Motorradschutzkleidung: Neue Auslegungshilfe kommt

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Juni/2022, Seite 406

Die seit 01.01.2021 geltende Neufassung der Prüfungsrichtlinien für die theoretische und praktische Fahrerlaubnisprüfung brachte umfassende Änderungen. Teil A der Prüfungsrichtline (praktische Prüfung) enthält unter Nummer 1.4.6 die Bestimmungen über Schutzkleidung für Bewerber um eine Fahrerlaubnis der Kraftradklassen.

Außer der Helmtragepflicht (§ 21a Absatz 2 StVO) besteht für Fahrer und Beifahrer von Motorrädern keine Vorschrift, eine bestimmte Schutzkleidung tragen zu müssen. In der Rechtsprechung ist jedoch eine Tendenz zu beobachten, schuldlos geschädigten Motorradfahrern wegen des Nichttragens von Schutzkleidung die Entschädigung zu kürzen (siehe FahrSchulPraxis 02/2010, Seite 82).

Für Fahrschüler ist Motorradkleidung Pflicht

Strenge Regeln gelten hingegen für Fahrschüler, die einen Führerschein der Klassen A, A1, A2 oder AM erwerben wollen. Sie dürfen ihre Fahrstunden und die praktische Prüfung gemäß Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) nur in voller Schutzkleidung absolvieren.

Woraus muss die Schutzbekleidung bei Ausbildung und Prüfung bestehen?

Die Motorradschutzbekleidung bei der praktischen Führerscheinprüfung und allen Ausbildungsfahrten der Klassen A, A1, A2 und AM besteht aus:

  • passendem Motorradhelm,
  • Motorradhandschuhen,
  • enganliegender Motorradjacke,
  • Rückenprotektor, falls nicht in Motorradjacke integriert,
  • Motorradhose,
  • Motorradstiefeln mit ausreichendem Knöchelschutz.

Seit 2019 gibt es eine Kennzeichnungspflicht für Motorradschutzkleidung mit einem Label in fünf Schutzklassen. Dabei steht „C“ für reinen Aufprallschutz (Protektoren), „B“ für reinen Abriebschutz und „A“ für Bekleidung mit Aufprall- und Abriebschutz. Letztere sollte als Mindeststandard angesehen werden. „AA“ und „AAA“ weisen eine höhere Schutzwirkung als „A“ aus. Zudem gibt es eine neue Prüfnorm für Schutzhelme (ECE-R-22.06), welche seit 2021 anwendbar und ab Juni 2023 verpflichtend ist.

Fahrlehrer ist für korrekte Ausrüstung verantwortlich

Der Fahrlehrer trägt bei der Ausbildung die Verantwortung und ist zu hoher Sorgfalt verpflichtet. So wurde entschieden, dass es die Aufgabe von Ausbildung ist, mehr zu vermitteln als das nach dem Gesetz absolut Notwendige. Nur mehrfacher Hinweis, beispielsweise auf das Tragen von Handschuhen, genügt jedenfalls bei einem Minderjährigen nicht (siehe FahrSchulPraxis 05/2012, Seite 268 f.).

Fahrlehrer und Fahrschulinhaber haften

Der Fahrlehrer darf die praktische Ausbildung nur durchführen, wenn sein Fahrschüler korrekte Schutzkleidung trägt. Weigert sich ein Fahrschüler, muss der Fahrlehrer die Fahrstunde absagen. Stürzt ein Fahrschüler, der keine oder nur eine unvollständige Schutzkleidung trug, haftet sowohl der Fahrlehrer als auch der Fahrschulinhaber für Verletzungen, die bei vorhandener Schutzkleidung nicht oder nur vermindert eingetreten wären (siehe ebenfalls FahrSchulPraxis 05/2012, Seite 268 f.).

Auslegungshilfe von BVF und TÜV-Verband wird überarbeitet

Die Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände e. V. (BVF) und der TÜV-Verband haben bereits im Jahr 2014 unter dem Titel „Die Anforderungen an die Motorradbekleidung und Prüfung“ eine Auslegungshilfe zu der oben genannten Bestimmung herausgegeben. Diese enthält Beispiele zum Thema, beantwortet Fragen und gibt Tipps. Sie hilft Fahrschulen, ihre Kunden auf die Anforderungen aufmerksam zu machen und ihnen beratend, z. B. für den Kauf der Schutzkleidung, zur Hilfe zu stehen. Die Auslegungshilfe ist allerdings etwas in die Jahre gekommen und entspricht nicht mehr in allen Teilen den heutigen gesetzlichen Vorgaben und Sicherheitsstandards. Der Arbeitskreis Zweiradausbildung der BVF hat sich mit dem Thema Schutzkleidung beschäftigt und wird demnächst eine aktualisierte Auslegungshilfe erarbeiten.

Ralf Nicolai