Gerichtsurteile

"Wer Recht hat, muss nicht 
immer auch sein Recht bekommen".

Diese Weisheit ist allgemein bekannt. Bevor man sich auf einen aufwendigen Rechtsstreit einlässt, können ähnlich gelagerte Fälle nachgelesen werden.

Deshalb veröffentlichen wir regelmäßig in unserer Fachzeitschrift FahrSchulPraxis interessante Gerichtsurteile aus dem Juristischen Literatur-Pressedienst (jlp), der Deutschen Anwaltshotline (www.deutsche-anwaltshotline.de), dem D.A.S. Presseservice und den juristischen Info-Portalen www.kostenlose-urteile.de sowie www.rechtsindex.de, die wir hier an dieser Stelle auch den Besuchern unserer Internetpräsenz gerne zur Verfügung stellen.

Das Urteil:

(2437) Was ist Schrittgeschwindigkeit in km/h?

Der Fall   Ein Autofahrer fuhr im November 2015 in einem verkehrsberuhigten Bereich mit einer Geschwindigkeit von 42 km/h. Das Amtsgericht Weißenfels sah darin eine fahrlässige Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 27 km/h und verhängte die Regelgeldbuße von 100 €. Das Gericht ging davon aus, dass angesichts der örtlichen Gegebenheit und dem Grad der Gefährdung Schrittgeschwindigkeit mit maximal 15 km/h zu beziffern sei.

Rechtsbeschwerde   Gegen diese Entscheidung legte die Staatsanwaltschaft Rechtsbeschwerde mit der Begründung ein, Schrittgeschwindigkeit lasse höchstens 11 km/h zu. Der Autofahrer habe die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 31 km/h überschritten, was zu einer Regelgeldbuße von 160 € und einem Regelfahrverbot von einem Monat führen müsse.

Das Urteil   Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt entschied zu Gunsten der Staatsanwaltschaft und hob die Entscheidung des Amtsgerichts auf. Eine Geschwindigkeit von mehr als 10 km/h könne nach dem Wortsinn nicht mehr als Schrittgeschwindigkeit angesehen werden. Bei einem Tempo von 15 km/h wäre ein Teilnehmer des Berlin Marathon 2016 mit einer Zeit von ca. 2 Stunden und 50 Minuten unter den besten 4 Prozent der Läufer gewesen. Eine solche Geschwindigkeit könne damit nicht mehr als Schrittgeschwindigkeit bezeichnet werden. Zudem lasse sich eine Überschreitung von 10 km/h am Autotacho feststellen. Auch könne jeder Autofahrer dieses Tempo problemlos einhalten. Der Begriff „Schrittgeschwindigkeit” könne nicht je nach örtlicher Gegebenheit oder dem Grad der Gefährdung unterschiedliche Geschwindigkeiten bezeichnen.

Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt
– Beschluss vom 21.03.2017 – Az. 2 Ws 45/17

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