Bundesverwaltungsgericht zur Fortbildungspflicht: Inaktiver Fahrlehrer klagt vergebens
© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Februar/2008, Seite 68
Seit 1999 müssen Fahrlehrer mindestens alle vier Jahre an einer dreitägigen Fortbildung teilnehmen. Gilt diese Verpflichtung auch für Inhaber der Fahrlehrerlaubnis, die den Beruf nicht ausüben? Das Bundesverwaltungsgericht hat darüber im Oktober 2007 letztinstanzlich entschieden.
Kann der Inhaber eines vor Jahrzehnten erworbenen Fahrlehrerscheins, der den Beruf seit längerer Zeit nicht mehr ausgeübt hat und deshalb auch keine Notwendigkeit sah, an Fortbildungen teilzunehmen, ohne Weiteres wieder einsteigen? Diese Frage wird dem Fahrlehrerverband Baden-Württemberg e.V. immer wieder einmal gestellt.
Umtauschfrist endete am 31. Dezember 2002
Wenn solche Leute ihren in die Tage gekommenen Schein der Behörde zum Eintrag des Beschäftigungsverhältnisses vorlegen, ist das Erstaunen regelmäßig groß: Das Amt verweigert den Eintrag, weil der Fahrlehrerschein nicht mehr gültig ist. Nach § 17 Absatz 2 DV FahrlG hätten der rosarote oder graue Führerschein sowie der alte Fahrlehrerschein bis spätestens zum 31. Dezember 2002 umgetauscht werden müssen.
Fortbildung spätestens bis Ende 2000
Weiter legt das Amt dar, dass der/die Betroffene nach § 49 Absatz 15 FahrlG verpflichtet gewesen wäre, bis spätestens am 1. Januar 2001 die Teilnahme am Besuch eines Fortbildungslehrgangs nach § 33a FahrlG nachzuweisen. Und es kommt noch besser: Die Behörde setzt nicht nur eine Frist für die Vorlage der Fortbildungsbescheinigung, sondern droht ein Bußgeldverfahren wegen Verstoßes gegen die Fortbildungspflicht an.
Bußgeld und Widerruf drohen!
Nach Ziffer 8 des baden-württembergischen Bußgeld- und Maßnahmenkatalogs Fahrlehrerrecht ist dieser Verstoß mit einem Bußgeld von € 100 bis € 250 bedroht. Außerdem droht nach § 33 Absatz 4 FahrlG bei zweimaligem Verstoß gegen die Fristsetzung zur Vorlage einer Fortbildungsbescheinigung der Widerruf der Fahrlehrerlaubnis. Da die gesetzlichen Regelungen in diesem Punkt eindeutig sind, kann der Verband hier nicht helfen (siehe auch FahrSchulPraxis 12/2004, Seite 631, Jürgen Bauer, „Inaktive Fahrlehrer fragen: Muss ich auch zur Fortbildung?“).
Klage beim Verwaltungsgericht
Dies alles wollte sich ein Fahrlehrer aus Hessen nicht gefallen lassen. Er verweigerte solange die Teilnahme an der Fortbildung, bis die Behörde die Fahrlehrerlaubnis widerrief. Dagegen legte er Rechtsmittel ein. So landete der Fall zunächst beim VG Gießen und in zweiter Instanz beim VGH Kassel (Az.: VGH 2 UE 2799/06). Der VGH gab der Behörde in vollem Umfang recht. Die anschließende Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde vom 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) mit Beschluss vom 5. Oktober 2007 (Az.: BVerwG 6 B 42.07) endgültig abgelehnt. Somit ist das Urteil mittlerweile rechtskräftig.
Fortbildungspflicht gilt für alle Fahrlehrer!
In seiner Begründung führt das Gericht zunächst aus, dass eine Revision nicht zulässig sei, da sich die Rechtsfrage auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts mithilfe der Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten lasse. Die Regelung des § 33a FahrlG richte sich schon nach dem Wortlaut an „jeden“ Fahrlehrer, ohne danach zu unterscheiden, ob er gegenwärtig Fahrschüler ausbilde oder nicht.
Fortbildung im Interesse der Verkehrssicherheit
Das Gericht legt weiter dar, dass die Fahrlehrerlaubnis grundsätzlich auf Lebenszeit erteilt sei. Jeder Fahrlehrer könne somit selbst entscheiden, wann er aktiv Fahrschüler ausbilde und wann nicht. „Fehlt es dann an der notwendigen und gerade bei „inaktiven“ Fahrlehrern besonders wichtigen Auffrischung und Aktualisierung der Kenntnisse, besteht eine erhöhte Gefahr der Fehlausbildung und damit einhergehend für die Verkehrssicherheit.“
Kein Verstoß gegen das Grundgesetz!
Abschließend stellte das BVerwG noch fest, dass die Fortbildungsverpflichtung des § 33a FahrlG auch mit dem Grundgesetz (GG, Artikel 14. Absatz 1, „Schutz des Eigentums“) in Einklang steht. Die Fahrlehrerlaubnis sei nicht das Eigentum des Fahrlehrers, sondern beträfe lediglich sein Vermögen, indem sie durch die Erlaubnis zur Ausbildung von Fahrschülern eine Chance zur Erwirtschaftung von Vermögenswerten eröffne. Die Auferlegung einer Fortbildungsverpflichtung stelle deshalb lediglich eine Berufsausübungsregelung dar, die am Maßstab des Artikels 12 GG („Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden“) zu messen sei.
„Rentnerregelung“ in Baden-Württemberg
Es ist ein verständlicher Wunsch vieler älterer, nicht mehr tätiger Kollegen, den Fahrlehrerschein behalten zu dürfen und trotzdem nicht den Belastungen der vierjährigen Fortbildungsverpflichtung zu unterliegen. Das damalige Umwelt- und Verkehrsministerium (heute Innenministerium) erließ deshalb auf entsprechendes Vorbringen des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V. bereits im Jahr 2000 folgende „Rentnerregelung“ (siehe FahrSchulPraxis Juli 2000, Seite 369): „Inaktive“ Fahrlehrer können (ohne an den vorgeschriebenen Fortbildungen teilzunehmen, Red.), sofern sie mindestens 65 Jahre alt sind, den Fahrlehrerschein behalten, wenn Sie die Fahrschulerlaubnis und alle Beschäftigungsverhältnisse aus dem Fahrlehrerschein austragen lassen. Diese praktikable Lösung hat sich in den vergangenen Jahren im „Ländle“ bestens bewährt.
Jochen Klima