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697 EDITORIAL: Trippelschritte oder großer Wurf?702 UPDATE: Ausbildung auf Simulatoren: Werbung mit Kosteneinsparung ist irreführend / MPU bietet Schutz und Hilfe
706 Ausbildungsvertrag: Kündigungsgründe der Fahrschule
710 Kleinwüchsige Fahrschüler/-innen: Begutachtung ist erforderlich
712 Fortbildung 2022: Ein sehr vielseitiges Programm
716 MotorradTotal 2021: Das Spitzenseminar ist zurück
726 Kfz-Versicherung: Neue Regionalklassen
736 Studie Mobilität und Verkehr: Das Auto ist klarer Favorit
740 Gerichtsurteile: (2521) ADFC drängt auf die Autobahn / (2522) Entzug der Fahrerlaubnis wegen Demenz ohne ausreichendes Gutachten? / (2523) Unfall oder Versicherungsbetrug?
MotorradTotal 2021: Das Spitzenseminar ist zurück
© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe November/2021, Seite 716
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Infolge der Corona-Pandemie musste der Fahrlehrerverband Baden-Württemberg e.V. das Fortbildungsseminar MotorradTotal im letzten Jahr streichen. Diese Absage traf bei den Mitgliedern auf volles Verständnis. Dennoch war es für viele eines jener unfreiwilligen Opfer, das man nicht gern erbrachte. Das im Übrigen seit 1983 jährlich lückenlos ausgerichtete Spezialseminar für Motorradfahrlehrer/-innen erlebte in diesem Jahr ein sehr vitales Comeback in Kärnten.
Realverkehr II: Fahrspaß mit hohem Lerneffekt = MotorradTOTAL; Foto: Jochen Klima
Der frühere Motorradreferent des Verbandes, Karl-Heinz Hiller, berichtet im Folgenden chronologisch und sehr anschaulich über das 38. MotorradTotal, das vom 18. bis 25. September 2021 das dritte Mal in Kärnten stattfand.
Donnerstag, 16.09.21
Letzter Tag akribischer Vorbereitungen. In der Verbandszentrale in Korntal wird das Equipment für MotorradTotal verpackt und in den eigens für die Motorradfortbildung angemieteten Sprinter verladen. Zumindest dafür hat es aufgehört zu regnen. Übrigens: Der Wetterbericht der kommenden Woche sieht für Kärnten nicht sehr rosig aus.
Freitag, 17.09.21
Eigentlich beginnt MotorradTotal erst samstags. Aber einige machten sich schon am Freitag auf, um in aller Ruhe in das Langstreckentraining zu starten: keine Autobahn, keine Hektik, keinen Stress und viele Kurven … Es ist eine gemütliche Anfahrt zum ersten Zwischenziel Tannheim im Tannheimer Tal. Beteiligte des Vortrupps: Verbandschef Jochen Klima, Motorradreferent Marcus Pollermann, Karl-Heinz Hiller, Diplom-Psychologe Horst Verheyden, die Instruktoren Roland Nicolai und Ulf Eckardt sowie eine größere Motorradfraktion aus Hohenlohe.
Samstag, 18.09.21
Nach einem frühen Frühstück brachen wir im Tannheimer Tal, dem sicher „schönsten Hochtal Europas“ (1100 m), auf, um durch das Allgäu und Tirol mit einigen „Umwegen“ zum eigentlichen Treffpunkt aller Teilnehmer, dem Hotel Sonnschein in Wildschönau-Niederau, zu cruisen.
An dieser Stelle muss zweierlei erwähnt werden: Erstens, das sehr lange im Voraus gebuchte Treffpunkthotel in Scheffau musste kurz vor Beginn von MotorradTotal coronabedingt Insolvenz anmelden und war deshalb nicht in der Lage, uns vertragsgemäß zu beherbergen.
Zweitens, alle organisatorisch Verantwortlichen haben einen fantastischen Job gemacht: Tourismusverband Tirol, Hotel Sonnschein, Reiseunternehmen Stoll, Zeycan Carikci und Daniela Hagmann von der FSG/TTVA mbH, Marcus Pollermann und Jochen Klima.
Plan B
Es musste rasch ein anderes Hotel für eine Nacht aus dem Ärmel geschüttelt werden. Und das gelang den Erwähnten hervorragend. Jochen Klima, Marcus Pollermann und Patrick Pollermann fuhren ohne Umwege schnurstracks zu unserem Ersatz-Hotel, das man ja nicht kannte, um für die Ankunft der Teilnehmer aus allen Teilen der Bundesrepublik die erforderlichen Vorbereitungen zu treffen.
Nach und nach trafen immer mehr Teilnehmer ein: allein, in Grüppchen, eine sehr große Gruppe, einige Autos mit den Motorrädern auf dem Anhänger. Was war das für ein freudiges Wiedersehen: Endlich, nach zwei endlos erscheinenden Jahren, bekommt man bei einer etwas anderen „Familienzusammenführung“ das Lächeln nicht mehr aus dem Gesicht. Man kennt sich, man schätzt sich seit Jahren, seit vielen Jahren. Man trifft gute Bekannte und Freunde. Und sehr erfreulich: Es sind auch wieder neue Gesichter zu sehen. Die „Neuen“ legen ihre anfängliche Unsicherheit rasch ab. Denn nach der persönlichen Begrüßung durch Jochen Klima und Marcus Pollermann, dem Abladen des Gepäcks und dem Bezug der Zimmer nahmen sie sich einen Stuhl und setzten sich auf der Sonnenterrasse in die immer größer werdende Runde. Und schon waren sie mittendrin, als ob sie noch nie im Leben etwas anderes gemacht hätten.
Ankunft am Hotel Sonnschein in Wildschönau-Niederau/Österreich; Foto: Jochen Klima
Vor dem Abendessen begrüßten Jochen Klima und Marcus Pollermann alle Teilnehmer offiziell zum 38. MotorradTotal und stellten das Organisations- und Leitungsteam vor. Danach überreichten sie einem „Geburtstagskind” ein kleines Geschenk, wie auch noch zwei weiteren im Verlauf der Woche.
Sonntag, 19.09.21
Realverkehr I. Los geht’s in geführten Gruppen zum Standquartier Naturel Hotel Schönleitn am Faaker See. Wir starteten mit gemischten Gefühlen. Der Wetterbericht verhieß nichts Gutes. Immerhin ging es heute auf über 2500 m hinauf. Das hätte sogar Eisregen oder Schnee bedeuten können. Doch der Frühnebel riss auf, und es wurde sogar zweistellig warm. Bei wolkenlosem Sonnenschein fuhren wir über die sensationelle Großglockner-Hochalpenstraße gen Kärnten. Es war traumhaft: am Fuscher Törl in die Sonne blinzeln und die großartige Aussicht genießen – was für ein Start für MotorradTotal! Pünktlich zum Abendessen fing es doch noch zu regnen an – aber wir waren ja schon im Trockenen. Jochen Klima und Marcus Pollermann gaben bei einem Begrüßungsdrink einen Überblick über die Seminarwoche. Ein hervorragendes Abendbuffet vertrieb die düsteren Wetterprognosen und ließ uns den ersten Abend im Naturel Hotel Schönleitn in Oberaichwald am Faaker See genießen.
Naturel Hoteldorf Schönleitn****; Foto: Carolin Thiersch
Montag, 20.09.21
Theorie. Entgegen dem Plan beschloss die Leitung wegen der unschönen Wetterprognosen Realverkehr II auf Dienstag zu verschieben und den Theorieteil auf den Montag vorzuziehen. Jochen Klima referierte souverän zu aktuellen Rechtsänderungen sowie zu Themen wie praktische Fahrausbildung, praktische Fahrprüfung und autonomes Fahren. Dabei ging er auch auf die immer aktuelle Frage nach der Zukunft des Fahrlehrerberufs ein. Karl-Heinz Hiller richtete in seinem Beitrag „Motorrad-Sicherheitstraining durch Fahrschulen – Rückblick, Status quo, Zukunft“ einen flammenden Appell an die anwesenden Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer, die Chancen und Möglichkeiten, die das Motorrad-Sicherheitstraining für Fahrschulen bietet, in Zukunft weit mehr zu nutzen, als dies in der Vergangenheit geschehen ist.
Theorieunterricht: Jochen Klima referierte über die aktuellen
Rechtsänderungen, Karl-Heinz Hiller weckte das Interesse der
Teilnehmer mit seinem Vortrag "Motorrad-Sicherheitstraining durch
Fahrschulen - Rückblick, Status quo, Zukunft"
Foto: Jochen Klima
Dienstag, 21.09.21
Realverkehr II. Das Thermometer war beim Start wiederum einstellig. Aber immerhin war es trocken. Leider hatten wir es auf dem Weg zu unserem Touren-Highlight Villach mit einer dichten morgendlichen Rushhour zu tun. Aber wir kamen erstaunlich gut durch. Auch weil unser Scout erkundet hatte, dass die Baustelle, die noch bei der Erkundungs- und Vorbereitungsreise von Marcus Pollermann und Karl-Heinz Hiller eine ziemlich komplizierte Routenführung notwendig gemacht hatte, inzwischen abgeräumt worden war.
Sodann bogen wir ein auf die Nockalmstraße: 34 Kilometer Fahrspaß pur auf einer der abwechslungsreichsten und schönsten Alpenstraßen Österreichs zwischen Ebene Reichenau und Innerkrems. In 52 Kehren und unzähligen Kurven führt die Strecke zwischen den Nockbergen mit ihren sanften grünen Gipfeln immer wieder auf und ab. Und die Kurven hörten nicht auf. Es ging über die Turracher Höhe. Auf kleinen Sträßchen umfuhren wir Feldkirchen und fuhren als Abschluss bei schönstem Sonnenschein auf die Gerlitzen-Hochalpenstraße mit einem herrlichen Ausblick auf den Ossiacher See. Und wer immer noch nicht genug Kurven gefahren war, konnte sich als Krönung des Tages auf der Villacher Alpenstraße noch einmal in die Höhe schrauben, um die sensationellen Ausblicke vom Dobratsch auf die Berggipfel in den Nachbarländern Slowenien und Italien zu genießen. Den Genuss versüßt hat auch die Tatsache, dass alle Teilnehmer von „MotorradTotal 2021“ vom Tourismusverband Kärnten eine drei Tage gültige „Kärnten Card“ spendiert bekommen hatten. Damit waren viele Dinge kostenlos (z.B. fast alle befahrenen Alpenstraßen, Eintritte z.B. für Museen, Fahrkarten für Bergbahnen). Maßgeblich beteiligt an dieser tollen Aktion war auch die Leitung unseres Hotels „Naturel Hoteldorf Schönleitn“ in Latschach-Oberaichwald. Dafür nochmals ein herzliches Dankeschön.
Mittwoch, 22.09.21
Realverkehr III. Die Strecke führte uns durch drei Länder mit insgesamt 6 (!) Grenzüberquerungen. Zuerst ging es über den Wurzenpass nach Slowenien und von dort über den sehr herausfordernden Vršič-Pass mit kopfsteingepflasterten Kehren ins hinreißende Tal der Soča, die kristallklares Wasser führt. Auf Ministräßchen mit jeder Menge Splitt, Blättern und anderen Verunreinigungen vom Regen fuhren wir flüssig durch das herrliche Val Torre über den Passo di Tanamea, um wieder die Grenze nach Slowenien zu passieren. Wer wollte, konnte die Mangartstraße unter die Räder nehmen. Leider ist diese aufgrund eines Bergsturzes derzeit nicht ganz bis nahe des Gipfels auf 2055 Meter zu befahren. Die Ausblicke sind dennoch grandios. Über den Predilpass geht es wieder nach Italien, um nochmals nach Slowenien und wieder über den Wurzenpass zurück nach Österreich zu kommen. Eine herrliche Tour mit spannenden Herausforderungen – just Europa pur. Denn überall bezahlt man mit der gleichen Währung, und dank des Schengener Abkommens wurde an keinem der Grenzübergänge kontrolliert. Das war vor 38 Jahren noch ein bisschen anders.
Realverkehr III führte durch das wunderschöne Soča-Tal und bot unvergessliche Ausblicke; Foto: Jochen Klima
Vogel-Abend
Den Mittwoch ließen wir nach dem Abendessen mit dem traditionellen Vogel-Abend ausklingen. Unser DJ Dietmar Schunn aus Öhringen hatte aufwendiges Equipment – Musikanlage, Mischpult, Lautsprecher etc. im Sprinter mitgebracht und eine bunte Playlist zusammengestellt. Diese Aktion sowie die Getränke an diesem außergewöhnlichen Abend wurden vom Verlag Heinrich Vogel, München, übernommen. Der „Vogel-Abend“, ein seit Jahrzehnten geübtes Sponsoring, löste bei allen Teilnehmern große Begeisterung aus und wurde mit Dank und langanhaltendem Beifall bedacht.
Donnerstag, 23.09.21
Traditionell ist der Donnerstag ein Ruhetag, über den die Teilnehmer frei verfügen. Und so bleiben die einen im Hotel, um den genialen Wellnessbereich zu genießen, die anderen nutzen das herrliche Wetter für eine Tour mit den Wanderstiefeln in den umliegenden Bergen. Einige waren auch am Ruhetag mit dem Motorrad unterwegs und erkundeten die umliegenden Berge und Badeseen. Der Ausklang des Tages fand an der Hotelbar statt. Ein vom Hotel Schönleitn eigens engagierter Gitarrist spielte virtuos auf und lud zum Zuhören und Mitsingen rhythmischer Oldies ein. Dafür ein herzliches Dankeschön an den Hotel-Chef.
Freitag, 24.09.21
Die vierte und letzte Realverkehrsstrecke führte über Arnoldstein und Tarvisio auf den als Schlangenparadies (vor allem Kreuzottern) bekannten Sella-Nevea-Pass. In Moggio Udinese überraschte uns eine neu eingerichtete, vorher nicht absehbare Straßensperrung und verhinderte das Überfahren des Sella-di-Cereschiatis-Passes. Nun war Improvisation angesagt. Marcus Pollermann lotste sämtliche Gruppen per WhatsApp zu einem gemeinsamen Treffpunkt und änderte kurzerhand die Strecke. Da auch der Nassfeldpass gesperrt war, mussten wir einen 60 Kilometer langen Umweg zum Plöckenpass in Kauf nehmen. Dort war zu unserer Überraschung sehr wenig Verkehr, sodass wir bei viel Fahrspaß zügig wieder nach Norden gelangten. Deshalb schafften es alle Gruppen noch einigermaßen im Zeitplan über die Windische Höhe zum herrlichen Weißensee, dem höchst gelegenen Badesee in den Alpen. Bei warmem Spätsommerwetter ließen wir dort bei einem Eisbecher oder einem Topfenstrudel die ganze Woche Revue passieren. Wieder einmal durften wir mit schönstem spätsommerlichen Wetter eine sensationelle Woche in Kärnten verbringen. Wir haben einiges dazugelernt und neue Freundschaften geschlossen. Die Vorfreude auf 2022 ist schon jetzt riesengroß.
Wichtiges Erste-Hilfe-Training
Ein besonders großes „Merci“ gebührt dem Notfallsanitäter Stefan Rieger vom DRK, der erneut sehr spannend, kurzweilig und höchst informativ mit allen Gruppen die Themen Helmabnahme, Atemkontrolle, Herz-Lungen-Wiederbelebung, Anwendung eines Defibrillators, Herzdruckmassage, stabile Seitenlage und die Folgen von Gerinnungshemmern bei einem Unfall besprach und übte. Außerdem war es sehr beruhigend, dass er auf seinem Motorrad einen für alle Fälle bestens ausgestatteten Notfallrucksack dabeihatte. Sein Angebot einer täglichen „Sprechstunde“ für die unterschiedlichsten Wehwehchen musste in diesem Jahr von den Teilnehmern nur gelegentlich in Anspruch genommen werden. Die Durchführung täglicher Covid-19-Tests für einige Nichtgeimpfte waren hingegen sehr begehrt.
Abschluss-Abend
Am Freitagabend war das Gruppenfoto ein Muss. Anschließend bedankte sich Jochen Klima bei den Kolleginnen und Kollegen für ihre Teilnahme an MotorradTotal. Der Fahrlehrerverband Baden-Württemberg werde auch künftig sein besonderes Augenmerk auf qualifizierte Fortbildung richten. Ein herzliches Dankeschön ging auch an die Instruktoren Georg Rück, Max Schönwald, Robin Heinzelmann, Roland Nicolai, Sigrid Ferl, Torsten Lüth und Ulf Eckardt für ihren großartigen Job und an den Motorradreferenten Markus Pollermann. In seinen Dank schloss er außerdem unseren Notfallsanitäter Stefan Rieger, den Dipl.-Psychologen Horst Verheyden sowie den früheren Motorradreferenten und Autor dieser Zeilen Karl-Heinz Hiller ein.
Foto: Jochen Klima
Samstag, 25.09.21
Nach einem letzten reichhaltigen Kärntner Frühstück traten alle Beteiligten individuell ihre Heimreise an. Immer mehr unserer motorradbegeisterten Kolleginnen und Kollegen nutzten den Samstag und oft auch noch den Sonntag, um bei schönstem Wetter das Motorradjahr ausklingen zu lassen. Und alle waren sich einig: Wir sehen uns wieder im kommenden Jahr, wenn der Fahrlehrerverband Baden-Württemberg e.V. für September 2022 zum 39. MotorradTotal ins Trentino nach Tonadico einlädt.
KHH