(2660) Fahrer zweifelt nach Geschwindigkeitsverstoß das polizeiliche Messprotokoll an
Der Fall Gegen den Betroffenen war wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 40 km/h eine Geldbuße in Höhe von 520 Euro festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet worden. Bei erlaubten 50 km/h war der Betroffene nach Abzug der Toleranz 90 km/h gefahren. Auf seinen Einspruch hin hatte das Amtsgericht Kassel (AG) den mehrfach vorbelasteten Betroffenen u.a. wegen vorsätzlichen Verstoßes zu einer Geldbuße von 1.000 Euro und einem Fahrverbot von zwei Monaten verurteilt. Dagegen ging der Betroffene mit Rechtsbeschwerde beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) vor.
Das Urteil Der 2. Strafsenat des OLG verwarf die Rechtsbeschwerde mit der Begründung, das Urteil des AG lasse keine Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen erkennen. Das gelte insbesondere für die Würdigung des Verhaltens als vorsätzlicher Verstoß und daran anknüpfend die verschärfte Ahndung mit einer Geldbuße von 1.000 Euro. Der vom Betroffenen beanstandete Umgang mit „lückenhaften“ Messprotokollen erschöpfe sich in einer bloßen Behauptung und begründe ebenfalls keinen Rechtsfehler. Es fehle ein konkreter Bezug zum Fall. Auffälligkeiten und/oder Besonderheiten in der sog. Falldatei, die in einem Kontext zum Messprotokoll gesehen werden könnten, würden nicht dargestellt. Das in Bezug genommene Bild des Falles weise ebenfalls keinerlei Auffälligkeiten auf. „Es zeigt lediglich einen einsamen Fahrer, der mit entspanntem Gesicht und gemessenen 90 km/h kurz nach Mitternacht durch die Innenstadt von Kassel rast“, konkretisiert der Senat. Darüber hinaus nimmt der Senat die Entscheidung zum Anlass, grundsätzlich den Umgang mit „lückenhaften“ Messprotokollen zu erläutern. Messprotokolle könnten als amtliche Urkunden in Verfahren zu Verkehrsordnungswidrigkeiten verlesen werden und damit die Einvernahme von Zeugen ersetzen. Sofern Messprotokolle nicht den verbindlichen Vorgaben entsprächen, müsse der Messbeamte als Zeuge vernommen werden. „Entscheidend ist nicht die formale Dokumentation, sondern die materielle Richtigkeit der Handlung“, betont der Senat. Erinnere sich der Messbeamte an die häufig schon Monate zurückliegende Messung nicht mehr, liege keine standardisierte Messung mehr vor. Das Gericht müsse dann eine volle Beweiswürdigung u. a. unter Bewertung der vom Messgerät erzeugten Falldatei vornehmen. Dabei sei es eine Grundanforderung an die Verteidigung, aus der Falldatei heraus dem Gericht vor der Hauptverhandlung konkrete Auffälligkeiten aufzuzeigen. Nur dann sei das Gericht verpflichtet, diesen Auffälligkeiten nachzugehen. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt/Main, Beschluss vom 15.05.2025;
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 06.06.2025; Textbearbeitung GLH