30.06.2023© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Juni 2023, Seite 322

Verbandstag 2023: 450 kamen nach Pforzheim

Der Fahrlehrerverband Baden-Württemberg e.V. hatte für 22. April 2023 zu seiner jährlichen Hauptversammlung in das CongressCentrum nach Pforzheim eingeladen. Die Versammlung war gut besucht. Sie glänzte u. a. mit einer großartigen Fachausstellung, an der sich 34 für Fahrschulen bedeutsame Unternehmen, Hersteller und Dienstleister beteiligten. Die Firmen trafen auf lebhaftes Interesse der Mitglieder

 

Nach Eröffnung des internen Teils der 73. ordentlichen Mitgliederversammlung und der Begrüßung der Mitglieder und Gäste durch den Vorsitzenden Jochen Klima nahm das Gedenken der seit der letzten Hauptversammlung Verstorbenen Mitglieder den ersten Platz ein.

 

Den Jahresbericht des Vorstandes, der den Mitgliedern schriftlich vorlag und im Übrigen in der FahrSchulPraxis April und Mai 2023 wiedergegeben wurde, trug Jochen Klima vor. Er ging dabei vor allem auf statistische Werte des Unfallgeschehens sowie auf die allgemeine konjunkturelle Entwicklung und die Geschäftslage der Fahrschulen ein.

 

Weniger Fahrlehrer/-innen und weniger Fahrschulen

 

Dabei stellte Klima fest, dass die Zahl der Fahrlehrer/-innen in Baden-Württemberg im Jahr 2022 um 100, die der Fahrschulen um 19 Betriebe zurückgegangen ist. Die Auslastung der Fahrschulen war im Berichtsjahr gut, jedenfalls viel besser als 2021.

 

Der Fahrlehrerverband Baden-Württemberg e.V. ist gut aufgestellt

 

Der Verband, so Klima, habe seine Mitgliederzahl im vergangenen Jahr und bis dato gehalten. Die wirtschaftliche Situation des Verbandes sei dank umsichtigen Haushaltens stabil, das Jahresergebnis habe trotz allgemeiner Erhöhung der Kosten einen kleinen Überschuss von rd. 8.000 Euro gebracht.

 

Klima hob im Weiteren die Bedeutung der 39 Kreisvereine als Garanten für eine gute Breitenarbeit des Verbandes im ganzen Land hervor. Er würdigte den Einsatz der vor Ort ehrenamtlich tätigen Führungskräfte und deren Angehörigen und bedankte sich bei ihnen mit aufrichtiger Anerkennung ihrer Leistung.

 

Sein Dank galt in gleicher Weise den Mitarbeitenden der Geschäftsstelle des Verbandes, der als moderner Dienstleister über ein sehr tüchtiges, den Mitgliedern zugewandtes Team verfügt.

 

Der Chronist verzichtet darauf, hier den Geschäftsbericht vollinhaltlich wiederzugeben. Mitglieder, die in Pforzheim nicht anwesend waren, können den Geschäftsbericht in den genannten Ausgaben der FahrSchulPraxis nachlesen.

 

Die Finanzen

 

Die Kassenberichte des Verbandes und der Sterbekasse Stock fanden die uneingeschränkte Zustimmung der Rechnungsprüfer. Auf Antrag des vortragenden Rechnungsprüfers wurde der Vorstand bei Enthaltung der Betroffenen einstimmig entlastet. Die Mitgliedsbeiträge bleiben nach Beschluss der Versammlung auf dem bisherigen Stand.

 

Wahlen – erstmalig eine Frau im Vorstand

 

Zur Wahl standen die Positionen des zweiten und dritten Vorsitzenden sowie von zwei Rechnungsprüfern und einem stellvertretenden Rechnungsprüfer.

 

Für die Wahl des zweiten Vorsitzenden gab es außer dem Amtsinhaber Ralf Nicolai keinen Vorschlag. Ralf Nicolai wurde mit überwältigender Mehrheit wiedergewählt.

Für die Wahl des dritten Vorsitzenden stellten sich eine Kandidatin und zwei Kandidaten vor:

 

1. Jennifer Spazier,
Vorsitzende des Kreisvereins Stuttgart,

 

2. Sven Stieg,
Vorsitzender des Kreisvereins Rhein-Neckar,

 

3. Martin Zanger,
Vorsitzender des Kreisvereins Reutlingen.

 

Die geheime Wahl brachte ein eindeutiges Ergebnis: Jennifer Spazier wurde im ersten Wahlgang mit deutlicher Mehrheit zur dritten Vorsitzenden des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V. gewählt. Der Beifall der Mitglieder war grandios. Das erste Mal in der 73-jährigen Geschichte des Verbandes hatte es eine Frau in den Vorstand geschafft.

 

Jennifer Spazier, Foto: Werner Kuhnle

 

Hier ist nachzutragen, dass der bisherige dritte Vorsitzende, Wolfgang Rieker, sein Amt zur Verfügung stellte, um einem jüngeren Mitglied die Chance zu geben, in den Vorstand gewählt zu werden. Eine sehr noble Haltung.
Kollegin Spazier wurde für die restliche Amtszeit von Wolfgang Rieker gewählt, die am Tag der 75. ordentlichen Mitgliederversammlung im Jahr 2025 endet.

 

Zu Rechnungsprüfern wurden die Kollegen Martin Kuchler, Leinfelden, und Simon Leonhard, Wurmberg, gewählt. Zum stellvertretenden Rechnungsprüfer wurde Wolfgang Rieker gewählt.

 

Diskussion

 

Da zur Hauptversammlung keine Anträge eingebracht waren, konnte sogleich in die am Verbandstag traditionelle Diskussion mit den Mitgliedern eingetreten werden.

 

Themen waren u. a.:

  • barrierefreie Theorieprüfung,
  • Eignungszweifel bei Führerscheininhabern und der Umgang damit,
  • Annahmestellen für Nachschulungen (Aufbauseminare, Fahreignungsseminare).
  • Gebühren der Überwachung, hier besonders der Wegekosten.

Die Diskussion lief sehr sachlich. Soweit aufgeworfene Fragen nicht abschließend beantwortet werden konnten, wird der Vorstand für alsbaldige Klärung sorgen.

 

Der zweite Teil der Versammlung

 

Nach Abschluss der nach Satzung und Vereinsrecht zu behandelnden Regularien und einer kurzen Pause folgte der auch für Angehörige, Gäste und Mitarbeitende von Fahrschulen zugängliche Teil der Versammlung.

 

Jochen Klima begrüßte die Hinzugekommenen, unter denen sich auch 20 Fahrlehreranwärterinnen und -anwärter aus drei Fahrlehrerausbildungsstätten unseres Bundeslandes befanden, sehr herzlich: „Es ist eine große Freude, uns mit Ihnen allen wieder ungezwungen in Präsenz versammeln zu können“, rief Klima dem Auditorium zu.

 

Einen ganz persönlichen Gruß richtete Klima an die Gäste aus dem Innenministerium Baden-Württemberg: Polizeioberrat Martin Kuntz und die Erste Polizeihauptkommissarin Cordula Burkhardt. Klima fügte an: „Mit Ihrem Ministerium pflegen wir seit vielen Jahren, namentlich auch in den Fragen der Unfallprävention, eine sehr angenehme und fruchtbare Zusammenarbeit.“

 

Ebenso herzlich begrüßte Klima von der Fahrlehrerversicherung die Führungskräfte Stefanie Böhm, Leiterin der Betriebsabteilung, und Michael Kohl, Leiter der Vertriebsabteilung.

 

Der TÜV SÜD war in großer Besetzung anwesend. Herzlich willkommen hieß Klima Jürgen Wolz, Vertreter der Geschäftsleitung der TÜV SÜD Auto Service GmbH, Jochen Krebs, Leiter ServiceLine Fahrerlaubnis der TÜV SÜD Auto Service GmbH, beide aus München, sowie Peter Reiter-Machoi, Leiter Business Line Retail Baden-Württemberg der TÜV SÜD Auto Service GmbH, und Marcellus Kaup, Leiter der für Baden-Württemberg zuständigen technischen Prüfstelle des TÜV SÜD.

 

Sehr freundliche Willkommensgrüße fand Klima auch für Polizeipräsident a.D. Burkhart Metzger, Präsident der Landesverkehrswacht Baden-Württemberg, Martin Burkart vom Württembergischen Omnibusverband (WBO), Kollege Frank Dreier, Vorsitzender des Landesverbandes der Hessischen Fahrlehrer e.V., Kollege Bernd Ehlers, zweiter Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Hamburg e.V., Kollege Volker Freigang, stellvertretender Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Nordrhein e.V. Einen sehr freundlichen Gruß entbot Klima den Vertretern der Presse und der auditiven und visuellen Medien, ebenso seinen Vorgängern im Amt, Gebhard L. Heiler und Peter Tschöpe.

 

Ausstellende Unternehmen


Jochen Klima würdigte die im Foyer anwesenden 34 Firmen, die „eine große Fachmesse mit vielen Neuheiten rund um die tägliche Arbeit der Fahrschulen“ darstellten, mit besonderem Dank im Namen der Mitglieder.

 

Herzlicher Dank ging auch an Hahn-Automobile und an das Autohaus Staiger GmbH. „Dort hat man erkannt, dass Fahrschulen nicht nur Kunden, sondern eben auch wichtige Multiplikatoren für die jugendliche Kundschaft sind. Ich freue mich sehr, dass unsere Ausstellung durch zwei Pkw unterschiedlicher Fabrikate bereichert ist.“

 

Sponsoren

 

Ein inniges Dankeswort richtete Klima an den Verlag Heinrich Vogel, München, und an die DATAPART Factoring GmbH, Ludwigsburg, die Sponsoren der After-Work-Party waren. Eine noble Geste, für die wir uns bei den Chefs der beiden Unternehmen, Herrn Lehnert, von Springer Fachmedien München, und Herrn Wimpff von DATAPART, sehr herzlich bedanken.

 

Das traditionelle Grundsatzreferat

 

In seinem traditionellen Grundsatzreferat „Wir beziehen Position – Aktuelles zur Berufspolitik“ berichtete Klima zunächst über den Ausgang der Wahlen. Er gab seiner Freude über die erstmalige Wahl einer Kollegin zum Vorstandsmitglied des Verbandes und die Wiederwahl seines ersten Stellvertreters Ralf Nicolai sowie über die kompetente Besetzung der Rechnungsprüfung Ausdruck.

 

Jochen Klima- Vorsitzender des FLVBW; Foto: Werner Kuhnle

 

Danach ging Klima auf das aktuelle Geschehen und auf den beruflichen Alltag der Fahrschulen ein. Hier der Wortlaut seiner Rede:

 

„Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,

wer von uns hätte 2021 gedacht, dass in Europa, nur wenige Autostunden von der deutschen Ostgrenze entfernt, wieder Krieg herrschen wird? Die grausamen Bilder vom Tod vieler Menschen, von der sinnlosen Zerstörung ukrainischer Städte und von flüchtenden Menschen sind schwer zu ertragen. Gut ist, dass der sogenannte Schutzstatus den Geflüchteten u.a. die unkomplizierte Nutzung ihres Führerscheins in Deutschland erlaubt. Neben vielen anderen Branchen leiden auch die Fahrschulen unter der als Folge des Krieges entstandenen Inflation und den hohen Energiekosten. Deshalb mussten in letzter Zeit die Fahrschulentgelte und die Löhne der Mitarbeitenden angehoben werden.“

 

Klima weiter:

 

„Die fortschreitende Digitalisierung macht auch vor den Fahrschulen nicht halt. Nachdem zum Ende des Jahres 2022 die Ausnahmegenehmigung des baden-württembergischen Verkehrsministeriums für Fernunterricht ausgelaufen ist, bewegt viele Kolleginnen und Kollegen die Frage, wie es mit dem Online-Unterricht weitergehen wird. Dem Vernehmen nach arbeiten das BMDV und die Länder derzeit energisch an einer längst fälligen Reform der Fahrschüler-Ausbildungsordnung. Dabei sind auch Erleichterungen für die Durchführung von Online-Unterricht zu erwarten. Allerdings hat das BMDV mitgeteilt, dass es keine isolierte Vorab-Entscheidung zum Online-Unterricht geben wird, sondern dass diese erst mit der Verabschiedung des Gesamtpakets kommen wird. Ob das noch in diesem Jahr oder erst zu Beginn des Jahres 2024 der Fall sein wird, ist derzeit noch nicht absehbar.

 

Wenn man der Gerüchteküche Glauben schenken wollte, könnte es so ausgehen, dass einige Lektionen zwingend in Präsenz unterrichtet werden müssten und die Fahrschule bei allen weiteren Themen die Wahl zwischen den beiden Unterrichtsformen haben würde.

 

Mein nächster Punkt ist die obligatorische Einbeziehung von Fahrerassistenzsystemen – kurz FAS – in die praktische Fahrausbildung und -prüfung. Die FeV regelt, dass seit Anfang Juni 2022 der Prüfer die Nutzung vorhandener FAS während der Prüfungsfahrt verlangen oder deren Nutzung untersagen kann. Damit sich der Prüfer über die im Fahrzeug verbauten Systeme informieren kann, muss im Fahrzeug das entsprechende Datenblatt mitgeführt werden. Für Fahrerlaubnisprüfungen in Baden-Württemberg, Bayern und Hamburg ist der TÜV SÜD zuständig. Die Landesverbände der Fahrschulen haben sich mit dem TÜV auf eine stufenweise Einführung geeinigt:
Seit dem 01.04.2023 kann vom Prüfer neben der adaptiven Geschwindigkeitsregelanlage auch der Aktive Spurhalteassistent verlangt werden.
Ab dem 01.07.2023 können alle auf dem Datenblatt mit einem Stern markierten FAS in die Prüfung einbezogen werden. Das betrifft im Regelfall zusätzlich noch den Aktiven Einparkassistenten und den Aktiven Spurwechselassistenten.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir werden die Umsetzung durch die Fahrprüfer aufmerksam beobachten. Nicht sinnvoll wäre es nämlich, wenn dieses zwar sehr wichtige Thema nun zum einzigen Schwerpunkt der Fahrerlaubnisprüfung mutieren und alle anderen für die Verkehrssicherheit relevanten Inhalte stark überlagern würde.

 

Ein weiterer Punkt ist B197.
Da es für die Fahrschulen immer schwieriger wird, geeignete Schaltfahrzeuge zu beschaffen, aber jede Fahrschule kostenintensiven Zugriff auf zwei technisch unterschiedliche Fahrzeuge haben muss, werden wir oft gefragt, wie lange diese Regelung noch Bestand haben wird.
Es kann erwartet werden, dass – wie es bereits in der Schweiz umgesetzt wurde – irgendwann diese Regelung fallen und eine Prüfung auf einem Automatikfahrzeug nicht mehr zu einer Automatikbeschränkung führen wird. Allerdings gibt es derzeit noch keine konkreten Anhaltspunkte, ob dies in 2, 3, 5 oder erst in 10 Jahren passieren wird.

 

Meine Damen und Herren,
zum Schluss noch einen kurzen Blick auf die angekündigte Änderung der EU-Führerscheinrichtlinie. Eine vom ADAC hierzu herausgegebene Pressemitteilung ging Anfang des Jahres viral und sorgte für Jubelstürme bei Freunden von Wohnmobilen. Sie erweckte nämlich beim flüchtigen Lesen den falschen Eindruck, noch in diesem Jahr werde u.a. die zulässige Gesamtmasse der Klasse B generell von 3,5 auf 4,25 t angehoben. Mal davon abgesehen, dass dies eine klassische Zeitungsente war und die Anhebung nur für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben geplant ist: Die Verabschiedung einer geänderten EU-Führerscheinrichtlinie hat zunächst noch keinerlei Auswirkungen auf das nationale Fahrerlaubnisrecht. Dazu bekommen die Mitgliedsstaaten im Regelfall mindestens ein bis zwei oder auch mehr Jahre Zeit.
Aber dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, dass Fahrschulen immer kompetent und korrekt informieren. Und speziell auch dafür haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihren Fahrlehrerverband Baden-Württemberg e.V. an Ihrer Seite.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste, damit schließe ich meine Rede und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.“

 

Die BVF steht für zeitgemäße Mobilität und Digitalisierung

 

In seiner Eigenschaft als zweiter stellvertretender Vorsitzender der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände hatte Ralf Nicolai Interessantes zu berichten. Corona war ein großes Thema. „Trotz aller Maßnahmen haben wir das gut bewältigt“, sagte Nicolai. Auch der TÜV habe in dieser Zeit seine Schwierigkeiten gehabt, für die er selbst nicht verantwortlich gewesen sei. Insgesamt habe die Prüforganisation das aber auch gut hinbekommen. „Die Schülerzahlen sind wieder gestiegen und die Auftragsbücher sind voll“, freute sich Ralf Nicolai. Die durchschnittlichen Führerscheinkosten für alle Klassen seien gestiegen. Die höheren Preise für die Führerscheine haben zu entsprechend größeren Umsätzen geführt, und die Fahrschulen könnten daher auch ein besseres Gehalt zahlen. „Das macht unseren Beruf wieder attraktiver. Es lohnt sich wieder, Fahrlehrer zu werden, auch als angestellter Fahrlehrer.“

 

Behauptet eine Person, sie habe infolge mangelhafter Fahrausbildung einen Schaden erlitten, müssen Fahrlehrer/-innen nachweisen, dass sie die Ausbildung ordnungsgemäß durchgeführt haben. Gelingt das nicht, kann es zur Schadenshaftung für die Fahrschule kommen. „Deshalb ist es immer wichtig, den Aufzeichnungspflichten gemäß § 5 Fahrschüler-Ausbildungsordnung nachzukommen“, appellierte Nicolai an die Kolleginnen und Kollegen. Hierfür gebe es mehrere Möglichkeiten: vom selbst entwickelten System über die Aufzeichnungsdiagrammkarte der Bundesvereinigung bis hin zur neuen digitalen Lernstandskontrolle eLBe. „Ich benutze jetzt eLBe. Das dauert ein wenig, bis man sich richtig eingelesen hat, aber ich möchte es mittlerweile nicht mehr missen“, sagte Ralf Nicolai.

 

Ralf Nicolai; Foto: Werner Kuhnle

 

Durch Corona sei auch der digitale Wandel beschleunigt und der Online-Unterricht in die Fahrschulen eingezogen. Die Entscheidung bezüglich des Online-Theorieunterrichts – als neue mögliche Unterrichtsform – werde uns weiter stark beschäftigen, weil die Auswirkungen der Pandemie neue Erkenntnisse gebracht haben, die zwangsweise auch neue Bewertungen erforderlich machen. So sei derzeit über viele Bildungsbereiche hinweg nicht etwa eine Gleichwertigkeit von Präsenz- und Online-Unterricht nachgewiesen, sondern vielmehr die Überlegenheit von Blended-Learning-Konzepten. Gemeinsam sollten wir daher um ein Konzept des Blended Learnings kämpfen und dabei beachten, dass der Präsenzunterricht nicht verloren geht.

 

Ralf Nicolai wagte auch einen Blick in die Zukunft, wobei es darum gehe, die CO2-Emissionen zu reduzieren. Die Verkehrswende müsse weiter forciert werden. Das gelte auch für die Planung von Straßen. „Früher wurde immer von innen nach außen geplant, also den meisten Platz für das Auto; heute plant man von außen nach innen. Das heißt, dass zuerst der Platz für Fußgänger und Radfahrer eingeplant wird und der motorisierte Verkehr bekommt dann den Raum, der übrig ist. Reicht der Platz für zwei Spuren nicht aus, dann wird es eine Einbahnstraße“, erklärte Nicolai den Wandel in der Planung. Auch die E-Mobilität sei weiter auf dem Vormarsch, und da gehen viele Fahrschulen vorbildlich voran. Der Wandel zu einem nachhaltigen Mobilitätssystem benötigt Zeit und Ressourcen – vor allem aber ehrliche Kommunikation. Die BVF werde den Wandel konstruktiv begleiten.

 

Verabschiedung von Wolfgang Rieker aus dem Amt des Dritten Vorsitzenden

 

Nach 10 Jahren im Amt des 3. Vorsitzenden des FLVBW hat Wolfgang Rieker diese Position für ein jüngeres Mitglied freigemacht. Im zweiten Teil der Versammlung dankte Jochen Klima dem Kollegen Wolfgang Rieker mit herzlichen Worten für seine Arbeit im Vorstand während der vergangenen 10 Jahre und überreichte ihm unter großem Beifall die silberne Ehrennadel des Verbandes nebst zugehöriger Verleihungsurkunde. Auch im Beirat des Verbandes wurde gesammelt. Jennifer Spazier und Michaela Kasek überreichten Wolfgang Rieker ein dekoratives Urlaubspräsent. Rieker bleibt dem Verband als Vorsitzender des Kreisvereins Tübingen und damit als Beiratsmitglied erhalten.

 

Herzlicher Dank an Wolfgang Rieker; Foto: Werner Kuhnle

 

TÜV – Aktuelles von der Prüforganisation

 

Dies war die Stunde von Jochen Krebs, Leiter ServiceLine Fahrerlaubnis der TÜV SÜD Auto Service GmbH. Er zündete ein Feuerwerk von Neuigkeiten zum künftigen Service des TÜV SÜD im Bereich Fahrerlaubnisprüfung. Zuerst aber, und das kam sehr gut an, bekannte Krebs, dass die Fahrschulen des Landes in der Vergangenheit manche Unbill vonseiten des TÜVs zu erdulden hatten. Das habe sich geändert, alles laufe jetzt besser und werde mit den neuen Service-Modulen vom TÜV SÜD Drivers Club noch viel besser werden. Dank Nutzung zukunftsorientierter digitaler Kommunikationsmedien werde es zu einer Entlastung der Fahrschulen kommen:

  • schneller und vereinfachter Informationsaustausch mit dem Bewerber,
  • Online-Verfügbarkeit von Protokollen und Dokumenten.

Nutzung des Standardmediums der Digital-Native-Generation:

  • direkte Kommunikation mit dem Bewerber,
  • bessere Erreichbarkeit des Bewerbers.

Wann legt der TÜV SÜD Drivers Club los?

 

Auch dazu äußerte sich Jochen Krebs in klaren Sätzen:

  • Pilotbetrieb in Niederbayern im Juli 2023 – Start mit 2 Pilotfahrschulen, danach Erweiterung auf ganz Niederbayern;
  • anschließend Flächen-Rollout in Wellen in Bayern;
  • Hamburg und Baden-Württemberg – geplantes Rollout-Ende: Anfang 4. Quartal 2023.

Weitere Verbesserungen sind in Planung. So zum Beispiel Erweiterung um die Bezahlfunktion, Bereitstellung des Attestes, Chatfunktion mit TÜV SÜD etc.

 

Jochen Krebs; Foto: Werner Kuhnle

 

Abschließend vergaß Krebs nicht zu betonen, die Hoheit über die Beurteilung der Prüfungsreife und die sich daraus ergebende Planung der Prüfung bleibe unangetastet bei den Fahrschulen.

 

Die Versammlung quittierte die Ausführungen von Jochen Krebs mit anhaltendem Beifall.

 

Vortrag

 

An dieser Stelle der Tagesordnung sollte der Sinnstiftung hervorrufende Vortrag von Michael Schubart „Vollgas, Bremse oder vielleicht sogar mit Vollgas auf die Bremse – was ist das Richtige in diesen ‚wilden Zeiten‘“ folgen, der leider wegen Stimmversagens des Redners ausfiel.

 

Aktuelles von der Fahrlehrerversicherung

 

Einmal ganz anders, sehr erfrischend, kurzweilig und anregend empfand die Versammlung den Beitrag von Michael Kohl, der seit Jahresbeginn Vertriebschef des brancheneigenen Versicherers ist. Kohl ging kurz auf Unfälle bei der Fahrausbildung ein. Dabei unterstrich er die Bedeutung klarer, gerichtsfester Dokumentation der praktischen Ausbildung. Kreise und Striche, also Zeichen, die nur der Fahrlehrer selbst verstehe, reichten vor Gericht nicht aus, wie ein jüngst anhängiger Fall offenbarte.

 

Prämien – ein allgegenwärtiges Thema im Versicherungsgeschäft

 

Ein geflügeltes Wort: „Der Vertriebschef ist der erste Verkäufer des Hauses.“ Als solcher hob Kohl die Vorteile der Versicherten der Fahrlehrerversicherung (FV) sehr eingehend hervor. Der neue dreigliedrige Versicherungsschutz für Kraftfahrzeuge biete den Kunden die Wahl zwischen der kostengünstigen Basisabsicherung, der mittleren und der Premiumstufe. Fahrschulen bekommen – ohne Aufpreis – grundsätzlich die allerbesten und umfassendsten Leistungen. Dabei habe die FV – entgegen den meisten anderen Versicherern – die Prämien zum Jahresbeginn nicht angehoben. „Als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit sind wir in der komfortablen Lage, dass uns keine Aktionäre im Nacken sitzen, die Dividende verlangen“, pries Kohl die Rechtsform der FV. Wenn die FV nennenswerte Gewinne macht, geben wir – wie im Corona-Jahr 2020 – unseren Versicherten Beiträge zurück. Reicht der Netto-Jahresüberschuss für eine Ausschüttung nicht aus, geht das Geld in unsere Rücklagen, um ein sicheres Polster für zukünftige Anforderungen aufzubauen. Die FV habe entschieden, zum Jahreswechsel zu prüfen, ob neu kalkuliert werden müsse.

 

Michael Kohl; Foto: Werner Kuhnle

 

E-Fahrzeuge, Ladesäulen und Wallboxen

 

Der Anteil an E-Fahrzeugen sei bei Fahrschulen stark gestiegen. Wer eine Ladesäule oder eine Wallbox am Gebäude oder in der Garage hat, muss wissen: Bei einem davon ausgehenden Brand ist das Risiko nicht automatisch in der Gebäudeversicherung enthalten. Kohl: „Dafür nehmen manche Versicherer heftige Aufschläge. Obwohl die Brandgefahr gering ist, sollte man mit dem Gebäudeversicherer Kontakt aufnehmen, um die Risikofrage zu klären. Bei der Fahrlehrerversicherung können Sie diese Ladegeräte ohne Aufschlag mitversichern. Rufen Sie einfach bei der Landesagentur oder der Zentrale an“, schloss Kohl dieses Kapitel.

 

Neue Unfallversicherung
 

Kohl erläuterte im Weiteren die im letzten Herbst gestartete neue Unfallversicherung der FV. Die Leistungen wurden deutlich erhöht. Es kann jetzt z.B. eine Invaliditätsleistung von bis zu einer Million Euro und eine Unfallrente von bis zu monatlich 2.500 Euro versichert werden. Sein persönlicher Favorit sei ein Assistance-Paket. Für weniger als 20 Euro jährlich könne man Leistungen wie Haushaltshilfe, Winterdienst, Gartenpflege, Fahrdienst, Menüservice etc. dazubekommen. „Also, wenn es einen schon auf die Nase gehauen hat, wird wenigstens die Wohnung geputzt, der Schnee geräumt und Essen gebracht.”

 

Kohl strich die Verbindung zum Berufsstand heraus: „Wir haben Sie als Fahrlehrer anders eingestuft als üblich. Bei den anderen Kompositversicherungen stehen Fahrlehrer in der Gefahrengruppe B – wie Maurer, Dachdecker, Berufskraftfahrer. Die Gruppe B gilt als risikoträchtiger und zahlt deshalb mehr Prämie als die Gruppe A. Bei uns sind Sie als Fahrlehrer in die bestmögliche Gefahrengruppe A eingestuft. Auch bei unserer neuen Unfallversicherung gibt es einen Basis-Tarif – der allerdings schon deutlich mehr Leistungen enthält als der alte Unfalltarif – sowie einen mittleren Komfort- und einen Premium-Tarif.

 

Laut Kohl enthält die neue Unfallversicherung der FV einen ganzen Strauß an Leistungen, die nicht jede Unfallversicherung bietet. Etwa die Absicherung von Verletzungen durch Eigenbewegung. Beispiel: Sie steigen nach der x-ten Fahrstunde vom Motorrad, bocken es auf, knicken weg und zack – die Sehne reißt. Das ist kein Unfallereignis gemäß der üblichen Definition, wonach versicherungsrechtlich nur als Unfall gilt, „wenn der Versicherte durch ein plötzlich von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet”.

 

Die sympathische Perfomance von Michael Kohl verzichtete auf hergebrachte Zahlenrituale und überbrachte glaubwürdig die Botschaft: Bei uns sind Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer in guter Obhut. Die Versammlung quittierte seine Rede mit starkem Beifall.

 

Damit war die Tagesordnung dieses Verbandstages erledigt. Vorsitzender Jochen Klima konnte etwas früher als nach Plan den Beginn der After-Work-Party ausrufen, die mit rd. 350 Teilnehmern großen Zuspruch fand.

GLH und RN

 

Fotos: Werner Kuhnle


Zum Inhalt der FahrSchulPraxis Ausgabe Juni 2023...


Empfehlungen: