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189 EDITORIAL: Corona
194 UPDATE: 6,6 Prozent weniger Verkehrstote im Jahr 2019 / Automatik-Sachen
197 Eindämmung der Infizierung: Verband und FSG/TTVA mbH sagen Termine ab
198 Corona-Krise: Shut-Down in Baden-Württemberg
212 Bußgeldkatalog für Ordnungswidrigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz im Zusammenhang mit der CoronaVO
219 Umschreibung ausländischer Fahrerlaubnisse: Theorieprüfung: Vortest durch Fahrschule nicht zwingend
222 Auslaufende Übergangsregelungen: Wichtige Fristen beachten
228 Covid-19 und BKF 2020: Zurzeit gibt es mehr Fragen als Antworten
238 Neue Steuerungseinheit des TÜV SÜD: Die Serviceline Fahrerlaubnis
244 Gerichtsurteile: (2468) Ist Handy ans Ohr halten eine verbotswidrige Nutzung? / (2469) Alleinhaftung des Rechtsabbiegers wegen Rotlichtverstoßes / (2470) Nutzung einer Navi-Fernbedienung während der Fahrt
Covid-19 und BKF 2020: Zurzeit gibt es mehr Fragen als Antworten
© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe April/2020, Seite 228
Auch mein Beitrag kommt an der Corona-Krise nicht vorbei. Bald stündlich ereilen uns dazu neue Meldungen, namentlich auch zu politischen Entscheidungen. Es handelt sich um eine noch nie dagewesene Situation, die viele Fragen aufwirft. Wir alle müssen uns den damit einhergehenden Herausforderungen stellen. Die Corona-Epidemie wirkt sich auch auf die berufliche Weiterbildung und auf Straßenkontrollen aus. Wie geht es weiter, wie gefährlich ist der Virus wirklich, wie verhalten wir uns richtig? Den BKF-Themen Fitness, Gesundheit und Ernährung müssen wir in dieser Krisenzeit gesteigerte Aufmerksamkeit widmen.
Das große Storno
In der Bus- und Transportbranche sind erste Auswirkungen der Krise deutlich spürbar. Die Reisesaison 2020 hat für viele Busunternehmen katastrophal begonnen. Nicht nur, weil das Reiseziel Italien komplett weggebrochen ist, sondern auch, weil gebuchte Fahrgäste verunsichert sind und für später im Jahr geplante Fahrten stornieren. Hinzu kommt, dass insbesondere im Mietomnibusbereich Neubuchungen, auch zu anderen beliebten Zielen, ausbleiben. Busunternehmen beklagen massive Verluste, müssen reihenweise Fahrten absagen und somit die Busse stehen lassen. Einzelne Unternehmen meldeten schon Fahrzeuge ab und schickten Fahrer in den Zwangsurlaub oder beantragten Kurzarbeit. Manche Unternehmen gerieten so in Schieflage, dass sie ein zeitnahes Aus ankündigten und Insolvenz anmelden müssen. In einem Busunternehmen aus NRW wurden so viele anstehende Reisen storniert, dass Busse stillgelegt und der Betrieb nahezu eingestellt ist. Die beschäftigten Fahrer wurden vorübergehend dem örtlichen ÖPNV-Unternehmen zur Verfügung gestellt, das diesen unerwarteten „Fahrernachwuchs“ sehr gern aufnahm. Allerdings gibt es auch dort Einbußen, weil der Schülerverkehr infolge flächendeckender Schulschließungen ebenfalls entfällt. Der gesamte ÖPNV wird vermutlich wegen fehlender Fahrgäste auf eine Art Ferienfahrplan umgestellt.
Neue Modi
Die wenigen noch laufenden Fahrten sind anders geworden, weil neue Verhaltensweisen angesagt sind. So verlangte ein Auftraggeber von einem Busunternehmen, das zulässige Transferfahrten durchführt, der Fahrer müsse während der Fahrt einen Mundschutz tragen, der Bus müsse jeden Morgen nachweislich professionell gereinigt und desinfiziert sein und an jedem Zustieg des Busses müssten Desinfektionsmittel in Spenderform vorhanden sein.
Einzelne Linienverkehrsunternehmen haben inzwischen die vordere Tür für Fahrgäste gesperrt und den Fahrerbereich mit Sperrband abgetrennt. Manche Busfahrer sehen es für sich selbst als potentielle Gefahr Personen zu befördern und mit vielen Menschen auf engem Raum zusammen sein zu müssen. So hat ein geplanter Ablösefahrer eines aus Italien zurückkehrenden Reisebusses sich geweigert, das Fahrzeug zu übernehmen. Trotz ausgeschöpfter Lenkzeit blieb dem Hauptfahrer nichts anderes übrig, als zum Wohle der Fahrgäste weiterzufahren, um das Fahrtziel zu erreichen. Die rechtliche Frage stellt sich jetzt, ob dies ein unerwarteter Fall der höheren Gewalt war und Artikel 12 der VO (EG) 561/2006 in Anspruch genommen werden kann. Es bleibt spannend, wie sich die Situation weiterentwickeln und welche interessanten Geschichten das Leben auf diesem Sektor in nächster Zeit schreiben wird.
Außer Kontrolle?
Auch die Kontrollbehörden gehen mit einem gewissen Respekt vor Corona zur Sache. So wurde auf vielen Dienststellen persönlicher Mundschutz und zusätzliches Desinfektionsmittel ausgegeben, zugleich wurden geplante Kontrollen im Schwerverkehr auf ein Minimum des bisherigen Maßes gesenkt. Die Ansteckungsgefahr ist groß und soll so nicht unnötig gefördert werden.
Doch es gibt, wie so oft, einige Unternehmen im Transportbereich, die diese Ausnahmesituation gnadenlos ausnutzen: Die im Zeichen der Krise sicher richtige Aussetzung des Sonntagsfahrverbots für Lastkraftwagen bringt vereinzelt Fahrzeugkombinationen auf die Straße, die nicht zur Lebensmittel- oder allgemeinen Produktversorgung der Bevölkerung eingesetzt werden. So sieht man sonntags auf der Autobahn Tieflader mit Baumaschinen und Stahlträgern auf überbreiten Aufliegern; ebenso eine Vielzahl von Zügen mit Planen, hinter deren „Vorhänge“ das Geheimnis der Ladung mitfährt. Manche Fahrer berichten, dass sie bei diesem Spiel mitmachen müssen. Wochenruhezeiten werden eingeschränkt und die Anzahl der Fahrtage verlängert, denn kontrolliert, so die Meinung, werden sie zurzeit sowieso nicht.
Als ich jüngst privat unterwegs war, sprach ich einen Fahrer an, der auf seinem Lastzug statt drei insgesamt fünf Traktoren geladen hatte. Nachdem er sich sicher schien, nicht in ein polizeiliches Verhör zu geraten, plauderte er ganz offen mit mir von Bürger zu Bürger: Er habe vom Chef die Anweisung bekommen, möglichst nur nachts zu fahren und Parkplätze für die Ruhezeit außerhalb der Autobahnen in abgelegenen Industriegebieten zu suchen, damit die Kontrollgefahr eingedämmt sei. Eine Genehmigung für diese Gewinnoptimierung und entstandene unzulässige Überbreite gibt es sowieso nicht, und so können Transportfahrzeuge und zusätzliche Kosten eingespart werden. Ein klassischer Fall nach § 29a OWIG: Danach können Erträge aus unzulässigen Handlungen eingezogen werden. Ob davon im Einzelfall nur der erreichte Mehrgewinn oder gar der gesamte Umsatz erfasst wird, ist von der Vorgehensweise des Ermittlers, der durchführenden Behörde und den näheren Umständen der Tat abhängig. Einziehung ist schon seit Jahren das wirksamste Mittel gegen Profitgier durch Überladung, gegen Fahren ohne erforderliche Genehmigung oder sonstige unerlaubte Handlungen zur Gewinnoptimierung.
Hier ist die Ladungssicherung nicht fachgerecht. Die Kontrollbeamten mussten eine Weiterfahrt untersagen. Foto: Thomas Fritz
Stillstand?
Auch bei der Entwicklung der Rechtslage ist im Moment Verzögerung zu beobachten. So wurde die für Februar 2020 angekündigte finale Sitzungsrunde zum EU-Mobility-Package zunächst auf Ende Juni verschoben und weitere Schritte vertagt. Nach bislang dreieinhalb Jahren Laufzeit werden die geplanten europäischen Änderungen zu den Genehmigungsvorschriften, sozialen Bedingungen und Lohnverhältnissen des Fahrpersonals und zu den Sozialvorschriften wohl weiter auf sich warten lassen. Auch bei der Novellierung der nationalen Regelungen ist eine Verzögerung zu erkennen. Nicht nur die kurz vor dem Ziel stehende Neufassung der StVO ist noch nicht veröffentlicht, sondern auch weitere geplante Änderungen hängen fest. Besprechungsrunden, Tagungen und die Sitzungen der hierzu notwendigen Arbeitsgruppen sind krisenbedingt vorübergehend storniert. Ohne eine Abschlussrunde der Verantwortlichen gibt es keine Unterschrift unter das Gesetzeswerk.
Notmaßnahmen erzeugen Unsicherheit
Das soziale Leben hat sich gravierend verändert, was sicher auch schon bei Fahrschulen und Weiterbildungseinrichtungen spürbar ist. Hierzu wird von Begebenheiten berichtet, die die momentane Situation erschreckend widerspiegeln. Bei der Buchung einer Weiterbildung verlangte ein Kunde eine schriftliche Bestätigung, dass an diesem Tag außer ihm kein Teilnehmer zugegen ist, der aus einem „Krisengebiet“ kommt oder mit einer Risikogruppe Kontakt gehabt hat.
In einem anderen Fall fragte ein Fahrer nach, ob ihm die Bescheinigung wegen der anstehenden Führerscheinverlängerung vorab ausgestellt werde und er die fälligen Seminarstunden nach der Corona-Krise im Sommer oder Herbst nachholen könne.
Auch die Aufsichtsbehörden sind verunsichert. Sind Fortbildungsmaßnahmen in Gruppen momentan noch wünschenswert und sinnvoll? Muss man hierfür nicht sogar ein behördliches Verbot aussprechen? Wer trägt dann die Ausfallkosten? Gibt es Wege der Fristverlängerungen bei Führerscheinfragen? Kann der Trainer auch seine derzeit anstehende Trainerweiterbildung zeitlich nach hinten schieben? Fragen über Fragen. Es bleibt spannend, und wir alle können aus der täglichen Entwicklung nur lernen. Auch wenn mancherorts Aktionismus unterstellt oder Sensationsjournalismus erkannt wird, so ist der Corona-Krise jedenfalls mit deutlichem Respekt und sinnvollen Vorsichtsmaßnahmen zu begegnen.
„Shake Hands“ muss nicht sein. Intensives Händewaschen, Abstand vom Nächsten und die grundsätzliche Hygiene sind wichtiger denn je. Menschenansammlungen sollten vermieden und der Besuch von Veranstaltungen immer gut bedacht werden.
Thomas Fritz
Dieser Text wurde am 15.03.2020 verfasst.