EDITORIAL: Fahreignungsbewertung nachjustieren

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe September/2019, Seite 505

Jochen Klima, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V.Liebe Leserinnen und Leser,

„Das Punktesystem wirkt“. So titelte die ADAC Motorwelt vom Mai 2019. Doch der Beitrag hielt der vielversprechenden Überschrift nicht in allem Stand. Nach Ansicht von Dr. Markus Schäpe, Leiter der juristischen Zentrale des ADAC, hat sich das neue Punktsystem „im Großen und Ganzen“ bewährt. Fünf Jahre nach Einführung des Fahreignungs-Bewertungssystems empfiehlt Schäpe die Fahreignungsseminare als „gut und wirkungsvoll“, weil sie „unsere Straßen sicherer machen“. Zugleich aber bedauert er die schwache Teilnahme an den Seminaren, die gegenüber der bis zum 30. April 2014 geltenden Regelung um rd. 90 Prozent abgenommen habe.

Der ADAC, das ist ein offenes Geheimnis, hat zwischen 2011 und 2014 bei der unter den Bundesverkehrsministern Ramsauer und Dobrindt erfolgten Neugestaltung des Punktsystems ein gewichtiges Wort mitgesprochen. In diesem Entwicklungsgang wurden die Aufbauseminare für auffällige Kraftfahrer (§ 4 Abs. 4 und 5 StVG alt) von den Reformern sträflich unterbewertet. Es ist erfreulich, dass der ADAC nunmehr die Schwächen des Systems erkannt hat und zur Erhöhung des Anreizes für Fahreignungsseminare vorschlägt: „Wir sind für einen höheren Punkterabatt und würden auch Fahrer mit 6 oder 7 Punkten für die Teilnahme mit Punkteabzug belohnen.“

Schon Anfang 2015 habe ich in einem Beitrag für die DFA dargelegt: Die Ermahnung nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 StVG kommt zu spät, und das Tilgungsfenster ist zu knapp geraten. Die späten Erkenntnisse des ADAC muss man aufgreifen und mit einem sorgsam bedachten Vorschlag auf eine Änderung der einschlägigen Bestimmungen des StVG hinarbeiten.

Es grüßt Sie sehr herzlich
Ihr
Jochen Klima

Foto: Jochen Klima, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V.