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Fahrschulen unter Kostendruck: Preiserhöhungen unvermeidlich
© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Juni/2022, Seite 336
Turbulente Zeiten verlangen mutige Entscheidungen. Angesichts massiv gestiegener Preise für Energie und Neufahrzeuge sowie allgemeiner Kostensteigerungen haben zahlreiche Fahrschulen ihre Preise bereits mehrfach erhöht. Vor allem die Jugend in den ländlichen Gebieten will nach Umfrage in der Branche die Pappe. Das Gros der Führerscheinanwärter hat Verständnis für gestiegene Preise. Das Preis-Leistungs-Verhältnis muss schließlich stimmen, ist es doch Motivation pur und sichert das Überleben auch in „wilden Zeiten“.
Bildquelle: andronik123/Stock.Adobe
"Während des Corona-Lockdowns hatte wohl jeder Existenzängste und sich gefragt, wie man das alles heil überstehen kann. Doch in meiner Firma wurde nichts ‚ausgesetzt‘. Alles lief normal weiter“, bringt es Heike Hilbig von der Fahrschule Hilbig in Leinzell und weiteren drei Standorten in ländlicher Gegend auf den Punkt. Bis auf das Finanzamt habe man brav die laufenden Kosten bezahlt und die Coronakrise auch gut überstanden. Für Hilbig war die Zeit nach dem Lockdown nahezu „golden”, schließlich habe es danach einen großen Stau gegeben. Es habe wohl kaum eine Fahrschule gegeben, die seither nicht rund um die Uhr beschäftigt war – auch für Hilbig eine anstrengende Zeit im erklärten Traumjob.
Heike Hilbig; Foto: privat
Die Umsätze nach den Lockdowns seien um einiges höher als in den Vorjahren gewesen. Hilbig: „Auch in der jetzigen Zeit haben wir keine Einschränkungen in unserem Betrieb, da wir unter Volllast arbeiten. Die jetzt entstehenden Mehrkosten beispielsweise durch höhere Spritpreise können wir abdecken, weil wir zwei Preiserhöhungen, zuletzt im Januar dieses Jahres, durchgesetzt haben, die unsere Kunden akzeptierten.”
"Der Führerschein gehört dazu”
Auch künftig, so Hilbig, habe sie keine Befürchtung, dass höhere Preise beim Führerschein zu weniger Führerscheinanwärtern führen könnten, zumal ihre Fahrschulen auf dem Land sind: „Hier ist der Führerschein einfach Standard. Das beginnt schon mit dem Klasse-AM- oder -A1-Führerschein. Die Jugend will die Pappe – auch wenn es etwas mehr kostet. Da springt schon mal die Oma oder der Opa ein.” Aus der Not der steigenden Energiekosten macht die Unternehmerin, wie zahlreiche ihrer Kollegen, eine Tugend. Für sie ist das „Spritsparen“ und damit die Vermittlung einer energiesparenden Fahrweise wieder verstärkt in den Fokus gerückt: Start-Stopp, Ausrollen durch vorausschauendes Fahren und vieles mehr. Es gibt für Hilbig und ihre Mitstreiter viel zu tun.
Bernd Michel: „Das Preis-Leistungs-Verhältnis muss stimmen.“
Nur wenige Kilometer vom Schwarzwald entfernt, in Bühl-Vimbuch, liegt die Fahrschule Michel. Auch ihr Inhaber, Bernd Michel, ist trotz wilder politischer und wirtschaftlicher Zeiten positiv gestimmt. So gebe es genügend Fahrschüler, die Auslastung stimme und überhaupt habe man viel Arbeit. „Ich kann mich nicht beklagen“, bringt es Michel auf den Punkt. Klar, die Nachwehen von Corona seien noch zu spüren, gleichwohl mache das Gros der Jugend nach wie vor gern den Führerschein. Zudem sei das Miteinander von Fahrlehrern und Schülern ausgesprochen harmonisch, das gegenseitige Verständnis zudem noch gewachsen. Daher war für Michel auch die Weitergabe von Kostensteigerungen an seine Führerscheinanwärter in Form höherer Preise kein Problem. „Bisher habe ich hier noch keinerlei Widerstände seitens der Kundschaft gespürt“, so der Fahrschulinhaber. Es sei doch klar, dass alle überleben müssten. Positiv für ihn sei zudem die Tatsache, dass er in einem Landstrich zu Hause sei, wo Geld verdient werde – und somit auch die Akzeptanz für notwendige Preisanpassungen nach oben gegeben sei. Überhaupt, so Michel: „Wir brauchen uns nicht zu verstecken, denn wir leisten gute Arbeit.“ Selbstverständlich, das Preis-Leistungs-Verhältnis muss stimmen. Dann sind auch Motivation und Überleben in Zukunft gesichert.
Foto: privat
Jennifer Spazier: „Vor allem die steigenden Spritpreise sind besorgniserregend“
Zu einem klaren Statement pro Weitergabe der aktuellen Kostensteigerungen an die Kunden bekennt sich auch Jennifer Spazier, Inhaberin von Charly’s Fahrschule. Die Fahrschule mit zwei Angestellten in zentraler Lage am Marienplatz in Stuttgart gewinnt seinen Fahrschulnachwuchs aufgrund seiner gut frequentierten Lage größtenteils aus der direkten Nachbarschaft sowie auf Empfehlungen früherer Fahrschüler. Nachdem bis 2020 die Zahl der Anmeldungen durchgehend stabil war, verursachte auch hier der Ausbruch der Corona-Pandemie einen Rückgang. „Als die Anmeldungen Anfang des Jahres wieder an Fahrt aufnahmen, mussten wir zwischenzeitlich sogar einen Anmeldestopp verhängen“, berichtet Jennifer Spazier. Dies ließ Charly’s Fahrschule zunächst zuversichtlich in das neue Jahr blicken.
Jennifer Spazier; Foto: privat
Allerdings trübte sich das Bild ab Februar angesichts des Kriegsbeginns in der Ukraine und der daraus resultierenden steigenden Energiekosten wieder ein. „Wir erleben seitdem Teuerungen in den Bereichen Kraftstoff, Strom und Gas, die sich in einer Fahrschule naturgemäß ganz besonders deutlich zeigen.“ Vor allem die steigenden Kraftstoffpreise seien für sie besorgniserregend. Aber auch bei der Bestellung neuer Fahrzeuge werden die Auswirkungen deutlich. Für Jennifer Spazier waren und sind Preiserhöhungen daher unumgänglich: „Obwohl wir immer bei der günstigsten Tankstelle tanken und in der Ausbildung besonderes Augenmerk auf kraftstoffsparende Fahrweise legen, werden wie im Juli die Preise nach einer bereits erfolgten Erhöhung nochmals anpassen.“ Mit Blick in die Zukunft ist Spazier gerade dann, wenn die Leute sparen müssten, überzeugt, dass in der Großstadt der Fokus nicht mehr mit absoluter Dringlichkeit auf dem Erwerb der Fahrerlaubnis liegen werde. So seien die Anwärter in der Stadt schon heute meist über 20 Jahre alt. Dagegen blieben auf dem Land AM15 sowie A1 ab 16 und BF17 ein absoluter Renner. Ein deutliches Stadt-Land-Gefälle ist und bleibt für die Unternehmerin Fakt.
Kurzum, die Stimmen aus der Branche beweisen einmal mehr: Kostensteigerungen müssen weitergegeben werden, um die wirtschaftliche Existenz der Fahrschulen abzusichern. Dafür hat auch die Mehrheit der Fahrschüler Verständnis. Nach dem Motto „Rückgrat zeigen“ sollte jede Fahrschule angesichts ihres hohen Qualitätsniveaus und im Bewusstsein, dass das eigene Unternehmen eine unverwechselbare Marke vor Ort ist, den Mut haben, die ihr entstandenen Kostensteigerungen weiterzugeben. Der Zeitpunkt ist so gut wie nie zuvor, heißt es unisono aus der Branche, denn das Verständnis der Kunden ist durchweg da. Außerdem: Ein höherer Preis ist schließlich Garant für Motivation und sichert das Überleben der einzelnen Fahrschule.
Isabella Finsterwalder
Interview
FPX: Wie schätzen Sie die Auswirkungen der aktuellen wirtschaftlichen und politischen Situation auf die Fahrschulbranche ein? Jürgen Kopp: Grundsätzlich ist die wirtschaftliche Situation in den Fahrschulen gut. Politische Einflüsse werden durch das FDP-geführte Verkehrsministerium leider sehr schwer einschätzbar. Der enorme Druck, den rein wirtschaftlich ausgerichtete Verbände auf die Veränderung der Ausbildungsbedingungen ausüben, schadet der Verkehrssicherheit. Wir können nur eine sehr kurze Zeit auf unsere Fahrschüler einwirken: durchschnittlich acht bis zehn Wochen. Wir haben in all den Jahren sehr engagiert moderne Lehr- und Lernmethoden übernommen. Die Fahrlehrerschaft hat sich sehr um eine gute Fortbildung gekümmert und diese auch angeboten. Den Fahrschulunterricht jetzt auf ausschließlich digitalen Distanzunterricht umzustellen, halten wir für einen großen Fehler. Werden Corona und Nachwuchsmangel die Branche weiter schwächen? Die Corona-Situation war für die Fahrlehrerschaft eine große Herausforderung. Sie fällt in die Zeit, in der eine Strukturänderung im Fahrschulmarkt noch nicht abgeschlossen war. In den vergangenen Jahren haben sich viele kleinere Fahrschulen mit größeren zusammengeschlossen, um überleben und besser wirtschaftlich arbeiten zu können. Natürlich ist dies auch mit einer Umstellungs- und Neuorientierungszeit verbunden. Noch stärker als die coronabedingten Folgen wirkt sich der nach wie vor große Fahrlehrermangel aus. Personalmangel ist aber ein Problem, das nicht nur in der Fahrschulbranche festzustellen ist. Hinzu kommt ein Ausbildungs- und Prüfungsstau mit teilweise längeren Wartezeiten auf Prüfungen. Die technischen Prüfstellen arbeiten mit Hochdruck und erheblichem Personaleinsatz an der Verbesserung dieser Thematik. Aus meiner Sicht werden Fahrschulen nach Auslaufen der entstandenen Stausituation und nach Beseitigung des Fahrlehrermangels weiterhin gute Arbeitsbedingungen und eine gute Auslastung vorfinden. |
Jürgen Kopp |
Sehen Sie die Weitergabe der Preissteigerungen der Fahrschulen an ihre Kunden als ein probates Mittel zur Existenzsicherung?
Die Preisanpassungen in den Fahrschulen sind unumgänglich. Allerdings ist seit vielen Jahren zu beobachten, dass einige Fahrschulen damit zu lange warten. In den vergangenen 3 Jahren sind erhebliche Mehrkosten auf die Fahrschulen, auch durch die erforderlichen Hygienekonzepte und Sicherheitsvorkehrungen, zugekommen. Die Entgelte sind nicht so üppig kalkuliert, dass all diese Mehrbelastungen ohne Preisanpassung erbracht werden können.