29.07.2024Quelle: Petair/Stock.Adobe© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Juli 2024, Seite 429

HUK-Coburg Mobilitätsstudie: Jüngere sind mehr für E-Mobilität

Rund zwei Drittel der Deutschen sind mit der Verkehrssituation unzufrieden. Ein Drittel kauft daher mehr im Internet und fährt weniger in die Innenstadt. Gleichwohl behauptet das Auto mit 72 Prozent der Nennungen die Poleposition als Verkehrsmittel der Zukunft. Das und mehr sind die Ergebnisse der zum vierten Mal in Folge von der Versicherungsgesellschaft HUK-Coburg durchgeführten Mobilitätsstudie 2024. Dazu wurden 4.100 Personen ab 16 Jahren im Februar dieses Jahres befragt.

 

Rund zwei Drittel der Deutschen sind laut Studie überzeugt, dass der Zustand des Verkehrsnetzes die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland behindert (63 Prozent) und nicht dem eines modernen Industrielandes entspricht (68 Prozent). Entsprechend wird dafür plädiert, dass der Staat hier „notfalls zulasten anderer staatlicher Aufgaben im sozialen oder kulturellen Bereich“ investiert (62 Prozent). Ganz oben in der Kritik rangiert die Schiene: So wird doppelt so stark wie über Straßen über das Schienennetz geschimpft. Zwar sieht eine große Mehrheit von 75 Prozent in der Verlagerung von Personenverkehr von der Straße auf die Schiene eine grundsätzlich richtige Strategie, zugleich ist jedoch mehr als die Hälfte (57 Prozent) davon überzeugt, dass dies in der Realität nicht funktioniert. Insgesamt sind lediglich 13 Prozent der Bevölkerung der Ansicht, dass das Verkehrsnetz aus Straße und Schiene hierzulande besser ist als in vergleichbaren europäischen Ländern. Die Mobilitätsstudie 2024 der HUK-Coburg offenbart in diesem Jahr zudem eine wachsende Besorgnis vor staatlichen Reglementierungen. Jeder Vierte befürchtet bei neuen Mobilitätskonzepten eine zu starke öffentliche Bevormundung. Demgegenüber war es im Vorjahr erst jeder Fünfte. Ebenso gestiegen ist der Studie zufolge die Sorge vor Verlust an Individualität und Selbstbestimmung, nämlich von 19 auf 23 Prozent.

 

Das Auto behält die Poleposition

Angesichts des Wegfalls der staatlichen Kaufprämie Ende 2023 hat sich bei jedem Vierten (24 Prozent) die Kaufbereitschaft für ein E-Auto reduziert oder ist ganz verschwunden. Dabei war die Reaktion bei den Jüngeren unter 40 Jahren gegenüber den Älteren doppelt so stark: 38 Prozent zu 17 Prozent. Überhaupt existiert ein großer Generationen-Unterschied bei der Bewertung von Elektroautos. Die unter 40-Jährigen sehen im E-Auto fast doppelt so häufig das ideale Verkehrsmittel der Zukunft (22 Prozent) wie die über 40-Jährigen (12 Prozent). Weil sich unter den Älteren die Bewertung des E-Autos seit dem Vorjahr nochmals deutlich verschlechtert hat, fällt jedoch insgesamt die Einschätzung des E-Autos als ideales künftiges Verkehrsmittel gegenüber 2023 zurück, nämlich von 19 auf 15 Prozent. Jörg Rheinländer, Vorstandsmitglied der HUK-Coburg: „Wir sind jetzt am entscheidenden Punkt in der Mobilitätspolitik: Die Bürger brauchen Klarheit und Konsistenz bei staatlichen Programmen und Strategien, denn insbesondere bei der Elektromobilität ist eine Bereitschaft zum Umstieg gerade bei jüngeren Fahrern da.“

 

Noch stärker zurückgefallen ist die Bewertung von Autos mit alternativen klimafreundlichen Antrieben wie Wasserstoff oder E-Fuels (von 18 auf 12 Prozent). Interessant ist aber: Mit einer Nennung von unverändert 72 Prozent steht das Auto unter allen Befragten mit weitem Abstand auf der Prioritätenliste ganz oben, da dieses Verkehrsmittel auch in Zukunft die Anforderungen der Befragten an die Mobilität der Zukunft am besten erfüllt. Laut Vorstandsmitglied Reinländer bedeutet das im Umkehrschluss, dass konventionelle Autos mit Verbrennungsmotoren in der Gunst der Deutschen wieder aufgeholt haben.

 

Verändertes Mobilitätsverhalten

Aufgrund der verschlechterten Verkehrssituation haben der aktuellen Mobilitätsstudie zufolge nahezu zwei Drittel der Deutschen ihr Mobilitätsverhalten verändert. Ein Drittel (33 Prozent) kauft nach eigenen Angaben mehr im Internet ein. Ebenso viele fahren zum Einkaufen weniger in die Innenstädte. Jeder fünfte Befragte (21 Prozent) kommuniziert mit Freunden und Verwandten häufiger digital, statt sie persönlich zu besuchen. Und eine nahezu ebenso große Anzahl hat den Besuch von Veranstaltungen wie Konzerten oder Theatervorführungen eingeschränkt (19 Prozent). Als Sofortmaßnahme für bessere Mobilität fordern vier von zehn Bundesbürgern den Ausbau des Angebots an Bussen, Bahnen und öffentlichem Personennahverkehr (41 Prozent) sowie niedrigere Kosten hierfür (40 Prozent). Während dieses Ergebnis in etwa auf dem Vorjahresniveau liegt, fordern mit 28 Prozent deutlich weniger Befragte eine stärkere Reduzierung des Autoverkehrs in den Städten als noch im Vorjahr mit 32 Prozent.

Und: Nahezu doppelt so viele Befragte wie 2023 erwarten jetzt sogar eine künftig wachsende Rolle des Autos bei Mobilitätskonzepten, nämlich 17 statt bisher 10 Prozent.

 

Je nach Bundesland gibt es klare Unterschiede im Mobilitätsverhalten

Ins Auge springen auch die Vergleiche zwischen den 16 Bundesländern: Während etwa nur ein Drittel der Befragten in Mecklenburg-Vorpommern (35 Prozent) auf das tägliche Pendeln mit dem Auto ins Büro für Klimaziele verzichten würde, sind es in Hamburg und Berlin jeweils mehr als die Hälfte (58 Prozent). Das Ergebnis in diesen Stadtstaaten zeigt, welche Bedeutung ein belastbarer ÖPNV auf Einstellungen und Verhalten der Bürger beim Thema Mobilität haben kann. So ist in Hamburg und Berlin etwa jedem Zweiten das Thema Mobilitätskonzepte auch „äußerst“ oder „sehr wichtig“. In Brandenburg ist das bei jedem Dritten (33 Prozent) der Fall – der bundesweit niedrigste Wert.

 

Die wichtigsten Ergebnisse der HUK-Mobilitätsstudie 2024 auf einen Blick

  • Das Auto bleibt die Nummer eins bei der Wahl des beliebtesten Verkehrsmittels.
  • Für 68 Prozent der Deutschen ist das Verkehrsnetz hierzulande nicht mehr zeitgemäß.
  • Ein Drittel kauft daher mehr im Internet und fährt weniger in die Innenstädte.
  • Bei jedem Vierten (24 Prozent) hat der Wegfall der staatlichen Prämienförderung die Kaufbereitschaft für ein E-Auto reduziert oder ganz schwinden lassen – in Berlin sogar bei jedem Dritten (32 Prozent).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Isabella Finsterwalder

Titelbild: Quelle: Petair/Stock.Adobe


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