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439 EDITORIAL: Eine Marke – ein Versprechen
442 Aktuelle News: Der Komparativ von "automatisch" / Der umgekehrte Tannenbaum
444 Fahreignung – Beurteilung durch Fahrlehrer?
446 Verstöße gegen das BKrFQG – Neu: Buß- und Verwarnungsgeldkatalog
454 Ralf Schütze unterwegs für FPX: Warum Wörth eine Reise wert ist
472 Gerichtsurteile: (2322) Feststellung eines Rotlichtverstoßes / (2321) Atemalkoholmessung ist freiwillig / (2320) Zweifelhafte Fahrverbotserhöhung / (2319) Arbeit trotz Arbeitsunfähigkeit / (2318) Verzicht auf Sachverständigengutachten / (2317) Klageverzicht im Aufhebungsvertrag
Ralf Schütze unterwegs für FPX: Warum Wörth eine Reise wert ist

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe August/2015, Seite 454
Fotos: Ralf Schütze
Warum kommen Jahr für Jahr viele Fahrlehrer aus ganz Deutschland zu Mercedes nach Wörth am Rhein? Ist es das weltgrößte Lkw-Werk, das mit rund 12.000 Mitarbeitern täglich fast 500 neue Brummis vom Band wirft? Ist es Neugier, der Blick hinter die imposante Industriekulisse? Nein, die Verkehrspädagogen nehmen an dem seit 1978 etablierten Fortbildungsseminar der Klasse CE des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg teil. Und sie kommen von weit her, von Sylt, Hannover, Erding in Bayern oder Helbra in Sachsen-Anhalt. Weil es sich für sie lohnt! Unter den 6 x 24 Teilnehmern pro Jahr sind viele Wiederholungstäter. Warum? Eine Teilnahme am dreitägigen Seminar erklärt das.
Dynamische Lkw-Technik
„Ich nehme wieder unheimlich viel von hier mit, war deshalb schon oft hier bei der Fortbildung in Wörth. In der Regel komme ich freiwillig sehr gerne alle zwei Jahre, also unabhängig von § 33." So wie Fahrlehrer Mario Briese, der in Mayen in der Eifel eine Fahrschule für alle Klassen betreibt, geht es vielen der 24 Teilnehmer im heißen Juli 2015 bei der CE-Fortbildung in Wörth. Sie kommen oft, sie kommen immer wieder und sie profitieren nach eigenen Aussagen extrem von den drei Seminartagen unter Kollegen. Gerade die Technik sei sehr wichtig in der Ausbildung. Und besonders in diesem Punkt könne man sich durch eine solche Fortbildung auf dem Laufenden halten. Briese: „Die Lkw-Technik verändert sich schnell, und wenn man in diesem Bereich Geld verdienen will, muss man sich ständig weiterbilden. Dafür ist diese Fortbildung ideal."
Klimatische Wechselbäder
Die Fahrlehrerfortbildung der Klasse CE läuft von Montag bis Mittwoch. Bei diesem Seminar Anfang Juli bringt der Dienstag die Härteprobe: Zwei Gruppen lernen im klimatisierten Raum des Mercedes-Benz Kundencenters bei Thomas Fritz von der Verkehrspolizei Esslingen viel Wissenswertes über die digitalen Kontrollgeräte. Während die eine Gruppe gleichzeitig vormittags auf dem Freigelände praktische Übungen im vollbeladenen 40-Tonnen-Lkw Mercedes Actros 18430 absolviert, ist die andere Gruppe nachmittags im Freien dran – bei rund 35 Grad im Schatten. Entsprechend nassgeschwitzt kommen die zwölf Teilnehmer nach der Seminarteilung zum abschließenden Erfahrungsaustausch dieses Tages wieder in den kühlen Raum zurück, aber trotzdem sind alle voll bei der Sache. Man spürt in jeder Frage und in jeder Reaktion auf die kompetenten und praxisnahen Antworten von Thomas Fritz: Die Fortbildung bringt unheimlich viel. Das kann Hermann Sieverding aus Vechta bei Bremen nur bestätigen: „Ich bin zum ersten Mal hier. Mein Chef hat die Fortbildung vor zwei Jahren absolviert und war begeistert. Jetzt kriege ich im August einen neuen Actros und möchte genau wissen, wie der funktioniert. Ich habe zwar von der modernen Lkw-Technik sowie von den rechtlichen Inhalten schon viel gewusst, aber hier kann man alles noch gezielt vertiefen."
Wirtschaftliches Fahren
Das Seminar startet am Montag mit einem Theorieblock, in dem es um die neueste Fahrzeugtechnik geht. Schlagwörter wie „FleetBoard" oder die „Predictive Powertrain Control" (PPC) bringen den Fahrlehrern wertvolle Erkenntnisse zum wirtschaftlichen Fahren mit modernen Lkw. Dabei geht es auch um Didaktik: Wie motiviere ich meine Schüler, wie lehre ich sie, umweltschonend und wirtschaftlich zu fahren? Hubert Graf, Fahrlehrer in Erding, ist gerade von diesen Seminarinhalten sehr angetan: „Das hat meine Erwartungen voll übertroffen. Die neue Technik war für mich entscheidend für die Teilnahme an dieser Fahrlehrerfortbildung. Jetzt bin ich hier den neuen Actros gefahren, und die Erkenntnisse aus Theorie und Praxis sind echt Wahnsinn. Vor allem der richtige Umgang mit PPC war für mich sehr interessant." Das angesprochene System integriert eine an die Topografie der Straße angepasste Fahrweise in die Schaltautomatik und spart so bis zu 5 Prozent Kraftstoff. Gestärkt durch den theoretischen Hintergrund konnten die Seminarteilnehmer in den praktischen Fahrübungen und vor allem im Realverkehr die Vorteile von PPC offenbar optimal ausschöpfen.
Versierte Instruktoren
In jeder Phase des Seminars spürt man: Das profunde Fachwissen der Instruktoren und ihre Art der Vermittlung löst Begeisterung aus. Bei den praktischen Fahrübungen zum Beispiel verriet Christoph Gruler, Fahrlehrer und Instruktor des Verbandes: „Wir entwickeln diese Übungen im Brainstorming und nehmen immer wieder neue dazu, damit regelmäßige Teilnehmer nicht mehrmals dasselbe machen." Fahrlehrer Wolfgang Fischer, Nutzfahrzeugreferent des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg, hat mittlerweile rund 30 solcher Fortbildungen hinter sich. Nach seiner Erfahrung ist das Fahren der wertvollste Seminarteil, denn: „Manche Fahrlehrer kommen kaum dazu, selbst am Steuer zu sitzen. Oder sie fahren immer nur teilbeladene oder leere Lkw. Hier sind die Fahrzeuge vollbeladen, und die Fahrdynamik eines 40-Tonners ist schon etwas Besonderes." Die detaillierten Inhalte richten sich laut Fischer stark nach den Fragen und Wünschen, die die Teilnehmer zu Beginn äußern: „Wir legen zu Beginn einen Themenspeicher an. Den versuchen wir während der drei Tage abzubauen und so möglichst jedem gerecht zu werden." Dies schlug sich zum Beispiel darin nieder, dass Thomas Fritz sehr viel zu den Lenk- und Ruhezeiten und den vielen Ausnahmeregelungen dazu referierte. Vor allem konnte er stets kompetent Fragen beantworten, die die Fahrlehrer aus ihrer Ausbildungspraxis mitgebracht hatten oder die sich durch die behandelten Inhalte ergaben.
Fahrpraktisches
„Und jetzt das Gas mal leicht anlegen, hopp! Und nachschieben, nachschieben. Sonst wird das Fahrzeug langsamer und dann schaltet er zurück. Und durch Gasgeben können wir das vermeiden. Schalten Sie mal um auf Limiter." Mit hoher Kompetenz und didaktischem Geschick agiert in Wörth Mercedes-Instruktor Cesar Goncalves unter anderem bei den Fahrübungen auf dem Gelände. Als Kfz-Meister kennt er sich in der Technik bestens aus; mit der Erfahrung zahlreicher Eco-Trainings weiß er, wie man in der Fahrlehrer-Fortbildung hohe Wirkung erzielt. Bei den praktischen Fahrübungen bekommen die Fahrlehrer direkt Rückmeldung zum richtigen Umgang mit PPC oder dem Limiter und können sofort aus ihren eigenen Fehlern lernen. Regelrecht begeistert davon war im Juli-Seminar Michael Wittler aus dem westfälischen Hamm: „Das Fahren hat richtig viel gebracht und macht sehr viel Spaß. Der Technikhintergrund vom ersten Tag war sehr hilfreich dabei. Es ist sehr schwer, hier auf neuestem Stand zu sein. Mir persönlich war zwar vieles bekannt, aber der Einsatz in der Fahrpraxis ist nochmal was anderes – vor allem zu sehen, wie die vernetzten Systeme zusammenarbeiten."
Networking am Abend
Vernetzung oder neudeutsch „Networking" fand auch statt. Jeweils abends im Seminarhotel. Die Fahrlehrer aus allen Teilen Deutschlands genossen es sichtlich, sich mit Kollegen aus anderen Bundesländern auszutauschen. Da gibt es auch so manche Aha-Erlebnisse wie tagsüber bei den praktischen Fahrübungen, und viele Anregungen für die eigene Arbeit werden mit nach Hause genommen. Das empfand zum Beispiel Jörg-Martin Kuntze aus Sarstedt bei Hannover so: „Der Austausch mit Kollegen aus ganz Deutschland ist wirklich gut und wertvoll. Man erfährt viel darüber, wie's woanders zugeht. Bei der Fahrzeugtechnik hat mich vor allem der einstellbare Abstandsregeltempomat beeindruckt. Ist zwar zuerst ein wirklich komisches Gefühl. Aber wenn man sich mal dran gewöhnt hat, will man nicht mehr drauf verzichten." Wie auch nicht auf die Erkenntnisse aus drei Tagen erstklassiger CE-Fahrlehrerfortbildung in Wörth am Rhein. – Es wäre keine Überraschung, wenn viele der 24 Teilnehmer viel früher als in vier Jahren wieder mit dabei wären.