Ausbildung und Prüfung Klasse BE: Antworten zu häufigen Fragen

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe September/2019, Seite 534

Rund um die Ausbildung und Prüfung der Anhänger-Klasse BE tauchen immer wieder Fragen auf. Dieser Beitrag soll zur Klärung beitragen.

 

Foto: tournee/Stock.Adobe.com


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Fahrerlaubnisrecht

Klasse B   Hinter einem Zugfahrzeug der Klasse B (zGM max. 3.500 kg) darf unter folgenden Voraussetzungen ein Anhänger mitgeführt werden:

  • zGM des Anhängers nicht größer als 750 kg,
  • ist die zGM des Anhängers größer als 750 kg, darf die zGM der Kombination nicht mehr als 3.500 kg betragen.

Klasse B mit der Schlüsselzahl 96 (B 96)   berechtigt zum Führen einer Kombination aus einem Zugfahrzeug der Klasse B (zGM max. 3.500 kg) und einem Anhänger, deren zGM 4.250 kg nicht übersteigt.

Klasse BE   Anhänger mit einer zGM von bis zu 3.500 kg sind erlaubt.

  • Für Anhänger mit einer zGM von mehr als 3.500 kg ist die Klasse C1E erforderlich. 
  • Wurde jedoch die Fahrerlaubnis der Klasse BE vor dem 19.03.2013 erteilt, dürfen Anhänger mit einer zGM über 3.500 kg mitgeführt werden. Dieser Besitzstand wird bei Neuausstellung eines Führerscheins (Umtausch, Erweiterung o. Ä.) mit der Schlüsselzahl 79.06 dokumentiert.

Ausbildungs- und Prüfungsfahrzeuge Klasse BE

Zugfahrzeug   Für Ausbildungs- und Prüfungsfahrten der Klasse BE muss als Zugfahrzeug ein als Prüfungsfahrzeug der Klasse B zugelassener, gemäß den Vorgaben der Anlage 7 FeV ausgerüsteter Pkw mit Doppelbedienung verwendet werden.

  • Dabei darf auch ein Automatikfahrzeug eingesetzt werden. Gemäß § 17 Absatz 6 FeV wird keine Automatikbeschränkung (Schlüsselzahl 78) eingetragen, wenn der Bewerber die Prüfung für den Erwerb der Klasse B auf einem Schaltfahrzeug abgelegt hat. 
  • Gemäß § 5 Absatz 2 DV-FahrlG muss der Fahrlehrer in der Lage sein, alle wesentlichen Verkehrsvorgänge hinter dem Fahrzeug über Spiegel zu beobachten. Daraus ergibt sich in vielen Fällen das Erfordernis beidseitiger zusätzlicher Außenspiegel für den Fahrlehrer.

Anhänger/Kombination BE   Gemäß Anlage 7 FeV (2.2.5) gelten folgende Vorgaben:

Fahrzeugkombinationen, bestehend aus einem Prüfungsfahrzeug der Klasse B und einem Anhänger gemäß § 30a Absatz 2 Satz 1 StVZO mit mehr als 4.250 kg, die als Kombination nicht der Klasse B zuzurechnen sind,

a) Länge der Fahrzeugkombination mindestens 7,5 m,
b) zulässige Gesamtmasse des Anhängers mindestens 1.300 kg, 
c) tatsächliche Gesamtmasse des Anhängers mindestens 800 kg,
d) Aufbau des Anhängers kastenförmig oder vergleichbar, Breite und Höhe mindestens wie das Zugfahrzeug, und
e) Sicht nach hinten nur über die Außenspiegel.

Erläuterungen zu Anhängern gemäß § 30a Absatz 2 Satz 1 StVZO

Diese Bestimmung bedeutet, dass Anhänger „für eine Geschwindigkeit von 100 km/h gebaut und ausgerüstet sein müssen“. Dies gilt seit dem 1. Januar 1990 für alle erstmals zum Verkehr zugelassenen Anhänger. Das heißt aber nicht, dass die zur Ausbildung und/oder Prüfung verwendete Kombination gemäß der 9. Ausnahmeverordnung zur StVO auch für eine Geschwindigkeit von 100 km/h auf Autobahnen und Kraftfahrstraßen freigegeben sein muss. Selbstverständlich ist es zulässig, eine „100-km/h-Kombination“ in der Fahrausbildung und in der Prüfung zu verwenden.

Tatsächliche Gesamtmasse des Anhängers mindestens 800 kg

Ein betriebsbereiter Fahrschul-Anhänger muss mindestens 800 kg auf die Waage bringen. Ausreichend ist es, wenn der Anhänger von vornherein über eine entsprechende Leermasse verfügt. Bei leichteren Anhängern muss die Mindestmasse von 800 kg mittels – selbstverständlich korrekt gesicherter – Ladung erreicht werden. Da je nach Art der Beladung (z. B. Sand) bei unterschiedlicher Witterung Schwankungen auftreten können, gilt dabei in Baden-Württemberg eine Toleranz von 50 kg nach unten.

Prüfer darf nachwiegen lassen
Bei Zweifeln am Gewicht des Anhängers darf der aaSoP eine Kontrollwägung verlangen. Wiegt der Anhänger dabei nicht mindestens 750 kg, findet die Prüfung nicht statt; die Prüfungsgebühr verfällt, und die Fahrschule muss die Kontrollwägung bezahlen. Liegt laut Waage keine Beanstandung vor, gehen die Kosten zu Lasten des TÜV.

Kostenlose Wägung beim TÜV SÜD
Um in dieser Frage bereits im Vorfeld Ärger zu vermeiden, bietet der TÜV SÜD den Verbandsfahrschulen in Baden-Württemberg an, ihren Anhänger (nach Voranmeldung) kostenlos wiegen zu lassen. Siehe dazu auch FPX 2017/04, Seite 246/247.

Aufbau des Anhängers kastenförmig oder vergleichbar, Breite und Höhe mindestens wie das Zugfahrzeug

Dazu wurden im Jahr 2016 gemeinsam von der BVF und der TÜV | DEKRA arge tp 21 „Anwenderhinweise zu den Anforderungen an Prüfungsfahrzeuge“ herausgegeben und an die Verbandsfahrschulen verschickt. Verbandsmitglieder können sich diese jederzeit direkt aus dem internen Internetforum des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V. herunterladen. Eine weitere Downloadmöglichkeit gibt es auf der Seite www.fahrerlaubnis.tuev-dekra.de.

Abnehmbare Anhängerkupplung

Immer wieder wird behauptet, eine abnehmbare Anhängerkupplung müsse zwingend bei Fahrten ohne Anhänger abgenommen werden. Dafür gibt es jedoch keine Rechtsgrundlage. Es gibt lediglich einen denkbaren Fall: Gemäß § 10 Absatz 2 Satz 1 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) darf das amtliche Kennzeichen eines Fahrzeugs nicht verdeckt sein. Wäre dies aber aufgrund der abnehmbaren Anhängerkupplung der Fall, müsste sie abgenommen werden.

Verbinden und Trennen bei der Fahrerlaubnisprüfung

Richtige Reihenfolge   In der Prüfungsrichtlinie (2.2.1.2) sind die einzelnen Schritte für das An- und Abkuppeln des Anhängers präzise aufgelistet. Für das Ankuppeln heißt es dabei beispielsweise:

2.2.1.2.1 Anhänger ankuppeln
Innerhalb der Ziffer 4 ist die Reihenfolge der Ausführung beliebig

1) Zugfahrzeug heranfahren
2) Feststellbremse am Anhänger lösen
3) Anhänger ankuppeln
4) - Abreißseil einhängen
    - Sicherung der Kupplung prüfen 
    - Stützrad einfahren und sichern
    - Unterlegkeile verstauen
    - Elektroanschluss herstellen
5) Funktion der Beleuchtungseinrichtungen des Anhängers prüfen

Erläuterungen

Heranfahren oder Heranziehen des Zugfahrzeugs?

  1. Der Fahrer fährt mit Unterstützung des Einweisers den Kugelkopf direkt unter die Kugelpfanne
  2. Der Fahrer hält im Abstand von 10 bis 20 cm zur Deichsel des Anhängers an und zieht dann den Anhänger an den Pkw heran.

Beide Varianten sind auch in der Fahrerlaubnisprüfung zulässig. Für Variante 1 sollte der Fahrer das zentimetergenaue Fahren sicher beherrschen. Nur dann ist das Risiko, die Rückseite des Zugfahrzeugs durch die Deichsel des Anhängers zu beschädigen, gering.
Die Befürworter von Variante 2 wollen dieses Risiko möglichst ausschalten. Doch auch beim Heranziehen des Anhängers kann die Rückseite des Pkw beschädigt werden. Das kann besonders bei unebener oder abschüssiger Fahrbahn passieren.

Unfallverhütungsvorschriften der BG?

Gegen Variante 2 wird oft der Einwand erhoben, sie stehe im Widerspruch zu den Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaft. Das trifft jedoch nicht zu, da sich diese nicht auf die – üblicherweise bei der Klasse BE-Ausbildung verwendeten – einachsigen Anhänger beziehen. Unabhängig davon sollte der Einweiser aus Eigeninteresse nicht zwischen den Fahrzeugen stehen und besonders nicht zwischen Kugelkopf und Anhängerdeichsel. Wer befürchtet, dass der Fahrschüler von der Kupplung abrutschen und damit den Pkw beschädigen könnte, sollte seinem eigenen Schutz mindestens einen ebenso hohen Stellenwert einräumen wie für den des Pkw.

Darf der Fahrlehrer schieben helfen?

Bei der oben beschriebenen Variante 2 ist es ausdrücklich zulässig, dass der Bewerber den Pkw „nur“ auf einen Abstand von etwa 20 Zentimetern an den Anhänger heranfährt. Dann darf er aussteigen und den Anhänger an den Pkw heranziehen. Die Frage, ob der Fahrlehrer „Schiebehilfe“ leisten darf, wurde bereits im Jahr 2017 von der TP-Leitung des TÜV SÜD wie folgt beantwortet:

„(…) Ist es dem Bewerber/der Bewerberin trotz eigener intensiver Bemühungen nicht möglich, den Anhänger mit dem Fahrzeug selbstständig zu verbinden, kann der aaSoP bei Bedarf im Einzelfall dem Fahrlehrer die Freigabe erteilen, beim Schieben des Anhängers zu unterstützen. Der Fahrlehrer/die Fahrlehrerin darf jedoch nur nach Freigabe durch den aaSoP unterstützen, ansonsten ist dies als ein unerlaubter Eingriff in die Prüfung zu werten.“

Fahrlehrer sollten also niemals ungebeten beim Schieben helfen. Vielmehr müssen die Bewerber/-innen darauf hingewiesen werden, immer den „Dienstweg“ einzuhalten und sich erst die Zustimmung beim Prüfer zu holen.

Einhängen des Abreißseils

Anhänger mit einer Auflaufbremse und einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 750 kg müssen mit einem Abreißseil gesichert sein. Das Drahtseil soll bei einem Abreißen des Anhängers dessen Bremse auslösen. Dabei ist es aus Unfallverhütungsgründen sehr sinnvoll, das Abreißseil nicht mit einer Schlinge über die Anhängerkupplung zu legen, sondern den Karabinerhaken an der dafür vorgesehenen Öse am Fahrzeug oder an der Anhängerkupplung einzuhängen. In Deutschland gibt es allerdings bislang keine Vorschrift, wo das Seil tatsächlich befestigt werden muss. Deshalb bietet ein mittels Schlinge über die Anhängerkupplung gelegtes Abreißseil auch keinerlei Raum für Beanstandungen bei der Fahrerlaubnisprüfung. Fahrlehrer sollten allerdings ihre Kunden darauf hinweisen, sich vor Fahrten ins Ausland über die dort geltenden Vorschriften zu erkundigen, da diese Variante z. B. in der Schweiz, in Österreich und den Niederlanden unzulässig und deshalb mit empfindlichem Bußgeld bedroht ist.

Jochen Klima