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130 UPDATE: Die Mittlere (Un-)Reife im Fahrlehrergesetz / Prüfbescheinigung für Elektrokleinstfahrzeuge?
148 Klasse B mit Schlüsselzahl 196: Fallstricke bei der Werbung
154 58. Deutscher Verkehrsgerichtstag: Verlängerung der Probezeit?
164 Die ganzheitliche Verkehrskontrolle: Welche Punkte werden bei umfänglichen Schwerverkehrskontrollen überprüft?
168 Sascha Fiek: Der neue Golf 8 aus Fahrlehrerperspektive
170 Isabella Finsterwalder und Andrea Hofstetter: Neue Motorradmodelle 2020: Fahrvergnügen auf zwei Rädern
180 Gerichtsurteile: (2465) Abgasskandal: Anspruch auf Rückerstattung von Leasingraten? / (2466) Klage gegen Einführung von Schutzstreifen für Radfahrer / (2467) Falsche Benutzung eines Fensterwischers - Lackschaden
Klasse B mit Schlüsselzahl 196: Fallstricke bei der Werbung
© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe März/2020, Seite 148
Seit 31. Dezember 2019 dürfen Motorrad-Fahrschulen Fahrerschulungen gemäß Anlage 7b zu Paragraf 6b der FeV anbieten. Die Schulung dient Personen, welche die Fahrerlaubnis der Klasse B seit 5 Jahren besitzen und mindestens 25 Jahre alt sind, die Berechtigung für das Führen von Leichtkrafträdern (Klasse A1) zu erlangen. Die Berechtigung wird im Führerschein durch Eintrag der Schlüsselzahl 196 dokumentiert.
Die Fahrerschulung umfasst mindestens 9 Unterrichtseinheiten zu je 90 Minuten, davon mindestens 4 Unterrichtseinheiten Theorie und mindestens 5 Unterrichtseinheiten praktischer Schulung. Das Interesse in der Bevölkerung ist groß. Viele Fahrschulen stiegen schon Anfang Januar in die Werbung für B196 ein. Dabei muss jedoch einiges beachtet werden.
Wettbewerbszentrale
Die Wettbewerbszentrale hat gegenüber der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände e.V. (BVF) zur Frage der Werbung für diese Fahrerschulung Stellung genommen. Empfänger des Newsletters des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V. haben die Stellungnahme bereits per E-Mail erhalten (Newsletter Nr. 149 vom 16.01.2020). Im Ergebnis schließt sich der Verband den Ausführungen der Wettbewerbszentrale an.
Kein Pauschalpreis
Bei der Werbung ist insbesondere § 32 Absatz 2 FahrlG zu beachten. Danach haben Preisinformationen für Fahrschüler grundsätzlich in Form der sogenannten Pflichtangaben, also der Angabe des Grundbetrages, des Entgeltes für die Vorstellung zur Prüfung und des Entgeltes für eine Fahrstunde zu 45 Minuten (praktischer Unterricht) zu erfolgen. Fahrschüler sollen damit einen Überblick über die nach der Art der Leistungen geordneten Entgelte erhalten. Eine Voraussage über die tatsächlichen Kosten der Ausbildung kann daraus nicht abgeleitet werden. Das liegt im Wesentlichen daran, dass die Gesamtkosten der Ausbildung von den individuellen Fähigkeiten und dem Lernfortschritt des Fahrschülers abhängen. Demgemäß ist nach § 32 Absatz 2 FahrlG die Angabe eines sogenannten Gesamtpreises in der Werbung nicht zulässig.
Gilt § 32 FahrlG auch für Fahrerschulung 196?
Paragraf 32 Absatz 2 Nr. 2 FahrlG nimmt ausdrücklich Bezug auf die Ausbildung für eine Fahrerlaubnisklasse. Bei der Fahrerschulung nach § 6b Absatz 3 der FeV handelt es sich aber nicht um die Ausbildung zur Erlangung einer Fahrerlaubnisklasse. Anwendbar bleibt somit nur § 32 Absatz 1 FahrlG. Von daher ist der Fahrschulinhaber berechtigt, die Preise frei festzusetzen und die Schulung, soweit sie den gesetzlichen Mindestumfang umfasst, zu einem sogenannten Pauschalpreis anzubieten.
Hinweis auf etwa über den Pauschalpreis hinausgehende Kosten
Nach Ziffer 5 der Anlage 7b zur FeV darf die Fahrschule die Fahrerschulung erst abschließen und die Bescheinigung ausstellen, wenn der Teilnehmer die erforderlichen Fähigkeiten nachgewiesen hat. Deshalb wird es immer wieder vorkommen, dass über die Mindestausbildung hinausgehende Schulungsstunden notwendig sind. Darum muss bei der Nennung eines Pauschalpreises auf eventuelle zusätzliche Kosten für über die gesetzliche Mindestausbildung hinausgehende Schulung hingewiesen werden. Erfolgt dieser Hinweis nicht, fehlt eine wesentliche Information im Sinne von § 5a UWG. Ohne diesen klärenden Hinweis geht der Interessent davon aus, dass mit Entrichtung des Pauschalpreises alles bezahlt ist. Folglich müsste die Fahrschule das in der Werbung gegebene Versprechen einlösen und die Schulung bis zum erfolgreichen Abschluss zum Pauschalpreis fortsetzen.
Bewerbung als „Motorradführerschein“?
Beim Eintrag der Schlüsselzahl B196 handelt es sich nicht um eine weitere Fahrerlaubnisklasse oder eine eigenständige Fahrerlaubnis. Die Schulung führt also nicht zu einem Motorradführerschein, sondern nur zur Ausweitung der Fahrerlaubnis der Klasse B auf das Führen von Leichtkrafträdern. Um eine Verwechslung mit der Fahrerlaubnisklasse A1 zu vermeiden, sollte die Fahrerschulung zum Erwerb der Schlüsselzahl B196 nicht als „Motorradausbildung“, „Motorradführerschein“, „A1-Upgrade“ oder dergleichen beworben werden. Eine solche Werbung wäre irreführend im Sinne von § 5 UWG.
Hinweis auf die nur im Inland geltende Berechtigung
Wer für eine Fahrerschulung wirbt, muss nicht alle möglichen Nachteile der beworbenen Dienstleistung nennen. Das erwartet niemand, und es würde auch dem Wesen der Werbung widersprechen. Eine Ausnahme gilt für den Fall, dass die Unvollständigkeit zugleich irreführend ist, weil Fakten verschwiegen werden, die für die Entscheidung eines Verbrauchers bedeutsam sind (§ 5a UWG). Im Gegensatz zu den europaweit geltenden Fahrerlaubnisklassen A, A2 und A1 ist der Geltungsbereich von B196 auf Deutschland beschränkt. Nur in Kenntnis dieser Fakten kann der Verbraucher letztlich entscheiden, ob er von der Möglichkeit einer Fahrerschulung Gebrauch machen oder lieber eine reguläre Motorradfahrerlaubnis erwerben will. Deshalb ist in der Werbung der Hinweis auf die eingeschränkte territoriale Gültigkeit erforderlich.
Ralf Nicolai