EU-Führerscheinrichtlinie: Sind Änderungen in Sicht?
In den vergangenen Wochen kursierten in den Medien zahlreiche irreführende Informationen über eine in Kürze bevorstehende Änderung der EU-Führerscheinrichtlinie. Unter anderem soll angeblich in diesem Jahr für die Klasse B eine allgemeine Erhöhung der zulässigen Gesamtmasse (zGM) auf 4.250 kg erfolgen.
Was an dieser Information tatsächlich dran ist, klärt ein in Zusammenarbeit zwischen der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände e.V. (BVF) und dem Fahrlehrerverband Baden-Württemberg e.V. erstellter Faktencheck.
Pressemitteilung des ADAC
Mit Pressemitteilung vom 9. Januar 2023 berichtete der ADAC, die EU-Kommission wolle in diesem Jahr eine Änderung der Führerscheinrichtlinie verkünden. Diese könne zahlreiche Neuerungen für Führerscheininhaber und für Fahrerlaubnisbewerber in Deutschland enthalten. Der Automobilclub listete u. a. folgende Punkte auf:
- Klasse B: Erhöhung der Gewichtsgrenze auf 4,25 Tonnen,
- Anerkennung von B196 auch im Ausland,
- Einführung des digitalen Führerscheins,
- obligatorischer Nachschulungskurs nach einem Jahr für alle Führerscheinneulinge,
- Abschaffung der Prüfortregelung,
- Senkung des Mindestalters für den Erwerb der Klasse C und der Klasse D,
- die praktische Fahrausbildung darf erst nach dem Bestehen der Theorieprüfung abgelegt werden.
Der ADAC erwähnte ausdrücklich, etwa noch im Jahr 2023 verkündete Änderungen der Richtlinie müssten von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden, um im Inland Rechtsgültigkeit zu erlangen.
Was stand in der Presse?
Weil Änderungen der EU-Führerscheinrichtlinie auf das Interesse eines großen Teils der Bevölkerung stoßen, griffen zahlreiche Medien die Pressemitteilung des ADAC auf. Daraus wurden teilweise Stories, die den Eindruck vermittelten, die Änderungen träten im Lauf des Jahres 2023 in Kraft.
Viele Schreiber scheinen nicht zu wissen, dass zwischen Verabschiedung einer EU-Richtlinie und deren Rechtsgültigkeit in den Mitgliedstaaten geraume Zeit vergehen kann, im Zweifel mehrere Jahre.
Faktencheck
Die BVF informierte ihre Mitgliedsverbände in einem Rundschreiben folgenden Inhalts:
„Einleitung eines Verfahrens zur Novellierung der 3. EU-Führerscheinrichtlinie
Derzeit wird in der EU an der Novellierung der 3. EU-Führerscheinrichtlinie, in den Medien teils spekulativ 4. EU-Führerscheinrichtlinie genannt, gearbeitet. Lediglich in einer Präsentation über Vorschläge zum EU-BKF-Recht wird mehrfach von der 4. EU-Führerscheinrichtlinie gesprochen. Entgegen einigen Pressemeldungen ist, laut Auskunft aus dem BMDV, nicht mit einer zeitnahen Umsetzung zu rechnen.
Hier der geplante Fahrplan zur EU-Gesetzgebung:
- Der Kommissionsvorschlag soll im März 2023 vorliegen,
- zunächst in Englisch, später auch mit Übersetzungen,
- danach wird darüber in der EU voraussichtlich 1,5 bis 2 Jahre beraten,
- Ende 2024/Anfang 2025 könnte die Veröffentlichung der neuen EU-FS-RL im Amtsblatt der EU erfolgen.
- Umsetzung
- Voraussichtlich 2026/2027 werden die neuen Vorgaben in den Ländern umgesetzt,
- in Deutschland wird es voraussichtlich eine Übergangsfrist von zwei Jahren bis zum Inkrafttreten geben.
Da uns der Kommissionsvorschlag derzeit nicht vorliegt, können wir über Inhalte noch keine konkreten Aussagen treffen. Sobald wir hier weitere Informationen erhalten, informieren wir Sie unverzüglich.
Mit besten Grüßen
Jürgen Kopp
Vorsitzender Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände e.V.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
das Rundschreiben der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände e.V. gibt den gesicherten aktuellen Stand wieder. Ihr Verband wird Sie – wie gewohnt – auf dem Laufenden halten und zeitnah über konkrete Rechtsänderungen informieren.
Jochen Klima
Zum Inhalt der FahrSchulPraxis Ausgabe März 2023...