Gerichtsurteile

"Wer Recht hat, muss nicht 
immer auch sein Recht bekommen".

Diese Weisheit ist allgemein bekannt. Bevor man sich auf einen aufwendigen Rechtsstreit einlässt, können ähnlich gelagerte Fälle nachgelesen werden.

Deshalb veröffentlichen wir regelmäßig in unserer Fachzeitschrift FahrSchulPraxis interessante Gerichtsurteile aus dem Juristischen Literatur-Pressedienst (jlp), der Deutschen Anwaltshotline (www.deutsche-anwaltshotline.de), dem D.A.S. Presseservice und den juristischen Info-Portalen www.kostenlose-urteile.de sowie www.rechtsindex.de, die wir hier an dieser Stelle auch den Besuchern unserer Internetpräsenz gerne zur Verfügung stellen.

Das Urteil:

(2370) Vorsätzliche Missachtung des Geschwindigkeitslimits

Wann fährt man mit Wissen und Wollen, also vorsätzlich, zu schnell? Wann liegt als Schuldform nur Fahrlässigkeit vor? Das hängt von der inneren Einstellung des Fahrers ab, die nur der betroffene Fahrer selbst kennt. Der Richter kann aber aus äußeren Umständen der Tat, den sog. Indizien, Schlüsse ziehen. Dazu ein im Mai 2016 ergangenes Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm.

Der Fall 

Der 55-jährige Betroffene überschritt bei einem Überholmanöver die innerörtliche zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 28 km/h. Dabei wurde sein Fahrzeug von der Polizei mittels einer Lasermessung erfasst und so die Geschwindigkeitsüberschreitung festgestellt.

1. Instanz 

Das Amtsgericht Höxter ahndete den Verstoß mit einem Bußgeld von 300 Euro (Urteil vom 01.03.2016, Az. 11 OWi 301/15) und verhängte damit eine Geldbuße, die deutlich über dem im Bußgeldkatalog für derartige Geschwindigkeitsüberschreitungen vorgesehenen Betrag von 100 Euro liegt. Dabei ging das Amtsgericht von einer vorsätzlichen Begehung aus und berücksichtigte zu Lasten des Betroffenen zudem seine Voreintragungen. Dagegen legte dieser Rechtsbeschwerde beim OLG Hamm ein.

Die Entscheidung des OLG 

Die vom Betroffenen gegen seine Verurteilung eingelegte Rechtsbeschwerde hat das Oberlandesgericht Hamm mit Beschluss (4 RBs 91/16) als unbegründet verworfen. Der Betroffene sei, so der 4. Senat, zu Recht wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt worden.

Vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung

Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung handele vorsätzlich, wer die Geschwindigkeitsbeschränkung kenne und bewusst dagegen verstoße. Der Grad der Überschreitung könne ein starkes Indiz für vorsätzliches Handeln sein, wobei es auf das Verhältnis zwischen der gefahrenen und der zulässigen Geschwindigkeit ankomme.

Gericht: 40% über der zulässigen Höchstgeschwindigkeit begründet vorsätzliches Handeln 

Insoweit gehe der Senat – in Übereinstimmung mit anderer obergerichtlicher Rechtsprechung – von dem Erfahrungssatz aus, dass einem Fahrzeugführer die erhebliche Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit aufgrund der Fahrgeräusche und der vorüberziehenden Umgebung jedenfalls dann nicht verborgen bleibe, wenn er die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 Prozent überschreite. So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Dem Betroffenen sei die innerorts zulässige Geschwindigkeit aufgrund der örtlichen Beschilderung bekannt gewesen. Im Zeitpunkt der polizeilichen Kontrolle habe er sie – zudem ein anderes Fahrzeug überholend – um mehr als 50 Prozent überschritten. Allein dieser Umstand rechtfertige die Annahme eines vorsätzlichen Verstoßes, den der Tatrichter nicht mit weitergehenden Feststellungen begründen müsse.

OLG Hamm, Beschluss vom 10.05.2016
Az. 4 RBs 91/16

Quelle: www.rechtsindex.de

 

 

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