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Fahrlehreranwärter in der Ausbildungsfahrschule: Minijob-Verhältnis zulässig?
© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Januar/2020, Seite 18
Bei der Geschäftsstelle des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V. wurde in jüngster Zeit mehrfach angefragt, ob eine Ausbildungsfahrschule einen bei ihr in Ausbildung befindlichen Fahrlehreranwärter in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis (450-Euro-Minijob) beschäftigen dürfe.
Ausbildung oder Praktikum?
Die seit 1999 vorgeschriebene Ausbildung in einer Ausbildungsfahrschule wird gelegentlich als „Praktikum“ bezeichnet. Auch werden Fahrlehreranwärter heute noch manchmal „Fahrlehrer im Praktikum (FliP)“ genannt. Ferner wird immer wieder behauptet, die „Praktikumsvergütung“ eines von der Arbeitsagentur oder einem anderen öffentlichen Träger finanzierten Fahrlehreranwärters dürfe 165 Euro im Monat nicht übersteigen, da dies sonst mit der staatlichen Förderung verrechnet werden müsse.
Rechtsgrundlage Berufsbildungsgesetz (BBiG)
Die Rechtslage sieht jedoch anders aus: Obwohl der Beruf des Fahrlehrers nicht zu den im Sinne von § 4 Absatz 1 BBiG anerkannten Ausbildungsberufen gehört, unterliegt die Ausbildung zum Fahrlehrer eindeutig den Bestimmungen des § 26 BBiG. Dort heißt es:
Soweit nicht ein Arbeitsverhältnis vereinbart ist, gelten für Personen, die eingestellt werden, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben, ohne dass es sich um eine Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes handelt, die §§ 10 bis 23 und 25 (…).
Das bedeutet u. a., dass
- mit dem Anwärter ein Ausbildungsvertrag zu schließen ist (§ 10),
- der Anwärter einen schriftlichen Ausbildungsnachweis führen muss (§ 13),
- der Anwärter Anspruch auf eine angemessene monatliche Vergütung hat (§ 17),
- eine vertragliche Vereinbarung, die zum Nachteil des Anwärters von den Vorschriften des BBiG abweicht, nichtig ist.
Vergütung unterliegt der Sozialversicherungspflicht
Zwingende Konsequenz dieser Vorschriften ist, dass für die Ausbildungsvergütung Sozialversicherungsbeiträge abzuführen sind. Somit ist ein sozialversicherungsfreies geringfügiges Beschäftigungsverhältnis (450-Euro-Minijob) ausgeschlossen. Klar ist damit auch: Der Fahrlehreranwärter hat Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und an Feiertagen, ebenso auf bezahlten Urlaub gemäß den Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes. Da es sich um eine Ausbildung handelt, kommen jedoch die Vorschriften des Mindestlohngesetzes (MiLoG) nicht zum Tragen.
Wann ist die Vergütung angemessen?
Die Ausbildung in der Ausbildungsfahrschule besteht gemäß § 3 FahrlAusbV aus drei Teilen.
- Phase 1: Hospitation
- Phase 2: Unterricht in Anwesenheit des Ausbildungsfahrlehrers
- Phase 3: Unterricht ohne Anwesenheit des Ausbildungsfahrlehrers
Der Anwärter kann erst in der dritten Phase, wenn der Ausbildungsfahrlehrer nicht mehr ständig anwesend sein muss, zum Ertrag der Fahrschule beitragen. Deshalb ist davon auszugehen, dass mindestens ein Viertel bis ein Drittel der üblichen Vergütung eines Berufsanfängers angemessen sein dürfte. Nach unseren Informationen werden in Baden-Württemberg für Fahrlehreranwärter Vergütungen zwischen 650 Euro und 1.100 Euro brutto pro Monat bezahlt; in manchen Regionen auch mehr.
Was gilt bei staatlicher Förderung?
Bei Anwärtern, die vom Staat gefördert (z. B. BAföG) werden oder die während der Fahrlehrerausbildung Arbeitslosengeld (ALG) beziehen, ist die Rechtslage wie folgt: Der Anwärter muss dem Förderungsgeber mitteilen, dass er ein sozialversicherungspflichtiges Ausbildungsverhältnis aufgenommen hat und wie hoch seine Ausbildungsvergütung ist. Daraufhin wird der Förderungsgeber entscheiden, ob die Förderung mit der Ausbildungsvergütung verrechnet und somit gekürzt oder ganz gestrichen werden muss.
Sozialbetrug ist eine Straftat!
Wichtig: Wird im Fall einer staatlichen Förderung eine Ausbildungsvergütung bezahlt und unterbleiben
- Anmeldung zur Sozialversicherung,
- Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen sowie
- Information an den Förderungsgeber (z. B. Arbeitsagentur),
steht schnell der Verdacht des Sozialbetrugs im Raum. Aufgedeckt werden solche Machenschaften auf verschiedene Art, bestimmt aber bei einer Prüfung der Fahrschule durch die Sozialversicherung (Finanzkontrolle Schwarzarbeit oder Deutsche Rente Bund). Unzulässig ist es auch, wie eingangs erwähnt, wenn nur 165 Euro vergütet werden, um so angeblich die staatliche Förderung nicht zu gefährden.
Jochen Klima