29.05.2024© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Mai 2024, Seite 254

UPDATE: "Wir schulen auf Simulator"

"Wir schulen auf Simulator"

Diesen Werbespruch wird man in Zukunft öfter lesen. Tatsächlich besitzt eine Reihe von Fahrschulen, namentlich in Großstädten, schon seit geraumer Zeit einen oder auch mehrere Fahrsimulatoren, die gewöhnlich als Hilfsmittel für die Anfangsschulung der sog. Bedienungs-Automatismen wie Anfahren, Bremsen, Halten, Kuppeln und Schalten benutzt werden. Im Gegensatz zu den alten „Fahrstühlen“, die z.B. in der DDR für die ersten Schritte benutzt werden mussten, werden heute Fahrsimulatoren mit Bildschirmen und einem an den Realverkehr angelehnten Minimalprogramm angeboten, das nicht geeignet ist, sicheres Verhalten im Straßenverkehr zu erlernen. Damit ist beileibe nicht gesagt, das Üben auf solchen Simulatoren sei nutzlos. Es kann Anfängern durchaus helfen, den Umstieg auf das Schaltauto zu erleichtern. Das gilt besonders für Menschen, deren Sensomotorik mit von Technik ausgehenden Reizen nicht leicht klarkommt. Bei einem nüchternen Blick in die Zukunft offenbaren sich bezüglich Fahrsimulatoren mehrere Vorzeichen:

 

  1. Der sogenannte Schaltwagen ist ein dem Ende nahes Auslaufmodell. Damit entfällt für Fahrschüler künftig der Kampf um den Schleifpunkt der Kupplung und ums rechtzeitige Hoch- und Runterschalten. Und Abwürgen des Motors ist auch erledigt.
  2. In Bälde werden hochdigitalisierte, KI-generierte Fahrsimulatoren auf den Markt kommen, die alles darstellen können, was in der Realität des Straßenverkehrs vorkommen kann, aber in 30 oder mehr Fahrstunden nie passiert ist: Nebel, Starkregen, Glatteis, ein Bus mit eingeschaltetem Warnblinklicht an der Haltestelle, plötzlich auf den Zebrastreifen einschwenkende Radfahrer usw. Die sachkundigen Leser der FahrSchulPraxis werden keine Mühe haben, sich weitere überraschende Szenarien vorzustellen, die der Realverkehr bereithält.
  3. Ein Programm, welches das naturgetreue Abbild des Prüfungsortes mit allen Haken und Ösen wiedergibt, ist wohl auch vorgesehen, aber auch das kann momentane Situationen nicht in Echtzeit darstellen.
  4. Während die heutigen „dummen“ Fahrsimulatoren für Preise zwischen 8- und 15.000 Euro zu haben sind, werden die neuen etwa 50.000 Euro kosten. Hinzu kommen Wartung und – ganz wichtig – die Pflege der Software. Das Verkehrsrecht bleibt dynamisch, die Technik sowieso, deshalb ist stets aktuelle Software unerlässlich.
  5. Der Einwand, dass sich die kleine Fahrschule einen so kostspieligen Simulator nicht leisten kann, mag seine Berechtigung haben. Aber wenn sich Fahrschulen zusammentun und die Simulator-Fahrstunde ordentlich kalkulieren, werden die Kosten zu stemmen sein.
  6. Wer heute als Fahrschul-Inhaber an Morgen denkt, sollte sich nicht von negativen Kommentaren zu Fahrsimulatoren beeinflussen lassen. Die neuen Entwicklungen kommen schneller als die Pessimisten zu denken gewohnt sind.

GLH

 


 

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