EDITORIAL: Mehr Fortschritt wagen...
Liebe Leserinnen und Leser,
auf Seite 504 dieser Ausgabe der FahrSchulPraxis finden Sie einen Überblick zu der am 1. September 2023 in Kraft getretenen Neufassung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV). Die Bundesregierung begründet den Neuerlass mit der Notwendigkeit, die internetbasierte Fahrzeugzulassung (i-Kfz), also das Verwaltungsverfahren für die Zulassung von Kraftfahrzeugen und Anhängern für Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft und Verwaltung effizienter und weniger zeitaufwendig zu gestalten. Und – man höre und staune: Die neue FZV soll die Digitalisierung der Verwaltung ganz allgemein vorantreiben.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Es ist ja erfreulich, dass Fahrzeuge nun hoffentlich bald und überall online zugelassen, um- oder abgemeldet werden können. Aber um das laut Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen!“ der Ampel angestrebte Ziel „einer umfassenden Digitalisierung der Verwaltung voranzubringen, um das Leben für die Bürgerinnen und Bürger leichter zu machen”, ist die neue FZV noch viel zu wenig. Die Digitalisierung der Verwaltung geht viel zu zögerlich voran. Allein für unsere Branche stellen sich dazu folgende Fragen:
1. Warum kann nur bei wenigen der 44 Führerscheinstellen in Baden-Württemberg der Fahrerlaubnisantrag online gestellt werden? Warum sind dafür auch heute noch zeitraubende Behördengänge mit persönlichem Erscheinen, mit von Hand auszufüllenden Antragsformularen und mit manchmal sehr umständlichen Terminvereinbarungen und mit langem zeitlichen Vorlauf erforderlich?
2. Warum gibt es in Deutschland nicht schon längst den digitalen Führerschein fürs Handy? Die Tatsache, dass die Prüforganisationen unzählige Führerscheine aufbewahren und gemäß den Vorgaben der FeV zur Vorort-Aushändigung nach der praktischen Prüfung durchs Land karren muss, ist äußerst umständlich und passt nicht mehr in unsere Zeit. Die verplemperte Digitalisierung der Verwaltung ist auch einer der Gründe, weshalb der TÜV aus Sicht der Fahrschüler/-innen und Fahrschulen für die Planung von praktischen Prüfungen so unglaublich lange Bestell- und Stornofristen benötigt.
Für Punkt 1 sollte das Land Dampf machen, dafür braucht man den Bund nicht. Für Punkt 2 gibt die neue FZV vielleicht Impulse, auch hier schneller voranzukommen. Beides wären jedenfalls notwendige Schritte, um die Verwaltung zu einem – wie im Koalitionsvertrag vollmundig angekündigt – Verbündeten der Wirtschaft zu machen. Es ist noch viel zu tun – aber bitte nicht im vordigitalen Tempo.
In diesem Sinne grüße ich Sie sehr herzlich
Ihr
Jochen Klima
Foto: Jochen Klima, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V.
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