Ausbildungstransparenz: Diagrammkarte schafft Klarheit und Vertrauen
© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Juni/2008, Seite 344
Wo stehe ich? Wie viele Fahrstunden brauche ich noch? Wann kann ich zur Prüfung? Wenn auf solche Fragen wachsweiche Antworten folgen, steigt der Fahrschüler frustriert aus dem Auto. Ganz anders hingegen, wenn der Fahrlehrer den momentanen Ausbildungsstand verständlich darlegt und eine einleuchtende Diagnose über den weiteren Verlauf abgibt. Wer darin firm ist, hat im heutzutage harten Wettbewerb der Fahrschulen die Nase vorn. Für die praktische Ausbildung sind dabei die Ausbildungsdiagrammkarten der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände (BVF) ein bewährtes Hilfsmittel.
Bei der Verbandsgeschäftsstelle in Korntal gehen immer wieder Beschwerden von Fahrschülern und Eltern ein. Man werde vom Fahrlehrer angemotzt, veralbert oder sogar beleidigt, heißt es da. Wieder andere klagen, der Fahrlehrer mache während der Fahrstunden Besorgungen oder telefoniere am laufenden Band. Am meisten aber ärgern sich die Kunden, wenn sie ihr Fahrlehrer über den Ausbildungsstand im Unklaren lässt.
Jugendliche fordern Ausbildungstransparenz
Junge Menschen wollen wissen, wo es lang geht. Unsere offene Gesellschaft ermutigt sie von Kindheit an, Fragen zu stellen. Und das ist gut so. Junge Leute wollen kein Wischiwaschi, sondern möglichst präzise Antworten. Sie stöbern im Internet neugierig nach Bloggern, die sich über ihre Erfahrungen mit ihrer Fahrschule äußern. Dabei lernen sie, wie ihresgleichen Fahrlehrer beurteilen. Vieles davon mag subjektiv sein, doch es enthält immer auch Aussagen über die empfundene Kompetenz ihres Fahrlehrers. „Meiner ist ein Ignorant“, liest man da unter anderem. „Als ich fragte, wann ich das erste Mal auf die Autobahn darf, schnauzte er, ‘das erfährst du, wenn es so weit ist!’“
Diagrammkarte macht Dokumentation leicht
Wer seinen Schülern anhand eines übersichtlich strukturierten Ausbildungsdiagramms präzise Informationen über den jeweils aktuellen Ausbildungsstand geben kann, kommt der erwähnten Fragen wegen nicht in Verlegenheit. Ist der Fahrlehrer bereit, seine Diagnose offen mit dem Schüler zu erörtern, wird er die Erfahrung machen, dass die heutigen Kunden häufig über eine sehr realistische Selbsteinschätzung verfügen und ihre Schwächen erstaunlich gut erkennen.
FahrschAusbO: Ausbildungsplan und -dokumentation
Paragraf 5 der Fahrschüler-Ausbildungsordnung (FahrschAusbO) verlangt von den Fahrschulen, für den praktischen Unterricht einen gegliederten, systematisch aufgebauten Ausbildungsplan zu erstellen. Der Ausbildungsplan hat sich inhaltlich an den Anlagen zur FahrschAusbO zu orientieren und logischerweise haben sich Inhalte und Abfolge des Unterrichts danach zu richten.
Ebenso ist vorgeschrieben, dass der Fahrlehrer den jeweiligen Ausbildungsstand durch Aufzeichnungen zu dokumentieren hat. Die Dokumentation soll erkennen lassen, welche Inhalte behandelt wurden. Ob der Fahrlehrer dafür die Ausbildungs-Diagrammkarte des Curricularen Leitfadens (siehe Abbildung unten) oder ein von ihm selbst erdachtes Hilfsmittel verwendet, ist nicht geregelt und ihm somit freigestellt.
Diagrammkarte unterliegt nicht der Aufbewahrungspflicht
Die Dokumentationen müssen nach Abschluss der Ausbildung nicht aufbewahrt werden. Sie müssen aber bei der Fahrschulüberwachung für die in Ausbildung befindlichen Schüler vorgelegt werden können. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift wird gemäß Nr. 4b des baden-württembergischen Bußgeld- und Maßnahmenkatalogs Fahrlehrerrecht mit einem Bußgeld zwischen Euro 50 und 1.000 geahndet.
Klare Dokumentation hilft vor Gericht
Unlängst musste ein Fahrlehrer sein Guthaben bei Gericht einklagen. Die Eltern einer Fahrschülerin weigerten sich zu zahlen, weil sie der Meinung waren, der Fahrlehrer habe ihre Tochter mit zu vielen unnötigen Fahrstunden abgezockt. Der Kollege obsiegte, weil aus der dem Gericht vorgelegten Diagrammkarte schlüssig hervorging, wie bescheiden die Lernfortschritte der Tochter waren. Deshalb spricht einiges dafür, die Diagrammkarten auch noch einige Zeit nach Beendigung der Ausbildung aufzubewahren.
Eltern haben oft falsche Vorstellungen
Die Erziehungsberechtigten der Fahrschüler sind in der Regel zwischen vierzig und fünfzig Jahre alt und haben den Führerschein seit 25 oder noch mehr Jahren in der Tasche. Die damals durchschnittlich benötigte Anzahl von Fahrstunden lag deutlich unter der heutigen. Wenn die Eltern oder Dritte die Ausbildung bezahlen, sollte der Fahrlehrer auch ihnen gegenüber um Ausbildungstransparenz besorgt sein. Auch dabei leisten ein präziser Ausbildungsplan und eine übersichtliche Diagrammkarte wertvolle Hilfe. Noch überzeugender kann es sein, die Eltern zu einer Fahrstunde einzuladen und so eine Kostprobe moderner Fahrausbildung „erfahren“ zu lassen.
Jochen Klima
Ausbildungsdiagrammkarte aus dem Curricularen Leitfaden Pkw:
Frontseite
Rückseite