Ausbildungsbescheinigungen: Wie lange gelten sie? (2005/12)

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Entnommen aus Ausgabe Dezember/2005, Seite 632

Die von der Fahrschule auszustellende Ausbildungsbescheinigung wird in zwei Verordnungen angesprochen: Die Fahrschüler-Ausbildungsordnung regelt, von wem und worüber die Bescheinigung auszustellen ist. Die Fahrerlaubnisverordnung regelt, was mit der Ausbildungsbescheinigung zu geschehen hat. Beide Regelungen müssen im Zusammenhang gesehen werden, um die in der Überschrift gestellte Frage zu beantworten. 

Ausbildungspflicht und Ausbildungsbescheinigung

Seit 1. November 1986 sind Führerscheinbewerber in Deutschland verpflichtet, am theoretischen und praktischen Unterricht einer Fahrschule teilzunehmen. Zugleich wurde den Sachverständigen aufgetragen, sich vor Beginn der Fahrprüfung anhand der von der Fahrschule auszustellenden Ausbildungsbescheinigung davon zu überzeugen, dass der Kandidat am vorgeschriebenen Unterricht teilgenommen hat (§§ 16 und 17 FeV). Die Regelung entspricht denen vergleichbarer Ausbildungsbereiche.

Gültigkeit der Bescheinigung ist befristet

In verschiedenen Vorschriften kommt zum Ausdruck, dass die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Regel anzunehmen ist, wenn einem Betroffenen das Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr als zwei Jahre untersagt war. So wird beispielsweise die Fahrerlaubnis nach einer Entziehung in der Regel prüfungsfrei neu erteilt, wenn seit der Entziehung nicht mehr als zwei Jahre vergangen sind. Bei den befristeten Fahrerlaubnissen für Lkw- und Busfahrer gilt ebenfalls die Regelung, dass sie prüfungsfrei verlängert werden, wenn seit Ablauf der Gültigkeit nicht mehr als zwei Jahre vergangen sind. Es lag deshalb nahe, auch für die Gültigkeit der Ausbildungsbescheinigung eine Frist von zwei Jahren festzulegen. Deshalb regelt § 16 der FeV, dass das Ausstellungsdatum der Bescheinigung am Tag der Prüfung nicht mehr als zwei Jahre zurückliegen darf.

Wer muss die Bescheinigung ausstellen?

Die Bescheinigung auszustellen, gehört zu den gesetzlichen Pflichten des Fahrschulinhabers oder des verantwortlichen Leiters des Fahrschulbetriebs (§ 6 Abs. 2 Fahrschüler-Ausbildungsordnung). Sie müssen nicht jede Bescheinigung selbst unterschreiben, sondern können einen vertrauenswürdigen Mitarbeiter der Fahrschule damit beauftragen. Das kann besonders bei urlaubs- oder krankheitsbedingter Abwesenheit von Bedeutung sein (siehe Schreiben des Umwelt und Verkehrsministeriums Baden-Württemberg, nachzulesen in der FPX, Ausgabe 04/2004, Seite 178), weil sonst vielleicht Fahrschüler die Prüfung nicht ablegen könnten. In jedem Fall muss jedoch der Fahrschulinhaber für die Richtigkeit der Bescheinigungen geradestehen.

Muster sind vorgegeben

Paragraf 6 der Fahrschüler-Ausbildungsordnung regelt, dass die Bescheinigung den Mustern der Anlagen 7.1 bis 7.3 zur Fahrschüler-Ausbildungsordnung entsprechen muss. Die Vorschrift verlangt auch, dass die Bescheinigung nach Abschluss der Ausbildung ausgestellt werden muss. Damit wird deutlich, dass sie nicht irgendwann, etwa Monate später, ausgestellt werden darf. Wird die Ausbildung nicht abgeschlossen, sind dem Fahrschüler die tatsächlich durchlaufenen Ausbildungsteile schriftlich zu bestätigen. Dafür können ebenfalls die genannten Formulare verwendet werden. Wurden die in der Fahrschüler-Ausbildungsordnung geforderten Unterrichte nicht im vollen Umfang absolviert, ist in der Rubrik „Abschluss der Ausbildung“ das Nein-Kästchen anzukreuzen.

In der FahrSchulPraxis wurde bereits mehrfach darüber berichtet, dass der Fahrschüler ein Anrecht auf die Ausbildungsbescheinigung hat. Händigt ein Fahrschulinhaber / verantwortlicher Leiter die Bescheinigung dem Fahrschüler nicht aus, handelt er ordnungswidrig.

Beispiele aus der Praxis

Bernd F. meldete sich am 15.01.2004 zur Ausbildung Klasse B in der Fahrschule an. Er kommt regelmäßig zum Unterricht. Am 04.03.2004 hatte er mit der 14. Lektion den vorgeschriebenen theoretischen Unterricht absolviert. Mit der am 05.03.2004 ausgestellten Ausbildungsbescheinigung kann er bis zum 04.03.2006 die theoretische Prüfung ablegen. Allerdings muss er beachten, dass die Prüfstelle seinen Prüfungsauftrag an die Fahrerlaubnisbehörde zurückgeben muss, wenn er die theoretische Prüfung nicht binnen eines Jahres seit Eingang des Auftrags bei der Prüfstelle besteht. Zwar ist dann sein Antrag nicht verfallen; die Behörde müsste lediglich einen neuen Prüfauftrag erteilen. Sollte Bernd jedoch bis zum 04.03.2006 die theoretische Prüfung nicht bestanden haben, müsste er erneut den gesamten Unterricht besuchen.

Bei Gustav dauert’s länger

Gustav S. meldete sich zusammen mit Bernd in der Fahrschule an. Doch Gustav bummelt. Mit dem theoretischen Unterricht beginnt er erst am 22.04.2004. Die weiteren Lektionen besucht er nur in größeren Abständen. Am 14. Oktober 2004 hat er die 12 Doppelstunden Grundstoff endlich geschafft. Bei den Vortests erzielt er inzwischen akzeptable Ergebnisse. Ihm fehlt nur noch der Zusatzstoff, dann könnte er zur theoretischen Prüfung angemeldet werden. Anfang Januar 2005 taucht er wieder in der Fahrschule auf und erfährt, dass der Zusatzstoff am 15. und 18. Februar unterrichtet wird, wozu er erscheint. Die Ausbildungsbescheinigung trägt das Datum 19.02.2005. Mit dieser Bescheinigung kann er bis zum 19.02.2007 die theoretische Prüfung ablegen, vorausgesetzt sein Prüfauftrag ist noch vorhanden.

Ausbildung wird abgebrochen

Fritz E. beginnt im Januar 2004 die Ausbildung für die Klasse B. Er kommt regelmäßig zum Unterricht. Am 15. Juni wird er 18 Jahre alt. Am 17. März legt er die theoretische Prüfung mit null Fehlerpunkten ab. Auch die praktische Ausbildung verläuft zunächst nach Plan. Anfang Mai ist er fast fertig ausgebildet. Die praktische Prüfung ist für den 20. Mai geplant. Autobahn und Überlandfahrten sind geschafft; die Nachtfahrten für den 12. Mai geplant. Am 11. Mai erleidet Fritz einen schweren Betriebsunfall - mehrmonatiger Krankenhausaufenthalt. Wieder zu Hause, hat er zunächst keine Lust zum Autofahren. Erst im Juli 2006 entschließt sich Fritz, die begonnene Ausbildung zu Ende zu bringen. Jetzt stellt sich die Frage, ob die bereits absolvierte Ausbildung, insbesondere die Sonderfahrten, angerechnet werden können. Dies ist, so erfährt er von der Fahrschule, nicht der Fall. Die Ausbildung hatte Fritz am 12. Mai 2004 abgebrochen. Deshalb hatte er zu diesem Zeitpunkt Anspruch auf eine Bestätigung der bereits absolvierten Ausbildungsteile. Dieser Zeitpunkt liegt aber mehr als zwei Jahre zurück. Deshalb können die Ausbildungsteile auch nicht mehr angerechnet werden. Außerdem hat die bestandene theoretische Prüfung ihre Gültigkeit verloren, da seither schon mehr als 12 Monate vergangen sind. Deshalb muss Fritz auch die theoretische Ausbildung und Prüfung wiederholen.

Pjt

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