(2616) Zugewachsenes Verkehrszeichen - im Frühjahr keine Seltenheit
Der Fall Ein Autofahrer hatte in einer Tempo-30-Zone die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 40 km/h überschritten und wurde daraufhin zu einer Geldbuße von 200 Euro verurteilt. In der Begründung wurde ausgeführt, dass zwar das Verkehrsschild, das die Tempo-30-Zone ankündigte, zum Tatzeitpunkt durch Baum- und Buschbewuchs für den Beklagten nicht erkennbar gewesen sei, er jedoch aufgrund der Rechts-vor-links-Regelung an nahezu jeder Straßeneinmündung und der Wohnbebauung an der Straße hätte erkennen müssen, dass es sich um einen Straßenabschnitt mit einem Tempolimit von 30 km/h gehandelt habe.
Urteil der 2. Instanz Das Oberlandesgericht sah die Sache jedoch anders und stellte fest, dass eine fahrlässige Überschreitung der zul. Höchstgeschwindigkeit um 40 km/h nicht rechtsfehlerfrei festgestellt worden sei. Der Fahrer habe das Verkehrsschild aufgrund des Bewuchses nicht erkennen können. Dieser Umstand habe zur Folge gehabt, dass das Verkehrszeichen für den Betroffenen keine Verbindlichkeit entfaltet habe. Für die Wirksamkeit von Verkehrszeichen gelte der Sichtbarkeitsgrundsatz. Danach seien Verkehrszeichen so aufzustellen oder anzubringen, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhalten der nötigen Sorgfalt das Schild mit raschem und beiläufigem Blick erfassen könne. Der Verkehrsteilnehmer müsse die Anordnung des Verkehrszeichens ohne weitere Überlegung eindeutig erfassen können (BGH NJW 1966, 1456). Die Erkennbarkeit müsse deshalb ausreichend gewahrt und erhalten werden. Sobald die Erkennbarkeit nicht mehr vorhanden sei, würden die Verkehrszeichen ihre Wirksamkeit verlieren.
Fahrer hat lediglich die innerorts geltende Höchstgeschwindigkeit überschritten Eine solche Fallgestaltung sei hier gegeben, sodass das Verkehrszeichen mangels ausreichender Sichtbarkeit Rechtswirkungen für den Betroffenen nicht habe entfalten können. Zudem sei der Fahrer ortsunkundig gewesen und habe somit auch nicht wissen können, dass er sich in einer Tempo-30-Zone befunden habe. Dem Betroffenen habe man damit keine Geschwindigkeitsüberschreitung im Umfang von 40 km/h zur Last legen können. Vielmehr werde ihm lediglich vorgeworfen, dass er gegen die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h verstoßen habe.
Oberlandesgericht Hamm
– Beschluss vom 30.09.2010 – Az. III-3 RBs 336/09