Fahrausbildung auf Automatikfahrzeug: Irreführende Werbung mit Ersparnis
Seit 01.04.2021 dürfen Fahrschüler wesentliche Teile ihrer Ausbildung einschließlich der Fahrprüfung auf einem Automatikfahrzeug absolvieren. Das führt nicht mehr zwangsläufig zur Beschränkung der Fahrerlaubnis auf das Führen von Automatikfahrzeugen (siehe Verordnung über die Ausbildung und Prüfung auf Kraftfahrzeugen mit Automatikgetriebe vom 09.12.2020, BGBl. I, Nr. 59, S. 2704).
Die Regelung (Schlüsselzahl 197) sieht vor, dass Fahrschüler mindestens 10 Fahrstunden auf einem Schaltwagen geschult werden müssen. Abschließend muss sich der Fahrlehrer in einer 15-minütigen von ihm durchzuführenden Testfahrt vergewissern, dass der Fahrschüler in der Lage ist, einen Schaltwagen sicher, verantwortungsvoll und umweltbewusst zu führen. Erforderliche weitere Fahrstunden sowie die praktische Fahrerlaubnisprüfung können auf einem Fahrzeug mit Automatikgetriebe absolviert werden. Viele Fahrschulen bewerben diese Art der Ausbildung.
Hervorheben der Vorteile von B197
Angesichts des starken Wettbewerbs in der Branche kommt es entscheidend auf wirksames Marketing an. Es ist verständlich – und bleibt den Fahrschulen unbenommen –, auf die Vorteile dieser Kombination der praktischen Ausbildung hinzuweisen. Wirksames Marketing muss aber nicht nur neue Kundschaft gewinnen, sondern sich auch am geltenden Recht orientieren. Insbesondere darf Werbung mit der Automatikregelung B197 nicht irreführend sein.
Geringere Anzahl an Fahrstunden nicht wissenschaftlich belegt
Es kann für Fahrschüler eine Reihe von Vorteilen haben, wesentliche Teile der Ausbildung auf einem Automatikfahrzeug zu durchlaufen, weil zum Beispiel die Bedienung leichter ist. Es gibt aber keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, wonach Fahrschüler bei kombinierter Ausbildung weniger Fahrstunden bis zur Prüfungsreife benötigen als bei ausschließlicher Ausbildung auf Schaltwagen. Deshalb ist Werbung, die behauptet, bei kombinierter praktischer Ausbildung seien bis zur Prüfungsreife weniger Fahrstunden erforderlich und damit der Erwerb des Führerscheins billiger als eine Fahrausbildung nur auf Schaltwagen, schlicht irreführend.
Unlautere Werbung mit Preisersparnis durch OLG München bestätigt
Unsere Mitglieder auf die Rechtsprechung im Bereich der Fahrschulwerbung aufmerksam zu machen, ist ein Gegenstand unserer beratenden Tätigkeit. Die Wettbewerbszentrale informierte kürzlich über ein Urteil des Oberlandesgerichts München. Danach hat dieses entschieden, dass die Fahrausbildung zum Erwerb der Fahrerlaubnis der Klasse B mit der Schlüsselzahl B197 nicht mit Hinweisen beworben werden darf, aus denen hervorgeht, dass diese Art der Ausbildung mit geringeren Kosten für den Fahrschüler verbunden sei als eine konventionelle Ausbildung der Klasse B. (Anerkenntnisurteil vom 18.01.2024, Az. 29 U 7377/22e).
Ralf Nicolai
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