UPDATE: Bürokratieabbau / Praktische Prüfung - Verhältnismäßigkeit liest sich anders
Bürokratieabbau
Das Wort ist fester Bestandteil des Mantras der Politiker, besonders in Zeiten des Wahlkampfes. Die Regel für Bürokratiestopp heißt auf Neudeutsch „one in/ one out“. Soll heißen: Ein neues Gesetz oder eine neue Verordnung soll nur dann entstehen dürfen, wenn ein anderes teilweise aufgehoben oder ganz abgeschafft wird. Im Falle des neuen Fahrlehrergesetzes vom 30. Juni 2017 kam es nur zu einer marginalen Minderung des Bürokratieaufwandes für Fahrschulen. Zugleich aber entstand eine neues, aus jahrzehntelanger Erfahrung völlig unnötiges Bürokratiemonster: die Pflicht für Fahrlehrer/-innen der Klassen BE und A, alle 5 Jahre ihre geistige und körperliche Eignung nachzuweisen. Das ist ein Beispiel dafür, wie wenig der Staat von der Eigenverantwortlichkeit seiner Bürger hält. Weil das Führen von Lkw und Omnibussen ein vergleichsweise hohes Risiko birgt, ist es plausibel, dass die rd. 600.000 Lkw- und Omnibusfahrer/-innen in Deutschland alle 5 Jahre ihre geistige und körperliche Eignung nachweisen müssen. Und es ist nichts dagegen einzuwenden, dass dies auch für Fahrlehrer/-innen der C- und D-Klassen gilt. Denn auch sie müssen für das Führen dieser schweren Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen geistig und körperlich fit sein.
Geschätzt besitzen in Deutschland 80 % der aktiven Fahrlehrer/-innen nur die Fahrlehrerlaubnis der Klassen BE und A. Im Rückblick auf die letzten 60 Jahre sind bei der Ausbildung in diesen Klassen keine die Verkehrssicherheit beeinträchtigenden Vorfälle bekannt geworden, die auf mangelnde geistige oder körperliche Eignung der Fahrlehrer/-innen schließen ließen. Sollte dem Absatz 1 des § 11 des Fahrlehrergesetzes präventive Bedeutung zugedacht gewesen sein, so war dies nicht nur ein Fehlschlag, sondern in Wahrheit für Fahrlehrer/-innen der Klassen BE und A nichts mehr als eine unverhältnismäßige, schikanöse Regelung, die im Sinne von „one out / none in“ dringend berichtigt werden muss. GLH
Praktische Prüfung – Verhältnismäßigkeit liest sich anders
In einer E-Mail vom 26. Oktober 2023 ging das Verkehrsministerium Baden-Württemberg auf eine E-Mail des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V. vom 25. August 2023 ein, welche die Misshelligkeiten bei praktischen Prüfungen im Zusammenhang mit Elektro- und Automatikautos schilderte. Das in Baden-Württemberg angewandte Verfahren sei zu sperrig und zeitaufwendig, monierte der Verband. Das Thema ist bekannt und äußerst ärgerlich: Komplett ausgebildeten Fahrschülern wird die Teilnahme an der praktischen Prüfung versagt, wenn sie versäumt hatten, im Antrag auf Erteilung ihrer Fahrerlaubnis zu vermerken, auf einem Elektro- oder Automatikauto geprüft werden zu wollen. Man schickt sie am Prüfungstag unverrichteter Dinge gnadenlos nach Hause. Begründung in kurz: Weil die Behörde in eine solche Änderung des Antrags nicht einbezogen werde, könne den zu Prüfenden am Tag der Prüfung der Führerschein nicht ausgehändigt werden; das koste sie zusätzlich Geld und belaste die Behörde.
Die restriktive Haltung des Verkehrsministeriums, die im Grunde ein Prüfungsverbot ist, stützt sich angeblich auch auf Umfragen bei den Fahrerlaubnisbehörden. Wenn die deutliche Mehrheit der Behörden sich gegen eine liberalere Handhabung dieser Causa ausgesprochen hat (was bedeutet, dass man das unter sich ausgemacht und an die Betroffenen nicht gedacht hat), erfahren die jungen Staatsbürger/-innen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei Verwaltungshandeln in diesem Fall auf Betreiben des Verkehrsministeriums außer Kraft gesetzt wurde.
Das Versäumnis, im Antrag anzugeben, die praktische Prüfung auf einem Elektro- oder Automatikauto ablegen zu wollen, wird so zu einer Art Ungehorsamkeit, die Erziehungsmaßnahmen verlangt. Dabei wären die Betroffenen damit einverstanden, auf die Aushändigung des Führerscheins zu warten und die zusätzlichen Kosten zu übernehmen. Warum ist in diesem Bundesland Einfaches so kompliziert? Denken Sie mal darüber nach. GLH