Cyber-Learning: Online-Theorieunterricht in der Fahrschulausbildung

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Januar/2021, Seite 15

Mit E-Mail vom 3. Dezember 2020 teilte das Verkehrsministerium Baden-Württemberg mit, für die Zeit der Corona-Pandemie werde es den Fahrschulen und anerkannten Fahrlehrerausbildungsstätten ermöglicht, Ausnahmen von der Präsenzpflicht der theoretischen Ausbildung zu beantragen. Das Ministerium für Verkehr hat hierfür Regelungen getroffen, die wir nachfolgend wiedergeben.

Die Ausnahmen von der Präsenzpflicht werden zeitlich befristet erteilt. Es erfolgt keine Bindung an mögliche lokale Corona-Beschränkungen (z. B. Lockdown) oder lokales Infektionsgeschehen. Die nun getroffenen Regelungen sind zunächst bis 30. September 2021 gültig. Dies bietet auch den Fahrschulen bzw. Fahrlehrerausbildungsstätten eine gewisse Planungssicherheit, sollten sie sich für eine Durchführung des theoretischen Unterrichts in Onlineform entscheiden. Um den theoretischen Unterricht in der Fahrschule bzw. den Fahrlehrerausbildungsstätten anbieten zu können, gelten die folgenden Voraussetzungen:

  1. Der Antragsteller besitzt eine Fahrschulerlaubnis bzw. Anerkennung als amtlich anerkannte Fahrlehrerausbildungsstätte.

  2. Für die Durchführung der theoretischen Fahrschulausbildung bzw. der Aus- und Weiterbildung der Fahrlehrer als Online-Unterricht gelten die allgemeinen rechtlichen Anforderungen an den Theorieunterricht. Der Antragsteller muss in seinem Antrag nachweisen, wie die bestehenden rechtlichen Vorgaben im Online-Unterricht umgesetzt werden. Dies sind in der Fahrschulausbildung insbesondere die Vorgaben aus der Fahrschüler-Ausbildungsordnung (dort die §§ 1 bis 4) sowie aus Abschnitt 2 des Fahrlehrergesetzes (insbesondere die §§ 29 bis 31 FahrlG). Im Bereich der Fahrlehrerausbildungsstätten sind dies insbesondere die Vorgaben aus § 40 Fahrlehrergesetz: die Vermittlung der erforderlichen fachlichen und pädagogischen Kompetenzen. Bestehende Ausbildungs- bzw. Rahmenpläne müssen auch bei Durchführung in Form von Online-Unterricht eingehalten werden. So müssen beispielsweise die erforderlichen Lehr- und Lernmittel zur Verfügung stehen und im Online-Unterricht zum Einsatz kommen.

  3. Der Online-Unterricht erfolgt aus den Räumlichkeiten der Hauptstelle des Antragstellers. So ist gewährleistet, dass die Lehr- und Lernmaterialien zur Verfügung stehen und genutzt werden können.

  4. Es muss eine ausreichende Internetanbindung vorhanden sein, die eine Durchführung des Online-Unterrichts ermöglicht.

  5. Die zur Durchführung des Online-Unterrichts eingesetzte Software muss mindestens die folgenden Kriterien erfüllen:

    Das Kamerabild aller Teilnehmer wird dem Kursleiter angezeigt.

    Der Kursleiter kann die Sprechzeit der Teilnehmer zuteilen und bei Bedarf die Mikrofone aller Teilnehmer stumm schalten (Vermeidung Rückkopplung bzw. Störgeräusche).

    Die Teilnehmer können sich melden, um einen Sprechwunsch zu äußern (z. B. Schaltfläche „Hand heben“).

    Der Kursleiter muss neben dem Kamerabild die Möglichkeit haben, seinen Bildschirm allen Teilnehmern freizugeben, um Schulungsmedien (z. B. Präsentation, Videofilm) allen Teilnehmern anzuzeigen.

    Es sollte die Möglichkeit bestehen, separate virtuelle Räume aus der Software zu starten, um Gruppenarbeit in Kleingruppen zu ermöglichen. Der Kursleiter muss die Möglichkeit haben, sich in diese Räume zuzuschalten.

    Es besteht eine Chatfunktion für alle Teilnehmer.

    Alle anwesenden Teilnehmer werden in einer Liste für den Kursleiter sichtbar angezeigt.

    Anzeige bzw. Kontrollmöglichkeit, ob die Teilnehmer noch anwesend sind und

    Die Software muss datenschutzrechtlich konform sein zur Datenschutz-Grundverordnung; ein entsprechender Nachweis hierzu muss vorliegen.

  6. Es muss eine für die Gesamtzahl der Teilnehmer ausreichende Anzahl an Softwarelizenzen vorhanden sein.

  7. Der Antragsteller verfügt über die erforderliche Hardware. Hierzu zählen insbesondere ein ausreichend großer Bildschirm/Monitor, um alle Teilnehmer sehen zu können, eine Webcam sowie Mikrofon und Lautsprecher bzw. Headset sowie ggf. weitere Geräte entsprechend den Vorgaben der eingesetzten Software.

  8. Die Anwesenheit und Identität der Teilnehmer wird überprüft, und der Kursleiter erstellt eine entsprechende Teilnehmerliste.

  9. Der Online-Unterricht erfolgt in synchroner Form, es sind alle Teilnehmer zeitgleich am Unterricht beteiligt, wie dies auch bei der Durchführung in Präsenzform der Fall ist. Hybrider Unterricht, bei dem ein Teil der Teilnehmer in den Räumlichkeiten vor Ort präsent ist und ein Teil online zugeschaltet ist, ist möglich.

  10. Die Gesamtteilnehmerzahl ergibt sich aus der bestehenden Fahrschulerlaubnis bzw. Anerkennung als Fahrlehrerausbildungsstätte. Eine Erhöhung dieser Teilnehmerzahl aufgrund der Durchführung von Online-Unterricht ist nicht möglich.

  11. Teilnehmer an den Online-Kursen dürfen nur Personen sein, die mit der Fahrschule bzw. der Fahrlehrerausbildungsstätte einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen haben und dem Antragsteller daher bekannt sind.

  12. Eine Überwachung durch den Treuhandverein muss auch für den Online-Unterricht möglich sein. Der Antragsteller stimmt im Vorfeld der Überwachung das Vorgehen mit dem Treuhandverein ab (ob digitale Teilnahme oder Vor-Ort-Überprüfung).

  13. Sollten bei der letzten Überwachung Defizite oder Probleme in den pädagogischen Bereichen festgestellt worden sein, ist eine Ausnahme vom Präsenzunterricht nicht möglich.

Für eine Ausnahme von der Präsenzpflicht ist ein schriftlicher Antrag erforderlich. Dieser ist bei der Behörde zu stellen, welche die Fahrschulerlaubnis erteilt bzw. die Fahrlehrerausbildungsstätte anerkannt hat. Folgende Angaben bzw. Unterlagen muss der Antrag enthalten:

  1. Beschreibung des Ablaufs des Online-Unterrichts; dies umfasst insbesondere:

    Darstellung der geplanten Umsetzung der rechtlichen Anforderungen an den Theorieunterricht,

    Darstellung der Anwesenheitskontrolle und Identitätsfeststellung.

  2. Bestätigung der ausreichenden Internetanbindung,

  3. Angaben zur eingesetzten Software sowie Bestätigung, dass diese die aufgeführten Mindestanforderungen erfüllt (inkl. kurzem Nachweis hierzu: z. B. Flyer des Herstellers oder Beschreibung der Software im Internet),

  4. Nachweis, dass die eingesetzte Software konform ist zu den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung,

  5. Bestätigung über die vorhandene erforderliche Hardware zur Durchführung des Online-Unterrichts,

  6. Verpflichtung, die vorgegebenen Rahmenbedingungen bzw. Voraussetzungen für den Online-Unterricht einzuhalten.

Im Falle einer positiven Antragsprüfung erteilt die Behörde eine bis zum 30. September 2021 befristete Ausnahmegenehmigung. Die Ausnahmegenehmigung ist gebührenpflichtig, die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem zeitlichen Aufwand der genehmigenden Behörde.

Eine Ausnahme von der Präsenzpflicht ist nur für den theoretischen Unterricht der Fahrschulausbildung und der Aus- und Weiterbildung der Fahrlehrer in den anerkannten Fahrlehrerausbildungsstätten zugelassen. Für weitere Fahrschulangebote (u. a. Fahreignungsseminare, Aufbauseminar im Rahmen der Fahrerlaubnis auf Probe) sowie Angebote aus dem Bereich der Berufskraftfahrerqualifikation sind keine Ausnahmen von der Präsenzpflicht zugelassen.

Wir bitten unsere Mitgliedsfahrschulen um Beachtung.

Zugleich weisen wir ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei etwa erteilten Ausnahmen um zeitlich begrenzte handelt, aus denen kein Anspruch auf Weiterführung des Online-Theorieunterrichts nach Überwindung der Corona-Pandemie hergeleitet werden kann.