Bund-Länder-Kontroverse beigelegt: Neuer Bußgeld- und Punktekatalog

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Juni/2021, Seite 398

Am 28. April 2020 trat die 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften in Kraft. Infolge eines Formfehlers – Verstoß gegen das sogenannte Zitiergebot – durften die verschärften Regelungen zu Fahrverboten nicht angewendet werden. Nach einjährigem Hin und Her gelangten die Verkehrsminister der Länder und das BMVI am 16. April 2021 zu einem Kompromiss.

Bundesrat muss noch zustimmen

Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses dieser Ausgabe der FahrSchulPraxis stand die erforderliche Zustimmung des Bundesrates noch aus. Dieser scheint jedoch nichts mehr im Wege zu stehen.

Keine Verschärfung bei den Fahrverboten und den Punktegrenzen nach Geschwindigkeitsverstößen

Kernstücke der Neuregelung sind folgende Eckpunkte:

  • Unverändert führen Geschwindigkeitsverstöße (Pkw) weiterhin erst bei einer Überschreitung von mehr als 20 km/h zu Punkten im Fahreignungsregister.

  • Zu Fahrverboten führen unverändert Geschwindigkeitsüberschreitungen von
    ‒ 30 km/h (ursprünglicher Plan: > 20 km/h) für Pkw innerorts,
    ‒ 40 km/h (ursprünglicher Plan: > 25 km/h) für Pkw außerorts.

  • Vorerst kein generelles Tempolimit auf Autobahnen und Kraftfahrstraßen und

  • keine generelle Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h innerorts.

Der unbestimmte Zeitbegriff „vorerst“ bezieht sich vermutlich auf die Dauer von etwa 12 Monaten, die der Bundestagswahl im Herbst 2021 folgen.

Teilweise deutliche Anhebung der Bußgeldsätze

  • für Parkverstöße,
  • für Geschwindigkeitsüberschreitungen sowie
  • für die Nichtbildung oder die unerlaubte Nutzung einer Rettungsgasse.

 

Tabellarischer Überblick über die wichtigsten neuen Regelungen:

Tabelle 1:
Geschwindigkeitsübertretungen innerorts (Pkw igO)

     
Überschreitung Bußgeld Punkte Fahrverbot
bis 10 km/h 30 € 0 nein
11-15 km/h 50 € 0 nein
16-20 km/h 70 € 0 nein
21-25 km/h 115 € 1 nein
26-30 km/h 180 € 1 nein
31-40 km/h 260 € 2 1 Monat
41-50 km/h 400 € 2 1 Monat
51-60 km/h 560 € 2 2 Monate
61-70 km/h 700 € 2 3 Monate
über 70 km/h 800 € 2 3 Monate

 

Tabelle 2:
Geschwindigkeitsübertretungen außerorts (Pkw agO)

     
Überschreitung Bußgeld Punkte Fahrverbot
bis 10 km/h 20 € 0 nein
11-15 km/h 40 € 0 nein
16-20 km/h 60 € 0 nein
21-25 km/h 100 € 1 nein
26-30 km/h 150 € 1 nein
31-40 km/h 200 € 1 nein
41-50 km/h 320 € 2 1 Monat
51-60 km/h 480 € 2 1 Monat
61-70 km/h 600 € 2 2 Monate
über 70 km/h 700 € 2 3 Monate

 

Rettungsgasse und weitere Verstöße

Erheblich verschärft wurde die Ahndung für weitere Verstöße. Dies betrifft unter anderem die unerlaubte Nutzung oder die Nichtbildung einer Rettungsgasse. Diese Verschärfungen waren von vornherein unstrittig.

Tabelle 3:
Weitere Verstöße

     
Verstoß Bußgeld Punkte Fahrverbot

Unerlaubte Nutzung einer Rettungsgasse

320 € 2 1 Monat

Nichtbildung einer Rettungsgasse

200 € 2 1 Monat

Nutzung von auf Smartphones oder Navigationsgeräten installierten Blitzer-Apps

75 € 1 -

Kfz>3.500 kg zGM: Überschreitung der Schrittgeschwindigkeit beim Rechtsabbiegen (igO)

70 € 1 -

Verursachen von unnötigem Lärm und einer vermeidbaren Abgasbelästigung, beispielsweise durch Warmlaufenlassen des Motors oder unnötiges Spielen mit dem Gaspedal an der roten Ampel

80 € - -

Unerlaubtes Einfahren in eine Umweltzone

100 € - -

Sogenanntes Auto-Posing, also das Verursachen von unnötigem Lärm und einer vermeidbaren Abgasbelästigung etwa durch unnützes Hin- und Herfahren

20-100 € - -

Vor allem beim Thema Rettungsgasse – aber nicht nur da – bleibt abzuwarten, ob die Verschärfung der Sanktionen ausreichend abschrecken und die Verkehrsteilnehmer von Verstößen abhalten wird.

Jochen Klima