eine große Mehrheit der Befragten (79 %) habe sich dafür ausgesprochen, für das Führen von Pkw mit Kupplung und manuellem Schaltgetriebe weiterhin die Führerscheinprüfung auf einem solchen Fahrzeug beizubehalten. Mit wenigen Übungsstunden auf einem leeren Supermarktparkplatz sei es nicht getan.

Was ein Medien-Hype für Verkehrssicherheit werden sollte, enthüllte sich rasch als schierer Lobbyismus zur Sicherung von VdTÜV-Pfründen. Eine Umfrage, die wichtige Fakten unterschlägt, ist schlicht unseriös: Für die Modifikation des entwicklungshemmenden Automatikeintrags nach § 17 Absatz 6 FeV ist nicht planloses Üben auf einem Parkplatz, sondern qualifizierte von einer Fahrschule im Realverkehr geleistete Ausbildung auf einem Schaltfahrzeug vorgesehen. Die demagogisch anmutende Umfrage des VdTÜV schwört ein Wort von Churchill herauf: „Trau keiner Umfrage, die du nicht selbst manipuliert hast.“

Von Mitte 1972 bis einschließlich März 1982 legten in Baden-Württemberg rd. 468.000 Bewerber die Fahrerlaubnisprüfung auf einem Pkw mit Automatikgetriebe ab. Etwa 95 Prozent davon erhielten nach einer mindestens 6-stündigen Schulung auf einem Schaltwagen einen unbeschränkten Führerschein. Beeinträchtigungen der Verkehrssicherheit traten nicht ein. Diese Tatsache lässt die VdTÜV-Umfrage noch schlechter aussehen.

Dem VdTÜV rate ich dringend, bei seinen Mitgliedern für eine angemessene kundenfreundlichere Bewältigung des Prüfaufkommens einzutreten. Das würde seinem Renommee in der Bevölkerung und der Glaubwürdigkeit in politischen Kreisen weit mehr nützen als manipulative Umfragen.

Es grüßt Sie sehr herzlich
Ihr
Jochen Klima

Foto: Jochen Klima, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V.