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473 EDITORIAL: Mitgliederversammlung unter Corona-Regie
478 UPDATE: Die Lebenserwartung der Deutschen steigt weiter / Richterschelte nein, aber Verwunderung schon
480 Erneute Verschiebung der Mitgliederversammlung: 24. April 2021 in Pforzheim
491 Aus Niederlassungen werden Marktgebiete: Große Umstrukturierung beim TÜV SÜD
494 Fortbildung Motorrad 2020: Wir Biker waren, sind und bleiben aktiv
514 Wichtige Aktion zur Verkehrssicherheit: Gemeinsam gegen die Gefahren des "Toten Winkels"
528 Gerichtsurteile: (2482) Keine Gnade für Kokainkonsument / (2483) Verbot für irreführende Autopilot-Werbung von Tesla / (2484) Brasilianer parkte falsch - Halter muss zahlen
Fortbildung Motorrad 2020: Wir Biker waren, sind und bleiben aktiv
© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe September/2020, Seite 494
Infolge der Corona-Pandemie konnten am Anfang der Motorradsaison 2020 keine Motorrad-Sicherheitstrainings oder andere Fortbildungsveranstaltungen stattfinden. Alles musste abgesagt werden.
Erste Lockerungen Mitte Mai
Ab Mitte Mai konnten vereinzelt Trainings durchgeführt werden, wenn sie den jeweils gültigen Hygienebestimmungen entsprachen. Die Trainings selbst waren nicht das Problem, doch die Organisation war schwierig, da die Pausen nicht in öffentlichen Einrichtungen stattfinden durften.
Erste Fortbildung der FSG/TTVA 2020
Die Lockerungen der gesetzlichen Vorschriften ließen für kleinere Gruppen ab 10. Juni den Aufenthalt in Restaurants, Gaststätten und Cafés wieder zu. Dies nutzte die FSG/TTVA mbH und führte am 13. Juni in Öhringen (Hohenlohekreis) die erste Motorrad-Fortbildung für 2020 durch. Marcus Pollermann, Motorradreferent des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V., und sein Vorgänger im Amt, Karl-Heinz Hiller, luden die Motorrad-Instruktoren des Verbandes zu einer internen Fortbildung ein. Quasi ein Pilotprojekt, ein Test für weitere Fortbildungen unter Corona-Bedingungen.
Die erste Motorrad-Fortbildung 2020 für die Instruktoren des FLVBW war das Pilotprojekt für weitere Fortbildungen unter Corona-Bedingungen.
Motorrad-SHT seit 1972
Der Fahrlehrerverband Baden-Württemberg e.V. hat Anfang der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts das Motorrad-Sicherheitstraining kreiert. Der damalige Verbandsvorsitzende, Gebhard L. Heiler, sah das Überschwappen des Motorrad-Booms der USA nach Europa voraus. So waren die Moderatoren des Verbandes die ersten, die Neu- und Wiedereinsteiger im Motorradbereich fortbildeten (siehe FPX 09/72, S. 316/317).
Weiterentwicklung in die Gegenwart
Das Einweisungsseminar des Verbandes und der FSG/TTVA ermöglicht es Fahrlehrern/-innen, Motorrad-Sicherheitstrainings in ihren Fahrschulen anzubieten. Die Inhalte und didaktischen Methoden des Seminars wurden unter Beachtung technischer und rechtlicher Veränderungen sowie gesicherter pädagogischer Erkenntnisse immer weiterentwickelt. Der aktuelle Erkenntnisstand empfiehlt es, das Motorrad-Sicherheitstraining zweiteilig als Basis- und Aufbautraining anzubieten.
Basistraining (SHT-B)
Das Basistraining ist ein Grundlagentraining für Biker, die das erste Mal an einem Sicherheitstraining teilnehmen wollen; ebenso für Biker, die schon vor längerer Zeit ein Training besucht haben oder sich nach einer längeren Pause wieder dem Motorradfahren zuwenden. Dieses eintägige Training findet i.d.R. ausschließlich auf einem Übungsplatz statt. Es enthält u. a. folgende Inhalte: Stabilisieren, Bremsen, Ausweichen, Wenden und mehr …
Aufbautraining (SHT-A)
Das Aufbautraining ist für Biker konzipiert, die schon einmal oder mehrmals an einem Sicherheitstraining teilgenommen haben; die also das Programm und die Übungen kennen, aber ihre Kenntnisse und Fertigkeiten vertiefen wollen. Das Training ist in Theorie und Praxis gegliedert. Es findet teils auf einem Übungsplatz und teils im Realverkehr statt.
Training „Fahren“ und „Touren“ – z.B. mit ehemaligen Fahrschülern
Der nächste Schritt ist, eine Tour, z. B. mit ehemaligen Fahrschülern, oder ein Sicherheitstraining ausschließlich auf der Straße (nicht auf dem Übungsplatz) durchzuführen. Diese Trainings setzen voraus, dass die Teilnehmer mindestens einmal oder besser mehrmals an einem Sicherheitstraining „Basis“ oder „Aufbau“ teilgenommen haben. Der Schwerpunkt liegt in der Praxis. Deshalb müssen die Inhalte des SHT-B und SHT-A bekannt sein. Dieses Training findet nicht auf einem Übungsplatz, sondern nur auf der Straße statt. Unterwegs wird immer wieder pausiert und über die Besonderheiten der Strecke, z. B. das richtige Einleiten und Durchfahren einer Kurve, diskutiert. Es empfiehlt sich auch, gezielt Unfallschwerpunkte einzubeziehen und die Ursachen von Motorradunfällen zu analysieren und über deren Vermeidung zu sprechen. Auch ist es bei entsprechender Planung denkbar, bei diesen Touren/Trainings unterwegs auf geeigneten Plätzen bestimmte Inhalte des Aufbautrainings einzubauen.
Zurück zum Instruktoren-Training am 13. Juni
Mit der durch Corona begrenzten maximalen Teilnehmerzahl ging es nach einem Technikcheck trotz teilweise langer Anfahrten der Teilnehmer pünktlich in Öhringen los. Auch Verbandsvorsitzender Jochen Klima nahm am ersten Motorradtraining des Jahres 2020 teil.
Die Inhalte
Nach einer kurzen Einführung in die Inhalte und den Ablauf des Trainingstages durch Marcus Pollermann wurden die 10 Grundregeln beim Fahren in einer Motorradgruppe diskutiert. Eine weitere Diskussionsrunde galt der 4-Fahrlinien-Theorie, dem sog. Hinterschneiden und der Blickführung beim Kurvenfahren auf Landstraßen. Das Umsetzen dieser Inhalte in der Anfängerausbildung war ein weiterer Diskussionspunkt.
Das nächste Thema war das Wenden. Fahrlehrer/-innen können ein Lied davon singen, wie hektisch unsere Schülerinnen und Schüler werden, wenn sie während der Ausbildung oder in der Prüfung wenden müssen. Diese Hektik führt leider auch immer wieder zu Unfällen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt war das Rechtsabbiegen. Nicht nur, dass Rechtsbogen beim Abbiegen oft zu groß ausfallen, auch das korrekte Anhalten (mit linear gestelltem Lenker) will besprochen und trainiert sein; ebenso die richtige Umsicht. Gerade beim vermeintlich harmloseren Rechtsabbiegen wird sehr häufig die Umsicht in die neue Straße vernachlässigt. Wie spielt sich dort der Gegenverkehr ab: Fährt der momentan auf dem von mir angepeilten Teil der Fahrbahn, weil er überholt oder an einem geparkten Fahrzeug vorbeifährt?
Selbstverständlich ist auch das Linksabbiegen ein wichtiger Trainingsinhalt. Ganz besonders auf Landstraßen kommt es bei Überholmanövern von Verkehrsteilnehmern, die ihrerseits Linksabbiegen wollen, immer wieder zu Missverständnissen und damit zu sehr gefährlichen Situationen und schweren Unfällen.
Im Weiteren standen die Unfallschwerpunkte im Hohenlohekreis und der benachbarten Landkreise auf dem Programm. Wir befuhren die unfallträchtigsten Strecken rund um die „Löwensteiner Platte“, dem Motorradtreffpunkt der Region. Die Gründe für die meisten Unfälle sind Posen, falsches Überholen, nicht angepasste Geschwindigkeit, Überschätzen der eigenen Fähigkeiten, falsche Fahrlinie und falsche Blickführung.
Wir diskutierten vor allem auch die Auswirkungen von zu hohem Tempo. Da Bremsweg und Fliehkraft in der Potenz zunehmen, kommt es beim Einschätzen von Anhalteweg und möglicher Schräglage zu Fehleinschätzungen. Aber auch unüberlegtes Überholen und alle anderen angesprochenen Aspekte müssen bei der Ausbildung in der Fahrschule thematisiert werden.
Neues Recht
Zum Abschluss ging Jochen Klima auf die letzten rechtlichen Änderungen, z. B. Parken auf Gehwegen, Befahren der Rettungsgasse und Verschärfung des Bußgeldkatalogs, ein.
Fazit
Wie wir alle wissen, darf es keinen Stillstand geben. Deshalb ist andauernder fachlicher Austausch unverzichtbar.
Erschöpft, aber zufrieden machten wir uns auf die für manchen sehr weite Heimreise.
Wichtigste Erkenntnisse waren: Ein absolviertes Motorrad-Sicherheitstraining, wie es der Fahrlehrerverband Baden-Württemberg e.V. seit 48 Jahren empfiehlt,
- steigert die eigene Lehrkompetenz,
- bringt Abwechslung in den Fahrschulalltag,
- ist eine hervorragende Möglichkeit, sich als kompetenten Coach für höchstmögliche Sicherheit motorisierter Zweiradfahrer auszuweisen.
Diese Kompetenz nützt die klug geführte Motorradfahrschule, jungen und reiferen Motorradfahrern fortdauernd Sicherheitstrainings anzubieten und sich damit ein besonderes Markenzeichen zu schaffen.
Karl-Heinz Hiller und Marcus Pollermann
Fotos: Jochen Klima