Kolumne Gebhard L. Heiler: Zu Rabatten und anderen teuren Mätzchen
Aufmerksame Beobachter berichten, die Fahrschulen in Baden-Württemberg hätten im September 2024 etwa 10 bis 15 Prozent weniger Ausbildungsaufträge abgeschlossen als im September 2023. Die Zeichen der Wirtschaft, namentlich die der für Baden-Württemberg so elementaren Automobilbranche, sind rezessiv. Das laute Niesen der Volkswagen AG deuten viele als Beginn des Ansturms einer schweren Grippewelle für ganz Deutschland. Hinzu kommt, dass der noch im letzten Jahr als stabil geltende Arbeitsmarkt zu stolpern beginnt. Die Phase der garantierten Jobs, gut bezahlt bei immer weniger Arbeitszeit, ist offenbar vorbei. Unter solchen Vorzeichen ist es verständlich, dass mancher Kaufwunsch und auch der Führerscheinerwerb auf später verschoben wird. Das heißt aber auch: Der Wettbewerb in der Fahrschulbranche legt zu, die Werbung wird schriller. Solang es dabei nur um das Herausstreichen der Ausbildungsqualität ohne unseriöse, oft wettbewerbswidrige Superlative geht („Beste Fahrschule der Stadt“ usw.), ist das meistens okay. Kommen jedoch Rabatte und Zugaben ins Spiel, ist es Werbung mit dem Preis, die leicht die Grenzen des im Fahrlehrerrecht und Wettbewerbsrecht Erlaubten übertritt. Insofern empfehle ich ausdrücklich, das Angebot des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V. zu nutzen, beabsichtigte Werbung auf rechtliche Zulässigkeit prüfen zu lassen.
Das Rabattgesetz und die Zugabeverordnung, typisch deutsche Vorschriften auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts aus dem Jahr 1934, wurden am 25. Juli 2001 durch Beschluss des Deutschen Bundestages außer Kraft gesetzt. Dafür gab es gute Gründe, z.B. den, dass beide Vorschriften in der Praxis zunehmend umgangen wurden. Mit der Streichung dieser Vorschriften war aber das Rabatt-Unwesen keineswegs beseitigt. Im Gegenteil, es blühte mit unfassbaren Abschlägen erst richtig auf. Auch die Zugaben nahmen zu („Kaufe eines und ein zweites ist gratis“ etc.). Plötzlich war vorher Verbotenes erlaubt, und das wurde oft maßlos genutzt.
Nun aber hat unlängst der Gerichtshof der Europäischen Union ein wegweisendes Urteil zum Missbrauch des Rabatts gesprochen, das sich gegen einen namhaften Discounter richtete und sehr wahrscheinlich generell Bedeutung erlangen wird, also nicht nur für Waren, sondern auch für Dienstleistungen wie Fahrunterricht. Das Urteil verbietet es, mit Rabatten für kurzfristig hochgesetzte Preise zu werben. Das Rabattangebot muss sich auf den günstigsten Preis der letzten 30 Tage beziehen, nicht aber, wie es der Discounter wollte, „nur billiger als der letzte (kurz zuvor hochgesetzte) Preis. Die deutschen Gerichte werden nicht umhinkommen, sich diesem Urteil des Luxemburger Gerichts anzuschließen.
Rabatte und Zulagen kosten Geld, weil sie den kalkulierten Ertrag eines Unternehmens mindern und werblich nur begrenzte Wirkung zeigen. Doch nicht nur deshalb ist von Rabatten als Mittel der Werbung abzuraten. Ein weiterer Grund ist der verständliche Ärger von Fahrschülern, die bis dahin nicht in den Genuss des von ihrer Fahrschule angekündigten Rabattes gelangten, also mehr bezahlt haben, als neue Fahrschüler jetzt zahlen müssen.
Gebhard L. Heiler
Zum Inhalt der FahrSchulPraxis Ausgabe November 2024...