EDITORIAL: Arbeitslos trotz Fahrlehrermangel?

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Juni/2022, Seite 309

Jochen Klima, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V.Liebe Leserinnen und Leser,

der heute landauf, landab herrschende Mangel an Fahrlehrer/-innen kann sich mit Beginn des Jahres 2024 noch verschärfen. Grund dafür ist die Bestimmung des § 69 Absatz 1 FahrlG, wonach Inhaber/-innen einer vor dem 01.01.2018 erteilten Fahrlehrerlaubnis ihre körperliche Eignung gemäß § 11 FahrlG spätestens bis 31.12.2023 nachweisen müssen. Dazu müssen sie der zuständigen FE-Behörde einen gültigen Führerschein der C- bzw. D-Klassen vorlegen oder alternativ den körperlichen Gesundheitszustand und die Sehkraft für den Erwerb einer Fahrerlaubnis der Klasse C1 mit ärztlichen Zeugnissen nachweisen (siehe auch FahrSchulPraxis 03/2022, S.124 f.).

Werden diese Nachweise nicht erbracht, ruht die Fahrlehrerlaubnis ab 01.01.2024 und der Fahrlehrerschein ist an die Behörde zurückzugeben. Nach § 54 Absatz 1 Nr. 3 FahrlG und der Begründung hierzu darf die Behörde in solchen Fällen lediglich eine Ausnahme für die Erteilung von theoretischem Fahrschulunterricht genehmigen. Hingegen ist praktische Ausbildung jeder Art ausgeschlossen. Im Klartext: Davon betroffene Kolleginnen und Kollegen dürfen zwar weiterhin uneingeschränkt Kraftfahrzeuge führen – auch mit Anhänger –, aber Fahrschüler der Klasse B auszubilden ist ihnen untersagt. Kurz, sie sind arbeitslos.

Der Gesetzgeber schoss hier weit über das Ziel hinaus. In Baden-Württemberg ist der Besitz des Klasse-C-Führerscheins seit vielen Jahren keine Voraussetzung für den Bestand der Fahrlehrerlaubnisse der Klassen A und BE. Und es gibt keinerlei Erkenntnisse über Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer, die infolge mangelnder Sehkraft beim Schulen Unfälle verursacht haben.

Liebe Mitglieder, Ihr Verband wird sich mit aller Kraft für eine Milderung dieser überzogenen Regelung einsetzen: Für den Bestand einer einmal erteilten Fahrlehrerlaubnis der Klassen BE und A muss auch künftig alle 5 Jahre der Nachweis der Sehkraft für den Erwerb der Klasse B und damit die Erfüllung der Vorgaben des § 12 in Verbindung mit Anlage 6 der Fahrerlaubnis-Verordnung genügen.

In diesem Sinne grüße ich Sie sehr herzlich
Ihr
Jochen Klima

Foto: Jochen Klima, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V.