Verbandstag 2024: Vitale Jahreshauptversammlung in Pforzheim
Zur 74. ordentlichen Hauptversammlung hatte der Fahrlehrerverband Baden-Württemberg e.V. für 13. April 2024 nach Pforzheim, CongressCentrum, eingeladen. Die Tagung begann mit einem internen Teil, zu dem Vorsitzender Jochen Klima die zahlreich erschienenen Mitglieder und geladenen Gäste herzlich begrüßte. Einen besonderen Willkommensgruß richtete Klima an die Firmen, die im Foyer eine beachtliche Fachmesse für Dienstleistungen und sonstigen Bedarf der Fahrschulen boten.
Der interne Teil der Versammlung begann um 09.30 Uhr mit einem würdigen Gedenken für die seit der letzten Jahreshauptversammlung verstorbenen Mitglieder.
Berichte
An erster Stelle der satzungsgemäßen Regularien standen der Jahresbericht des Vorstandes, die Kassenberichte des Verbandes und der Sterbekasse STOCK; diese gibt die FahrSchulPraxis in den Ausgaben April und Mai 2024 im vollen Wortlaut wieder. Dessen ungeachtet sind an dieser Stelle Lob und Dank des Vorsitzenden an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Geschäftsstelle für ausgezeichnete Arbeit, ebenso für die vertrauensvolle und effiziente Zusammenarbeit im Vorstand sowie die hohe Beratungsqualität des Beirates zu erwähnen.
Mitgliedergewinnung
Recht erfolgreich ist der Verband beim Thema Mitgliedergewinnung. Ein eigener, neu geschaffener Arbeitskreis hat zahlreiche Vorschläge erarbeitet, die bereits fruchten. Als einer von wenigen Landesverbänden kann Baden-Württemberg mit Stand April 2024 einen Mitgliederzuwachs verzeichnen. Dazu passt auch das neue Logo des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V. sowie der neue Internet-Auftritt, der seit 15. April online ist – klarer strukturiert, nutzerfreundlicher und mit noch mehr praktischen Inhalten.
Rechnungsprüfung
Der Bericht der Rechnungsprüfer, den Kollege Martin Kuchler vortrug, gab keinen Anlass zu Beanstandungen. Zu den genannten Berichten gab es keine Nachfragen.
Entlastung
Auf Antrag des Kollegen Martin Kuchler wurde der Vorstand des Verbandes einstimmig entlastet.
Neue Beitragssätze
Über den vom Beirat eingebrachten Vorschlag zur Festsetzung der ab 1. Juli 2024 geltenden Beitragssätze wurde schriftlich abgestimmt. Der Vorschlag wurde mit großer Mehrheit (90 %) angenommen.
Die neuen Mitgliedsbeiträge belaufen sich ab dem 2. Halbjahr 2024 auf folgende Beträge:
Beitragsklasse 1:
- Inhaber / Verantwortlicher Leiter / Juristische Person: 41,50 € pro Monat bzw. 498,00 € pro Jahr
Beitragsklasse 2:
- Angestellte ohne Zeitschrift FAHRSCHULE: 10,00 € pro Monat bzw. 120,00 € pro Jahr
- Angestellte mit Zeitschrift FAHRSCHULE: 12,08 € pro Monat bzw. 145,00 € pro Jahr
Hinweis: Alle weiteren Beitragsklassen („nicht mehr tätig“ und „70Plus“) bleiben unverändert.
Wahl eines Rechnungsprüfers
Infolge des Ausscheidens aus dem Fahrlehrerberuf legte Simon Leonhard, einer der im letzten Jahr gewählten Rechnungsprüfer, sein Amt nieder, in das vorübergehend der stellvertretende Rechnungsprüfer Kollege Wolfgang Rieker eintrat. Als neuen zweiten Rechnungsprüfer wählte die Versammlung den Kollegen Philipp Küsters aus Offenburg.
Satzungsänderung
Um als Verband weiterhin gegen Wettbewerbsverstöße vorgehen zu dürfen, muss der Fahrlehrerverband Baden-Württemberg e.V. gemäß § 8b des Gesetzes über unlauteren Wettbewerb (UWG) in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen sein. Das setzt eine Änderung der Satzung voraus. Den vom Vorstand hierzu vorgelegten Text nahm die Mitgliederversammlung einstimmig an. Der Vorstand wird nun umgehend beantragen, den Beschluss der Mitgliederversammlung in das Vereinsregister einzutragen.
Anträge
Seitens der Mitglieder lagen keine Anträge zur Hauptversammlung vor.
Ein emotionaler Abschied
Zu Beginn des TOP „Aussprache und Diskussion“ wurde der langjährige frühere Verbandsvorsitzende Gebhard L. Heiler, der den Wunsch nach ein paar Minuten Redezeit geäußert hatte, vom Vorsitzenden Klima ans Rednerpult gebeten.
In einer kurzen, alle Anwesenden sehr berührenden Ansprache, erklärte der im Januar dieses Jahres 90 Jahre alt gewordene „GLH“, ihm sei bewusst, dass er alt geworden sei, und er wolle sich deshalb „nach 65 Jahren und nur zwei aus triftigem Grund versäumten Hauptversammlungen von Ihnen, liebe Kolleginnen verabschieden.“ Er sei – wie immer – heute mit dem Auto angereist, aber in seinem Alter wisse man ja nie, wie lange man noch Auto fahren dürfe und könne. Und mit dem Zug zur Hauptversammlung zu kommen, sei nichts für ihn. Deshalb sei dies heute seine letzte Hauptversammlung. Er sei aber weder todessehnsüchtig noch habe er vor, aus diesem Verband – der in nahezu 75 Jahren Erstaunliches für den Berufsstand geleistet habe – auszutreten.
Heiler – erkennbar bewegt – schloss mit den Worten: „Ich danke Ihnen allen von ganzem Herzen für die erlebnisreichen Hauptversammlungen der letzten 65 Jahre und für Ihre klugen Beschlüsse, die Sie dabei gefasst haben. Bleiben Sie fest in Ihrer Treue zu Ihrem Verband. Carpe diem! Genießen Sie den Tag.“
Gebhard L. Heiler, Foto: Werner Kuhnle
Die Mitgliederversammlung dankte Herrn Heiler für diesen sehr emotionalen Abschied mit minutenlangen Standing-Ovations. Der Vorstand des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V. wünscht GLH – im Namen aller Mitglieder – von Herzen alles erdenklich Gute und weiterhin einen gesunden Lebensabend!
Diskussion
Von einem Mitglied kam die Frage, warum der Verband daran festhalte, dass nur der TÜV Prüfungen abnehmen dürfe und warum man sich einer Öffnung für andere Prüforganisationen verschließe und „mauern“ würde. Jochen Klima erläuterte dazu: „Wir mauern doch gar nicht! Die Verkehrsministerkonferenz der Länder hat in einem Beschluss gesagt, dass die Länder da nicht mitspielen. Erst müsste man sich Zugangswege und andere Themen ansehen. Die Änderung des Sachverständigengesetzes sei nicht geeignet, einen etwaigen ‚Missstand‘ zu beseitigen.“ Klima ergänzte außerdem, dass es kein Monopol, sondern eine Alleinbeauftragung sei. Abschließend gab es noch eine Wortmeldung aus dem Auditorium, samt Lob für den TÜV, dass alles gut funktioniere, was mit deutlichem Applaus aus dem Auditorium quittiert wurde.
Eine weitere Wortmeldung gab es zur praktischen CE-Ausbildung, weil es immer schwieriger werde, Grundfahraufgaben zu üben, da Anwohner sich beschwerten und alle Flächen „zuparkten“. Klima riet, sich dafür zunächst an den Kreisvorsitzenden und die örtlich zuständigen Behörden zu wenden; der Verband werde dieses Vorgehen entsprechend unterstützen. Ein weiterer Punkt betraf den durch B197 wachsenden Fuhrpark, weil neben Schaltwagen auch E-Autos bzw. Automatik-Autos vorgehalten werden müssen. Jochen Klima verwies auf die Regelung in der Schweiz, wonach es nach Ablegung der praktischen Prüfung auf einem Automatik-Auto ohne Weiteres zulässig ist, einen Schaltwagen zu führen. Er gab jedoch zu bedenken, dass in diesem Fall die EU-Führerscheinrichtlinie geändert werden müsse, was dort aber offensichtlich noch nicht auf der Agenda stehe.
Informationsveranstaltung für Fahrlehreranwärter
Zeitgleich zum internen Teil am Vormittag der Mitgliederversammlung fand eine etwa einstündige Informationsveranstaltung für Fahrlehreranwärter statt. Dieser Part wurde gekonnt von Kollege Frank Dreier, Vorsitzender des Landesverbandes der Hessischen Fahrlehrer e.V. und Dozent der Ausbildungsfahrlehrer-Fortbildungen des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V. geleitet. Die künftigen jungen Kolleginnen und Kollegen konnten sich über die Aufgaben des Verbandes und über die Vorteile einer Mitgliedschaft informieren und dazu ihre Fragen stellen.
Info-Veranstaltung Fahrlehrer in Ausbildung; Foto: Werner Kuhnle
Der erweiterte, öffentliche Teil der Versammlung
Nach Abschluss der nach Satzung und Vereinsrecht zu behandelnden Regularien und einer kurzen Pause folgte dem internen der erweiterte Teil der Versammlung, an dem Angehörige, Gäste und Mitarbeitende von Fahrschulen teilnahmen. Jochen Klima begrüßte die Hinzugekommenen, unter denen sich auch Fahrlehreranwärterinnen und -anwärter aus den meisten Fahrlehrerausbildungsstätten unseres Bundeslandes befanden, sehr herzlich.
An erster Stelle begrüßte Klima den baden-württembergischen Verkehrsminister und MdL Winfried Hermann. Weiterhin hieß Klima den Bundestagsabgeordneten Dr. Gunther Krichbaum (CDU) sowie die Landtagsabgeordneten Felix Herkens (Bündnis 90/Die Grünen), Dr. Ulrich Rülke und Prof. Dr. Erich Schweikert (FDP) sehr herzlich willkommen.
Einen besonderen Gruß richtete Klima an Sebastian Kaufmann, Leiter des für Fahrschulen zuständigen Referats 46 Verkehrsrecht/Verkehrssicherheit des Landesverkehrsministeriums; ebenso begrüßte er aus dem Innenministerium Baden-Württemberg: Polizeioberrat Timon Kuntz und die Erste Polizeihauptkommissarin Cordula Burkhardt. Klima fügte an: „Mit Ihrem Ministerium pflegen wir seit vielen Jahren, namentlich auch in den Fragen der Unfallprävention, eine sehr angenehme und fruchtbare Zusammenarbeit.“
Ein weiterer freundlicher Gruß galt Stefanie Böhm, Leiterin Betriebsabteilung der Fahrlehrerversicherung VaG.
Der TÜV SÜD war in großer Besetzung da. Herzlich willkommen, hieß Klima Jochen Krebs, Leiter Serviceline Fahrerlaubnis der TÜV SÜD Auto Service GmbH, sowie Peter Reiter-Machoi, Leiter Business Line Retail Baden-Württemberg der TÜV SÜD Auto Service GmbH, beide aus München, und Marcellus Kaup, Leiter der für Baden-Württemberg zuständigen technischen Prüfstelle des TÜV SÜD.
Sehr freundliche Willkommensgrüße fand Klima auch für Jörg Michael Satz, Präsident der Moving International Road Safety Association, ebenso für Bernhard Rauleder, Geschäftsführer des THV, Rainer Zeltwanger, Vorsitzender des BDFU e.V, Kollege Frank Dreier Vorsitzender des Landesverbandes der Hessischen Fahrlehrer e.V., Kollege Bernd Ehlers, 2. Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Hamburg e.V., Kollege Volker Freigang, stellvertretender Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Nordrhein e.V. Einen sehr freundlichen Gruß entbot Klima den Vertretern der Presse und der auditiven und visuellen Medien, namentlich Gerhard Grünig, Chefredakteur der Zeitschrift Fahrschule und ebenso seinem Vorgänger im Amt, Gebhard L. Heiler.
Ausstellende Unternehmen
Jochen Klima würdigte die im Foyer anwesenden 32 Firmen, die „eine große Fachmesse mit vielen Neuheiten rund um die tägliche Arbeit der Fahrschulen“ darstellten, mit besonderem Dank im Namen der Mitglieder.
Sponsoren
Ein inniges Dankeswort richtete Klima an den Verlag Heinrich Vogel, München, und an die DATAPART Factoring GmbH, Ludwigsburg, die Sponsoren der After-Work-Party sind. Eine noble Geste, für die wir uns bei den Chefs der beiden Unternehmen, Peter Lehnert von der TECVIA GmbH, München, und David Wimpff von der DATAPART Factoring GmbH, Ludwigsburg, sehr herzlich bedanken.
Das traditionelle Grundsatzreferat
In seinem traditionellen Grundsatzreferat „Wir beziehen Position – Aktuelles zur Berufspolitik“ ging Klima auf das aktuelle Geschehen und auf den beruflichen Alltag der Fahrschulen ein. Hier der Wortlaut seiner Rede:
„Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, nun spreche ich einige Punkte an, die uns derzeit bewegen.
Die Corona-Pandemie mit den langen Lockdowns in den Jahren 2020 und 2021 sowie den sonstigen Einschränkungen liegt zum Glück hinter uns.
Als der Staat vor fast vier Jahren vollmundig Milliardenhilfen zur Unterstützung aller von den Lockdowns betroffenen Firmen ankündigte, gingen die Begünstigten in aller Regel von einer bedingungslosen Unterstützung aus. Die Schlussabrechnungen der Corona-Hilfen brachten jedoch – namentlich für viele kleinere Unternehmen – die Überraschung, dass es sich in zahlreichen Fällen nicht um eine echte, selbstlose Hilfe gehandelt hatte, sondern nur um einen mit Zinsen zurückzuzahlenden Kredit.
Sehr geehrter Herr Minister, auch wenn das nicht Ihr Ressort betrifft: Sie sind Mitglied dieser Landesregierung. Eine Landesregierung, die so mit dem Mittelstand umgeht, muss sich über die Politikverdrossenheit und die Abwendung vieler Menschen von den demokratischen Parteien nicht wundern.
Aber kommen wir zu einem anderen Thema:
Die Fahrschulen standen vor Kurzem im Fokus von Presse und Politik. Wir sehen uns – neben anderen Dienstleistern, dem Handel und der Industrie – wegen der Entwicklung unserer Ausbildungsentgelte ungerechtfertigter öffentlicher Kritik ausgesetzt. Die Führerscheinkosten haben es dabei - dank eines Antrags der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Damit Mobilität nicht zum Luxus wird – Für einen bezahlbaren Autoführerschein“ sogar bis zu einer Debatte im Deutschen Bundestag geschafft.
Es ist völlig klar, dass auch die Fahrschulen in jüngster Zeit von massiven Kostensteigerungen bei Fahrzeugen, Löhnen, Mieten, Reinigung, Energie und vielem mehr belastet wurden. Das führte zwangsläufig zu gestiegenen Ausbildungspreisen.
Meine Damen und Herren, dabei darf man nicht verkennen, dass eine solide, nachhaltige Fahrausbildung in erster Linie auch ein wichtiger Beitrag zur Verkehrssicherheit ist. Und genau das wird nun offensichtlich von jenen Kritikern übersehen, die in nostalgischer Sinnestäuschung die heutigen Kosten und die Anzahl, der bis zur Prüfungsreife erforderlichen Fahrstunden mit ihrer oftmals schon vor Jahrzehnten durchlaufenen Fahrausbildung vergleichen. Behauptet wird auch, der prozentuale Anstieg der Führerscheinkosten läge weit über der Inflationsrate. Die Fahrschulen hätten also über Gebühr zugeschlagen. Meine Damen und Herren, dagegen verwahren wir uns ganz ausdrücklich, denn für die höheren Kosten gibt es nachvollziehbare Gründe: Politiker, die jetzt fordern, der Führerschein müsse bezahlbar bleiben, haben in den vergangenen Jahren selbst zum massiven Kostenanstieg beigetragen.
- Dabei denke ich beispielsweise an die Verlängerung der praktischen Prüfung, die nicht nur die reinen Prüfungskosten beim TÜV und bei der Fahrschule verteuert hat. Denn um eine 55 Minuten dauernde praktische Prüfung der Klasse B erfolgreich durchzustehen, ist zwangsläufig eine noch aufwendigere Vorbereitung als für eine Prüfungsdauer von 45 Minuten erforderlich.
- Auch die in die Prüfung aufgenommene obligatorische Nutzung der im Auto vorhandenen Fahrerassistenzsysteme (FAS) erfordert zusätzliche Ausbildungszeit.
- Und nicht zuletzt hat die modifizierte Automatikregelung (B197), die wir, wohlgemerkt, als Teilfortschritt einer technikadäquaten Verordnungsgebung begrüßten, zu höheren Fahrzeugkosten geführt: Jede Fahrlehrerin und jeder Fahrlehrer muss im Regelfall Zugriff auf zwei antriebstechnisch sehr unterschiedliche Ausbildungsfahrzeuge haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,
statt die Fahrschulen als Preistreiber zu brandmarken, könnte sich die Politik lieber einmal Gedanken über eine Senkung der Führerscheinkosten machen.
Da denke ich beispielsweise – analog zu den C- und D-Klassen – an die Befreiung der Ausbildungskosten und der TÜV-Gebühren von 19 Prozent Umsatzsteuer. Denn in den Kosten für eine Klasse-B-Ausbildung von angenommenen 3.500 Euro sind immerhin 558,82 Euro Mehrwertsteuer enthalten. Der Staat verdient also kräftig mit.
Eine weitere Möglichkeit wäre die ersatzlose Streichung der heutigen Automatikregelung. Die Schweiz hat es vorgemacht. Wer dort die Fahrprüfung auf einem Automatik-Pkw abgelegt hat, darf anschließend ohne Weiteres auch Schaltfahrzeuge fahren. Es gibt bislang keinerlei Informationen, dass dort die Unfallzahlen der Fahranfänger bei Fahrten mit Schaltautos angestiegen wären.
Natürlich wissen auch wir, dass dies ein EU-Thema ist, und dass dafür erst in Brüssel ein paar dicke Bretter gebohrt werden müssen.
Aber, lieber Herr Minister, eine entsprechende Initiative aus Baden-Württemberg, also quasi „from the Länd“, wäre doch auch ganz im Sinne der von Ihnen gewollten Förderung der Elektromobilität.
Und noch dies: Derzeit wird im BMDV unter Einbeziehung des BASt-Projektes OFSA II an der überfälligen Reform der in die Jahre gekommenen Fahrschüler-Ausbildungsordnung gearbeitet. Dazu wird Ihnen nachher Kollege Ralf Nicolai in seiner Eigenschaft als Vertreter der BVF berichten.
Wie bereits angekündigt, werden wir, sobald hierzu belastbare Fakten vorliegen, unsere Mitglieder ausführlich informieren – unter anderem auch durch die Einberufung von Regionalversammlungen.
Nach allem, was aber dazu schon heute bekannt ist, werden die Umsetzung von OFSA II und die dann reformierte Fahrschüler-Ausbildungsordnung mit Sicherheit zu deutlich höherem Aufwand für die Fahrschulen führen. Und diesen zusätzlichen Aufwand werden die Fahrschulen selbstverständlich nicht zum Nulltarif leisten können.
Somit, sehr geehrter Herr Minister, meine Damen und Herren, ist eine weitere Kostensteigerung beim Fahrerlaubniserwerb schon heute absehbar. Und es ist deshalb – so meinen wir – eine klare Aufgabe der Politik, dies der Bevölkerung schon heute offen zu sagen und nicht hinterher erneut über die schon wieder gestiegenen Führerscheinkosten zu lamentieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt aber noch einen weiteren Punkt, der derzeit zu sehr negativen Berichten in der Presse geführt hat. Das sind die hohen Nichtbestehens-Quoten - vor allem bei der Theorieprüfung.
Ja, es stimmt, auch nach den in unserem Geschäftsbericht veröffentlichten Zahlen des TÜV SÜD sind im Jahr 2023 in Baden-Württemberg 43,5 Prozent aller Bewerber bei der Theorieprüfung durchgefallen.
Besorgniserregend ist dabei, dass die Quote beim erstmaligen Erwerb einer Fahrerlaubnis sogar 47,8 Prozent beträgt. Fakt ist somit: Bei den Ersterwerbern fällt fast jeder zweite Prüfling durch.
In einem Beitrag der ZDF-Sendung Frontal vom 19. März 2024 wurde dies unter dem Titel „Wo Fahrschulen versagen“ thematisiert. In dieser Sendung verstieg sich ein Vertreter des TÜV Rheinland zu der Behauptung, daran seien einzig und allein die Fahrschulen und ihre ach so miserable Ausbildung schuld.
Meine Damen und Herren, diese Behauptung vom Vertreter einer Prüforganisation darf nicht unwidersprochen bleiben. Die Gründe für die hohen Nichtbestehens-Quoten sind nun mal sehr vielschichtig:
- Zunächst ist die schiere Anzahl der Prüfungsfragen in den letzten Jahren sehr stark angestiegen. Um die 1.300 sind es mittlerweile. Hier muss die Frage erlaubt sein, warum gemäß dem in der Politik gebräuchlichen Prinzip „One in – One out“, nicht viel mehr „alte“ Fragen auch mal aussortiert werden.
- Seit Langem ist bekannt, dass das Lese- und Sprachverständnis in weiten Teilen der Bevölkerung immer weiter nachlässt. Wäre es deshalb nicht an der Zeit, auch bei der Theorieprüfung für Menschen mit derartigen Schwächen für sogenannte Barrierefreiheit zu sorgen? Deshalb sollte dringend darüber nachgedacht werden, die im Fragenkatalog teils sehr juristisch verquaste, für viele Menschen schwer verständliche Sprache in Richtung der sogenannten „Leichten Sprache“ zu verändern.
- Früher gab es eine Regelung, dass man nach dreimaligem Nichtbestehen der Theorieprüfung drei Monate warten musste, bevor man ein viertes Mal zur Prüfung durfte. Seit es diese Vorschrift nicht mehr gibt, kann ein Bewerber innerhalb der Laufzeit des behördlichen Prüfauftrags von 12 Monaten alle 14 Tage erneut antreten. Das gibt der Prüfung den Touch von „try and error“. Wäre es deshalb nicht an der Zeit, diese superliberale Regelung etwas einzudämmen? Problematisch ist dabei auch das Verhalten mancher Eltern. Sie erwarten nämlich oft von der Fahrschule, ihren Sprössling – obwohl die Lern-App zu diesem Zeitpunkt noch keine Prüfungsreife anzeigt, mit einem Vorlauf von zwei bis drei Wochen zur Theorieprüfung anzumelden. Einwände des Fahrlehrers werden dann mit Argumenten wie „Ich sorge schon dafür, dass das Kind bis dahin noch genügend lernt, und wenn es durchfällt, probieren wir es halt gleich nochmal“ sehr bestimmend beiseite gewischt. Und wenn‘s dann schief geht, ist natürlich die Fahrschule schuld.
- Und nicht zuletzt: So wie es in Deutschland zu WM- oder EM-Zeiten gefühlt 80 Millionen Fußball-Bundestrainer gibt, scheint es manchmal auch 80 Millionen Fahrlehrer und Fahrprüfer zu geben. Will heißen, nicht wenige Verkehrsteilnehmer machen sich heutzutage ihre eigene StVO, die vor allem ihr egoistisches Vorwärtskommen begünstigt. Und in der rote Ampeln, Stopp-Stellen und Geschwindigkeitsbeschränkungen häufig nur als Empfehlungen betrachtet werden. Auch das Blockieren oder das Beschädigen von Blitzern wird im Netz frenetisch als Heldentat gegen staatliche Abzocke gefeiert. Und die bekanntermaßen oft sehr chaotische Situation mit den Elterntaxis morgens vor den Schulen zeigt diese Einstellung ebenfalls sehr deutlich.
- Hinzu kommt, dass die heutigen Fahrschüler ab ihrer frühen Kindheit von den Eltern überall hingefahren werden. Deshalb haben sie oft kaum aktive und für die Fahrausbildung wichtige und nützliche Verkehrserfahrung als Fußgänger oder Radfahrer. Und wer sich auf dem Rücksitz mit seinem Handy und nicht mit dem Verkehrsgeschehen befasst, hat ganz zwangsläufig auch kaum passive Erfahrungen als Mitfahrer, da keine bzw. wenig Beobachtung des elterlichen Verkehrsverhaltens stattfindet. Sie registrieren also nicht
- mit welchen Geschwindigkeiten ihre Eltern unterwegs sind,
- ob Mama und Papa an Stoppstellen anhalten,
- ob sie am Zebrastreifen wartende Fußgänger drüber lassen,
- kurz, wie mehr oder weniger vorbildlich sich die Eltern im Straßenverkehr verhalten.
Mit ihrer von den Eltern in 16 bis 17 Jahren Erziehung geprägten Einstellung zu den Verkehrsregeln und oft zu geringer Verkehrserfahrung aus Beobachtung kommen viele junge Menschen dann heutzutage in die Fahrschule. Und die soll dann in wenigen Wochen oder Monaten ihre Kunden eben nicht nur auf die Fahrerlaubnisprüfung vorbereiten, sondern sie auch – wie von § 1 der Fahrschüler-Ausbildungsordnung gefordert – zu einer sicheren, verantwortungsvollen und umweltbewussten Verkehrsteilnahme befähigen. Das ist häufig keine leichte Aufgabe.
Und noch ein Thema, das stark in unseren Ausbildungsalltag hineinwirkt:
Es ist bekannt und wohl nicht zu ändern, dass auch ein Großteil der 44 Fahrerlaubnisbehörden im Land unter Fachkräftemangel leidet. Das führt dazu, dass die Bearbeitung von Fahrerlaubnisanträgen oft viele Wochen, ja manchmal sogar mehrere Monate dauert.
Problematisch ist, dass deshalb nachträgliche Änderungen des Prüfauftrags, bspw. beim Wechsel von B auf B197 oft genauso lange dauern.
Ihr Ministerium, Herr Minister, hat den Vorschlag der Fahrlehrerschaft, die praktische Prüfung auch dann zu erlauben, wenn im Prüfauftrag die Schlüsselzahl 197 nicht hinterlegt ist, bereits mehrfach abgelehnt. In anderen Bundesländern – wie z.B. in Hessen – funktioniert das hingegen problemlos.
Aber, meine Damen und Herren, um die insgesamt sehr hohen Wartezeiten zwischen der Antragsstellung und der Aushändigung des Führerscheins für die Bewerber zu reduzieren, gäbe es in § 22a FeV noch ein weiteres Instrument – nämlich den vorläufigen Nachweis der Fahrerlaubnis, kurz VNF, oder auch die digital versandte Version, den eVFN. In anderen Bundesländern wird dieses Papier bzw. diese Funktion bereits regelmäßig eingesetzt. Ich berichte aus einem Rundschreiben des Fahrlehrerverbandes Hamburg von Mitte März dieses Jahres: In Hamburg werden nach bestandener Prüfung in Zukunft keine Kartenführerscheine mehr ausgegeben. Damit der Bewerber nach bestandener Prüfung trotzdem gleich losfahren kann, wird ihm vom Prüfer ein VNF ausgehändigt. Erst anschließend wird ein korrekter Kartenführerschein bestellt und dem Bewerber per Post zugeschickt. Begründet wird dies damit, dass produzierte Führerscheine sehr oft vernichtet werden müssen, weil sich zwischen dem Druck und der Ausgabe des Kartenführerscheins Änderungen – z.B. bei den Schlüsselzahlen – ergeben haben.
Sehr geehrter Herr Minister, sehr geehrter Herr Kaufmann, wir bitten dringend darum, diese sinnvolle – und ausdrücklich in der FeV vorgesehene – Vorgehensweise auch in unserem Bundesland flächendeckend zu übernehmen! Wenn Sie Ihre Behörden anweisen könnten, davon auch in Baden-Württemberg konsequent Gebrauch zu machen, wäre dies auf jeden Fall deutlich nachhaltiger als die sinnlose Vernichtung zahlreicher bereits gedruckter Führerscheine.
Außerdem wäre Ihnen aufgrund deutlich kürzerer Wartezeiten und weniger Bürokratie der Dank der Bewerber, deren Eltern sowie der Fahrlehrerschaft sicher.
Meine Damen und Herren, zum Schluss habe ich noch ein weiteres Thema, das uns derzeit große Sorgen bereitet:
Es geht um die Frage, wie seit dem 1. April 2024 die Freigabe von Cannabis und die Verkehrssicherheit unter einen Hut gebracht werden sollen.
Kiffen ist erlaubt, bekifft fahren soll zwar verhindert werden, aber verboten werden soll es auch nicht.
Nein, es steht derzeit ein Grenzwert von 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blut im Raum. Ich bin kein Wissenschaftler und kann deshalb nicht sagen, ob das zu hoch oder zu niedrig ist. Aber Null Komma Null – analog zum Alkoholverbot für Fahranfänger – wäre im Sinn der Verkehrssicherheit definitiv die bessere Wahl gewesen.
Einen zuverlässigen, leicht durchzuführenden Schnelltest, mit dem montags vor einer Fahrstunde geklärt werden kann, ob die am Wochenende gerauchte psycho-aktive Substanz Cannabis nicht nur im Körper nachweisbar, sondern ob sie tatsächlich auch im Hirn noch „psycho-aktiv“ ist, also ob der Schüler noch bekifft ist, gibt es offensichtlich derzeit auch nicht.
Herr Minister, meine Herren Abgeordnete, meine Damen und Herren, die Fahrschulen fühlen sich hier von der Politik alleingelassen. Die Kolleginnen und Kollegen fragen sich völlig zurecht, wie sie sich verhalten sollen.
Schicken sie den vermeintlich Bekifften nach Hause, obwohl er clean ist, ist Ärger mit den Eltern und Streit um die Bezahlung der ausgefallenen Fahrstunde kaum vermeidbar. Lassen sie ihren Schüler aber bekifft fahren, müssen sie damit rechnen, dass ihnen das hinterher – bei einer Kontrolle oder nach einem Unfall – zum Vorwurf gemacht werden kann.
Nein, meine Damen und Herren, das Cannabisgesetz ist wahrhaft kein Meisterstück der Verkehrspolitik, sondern eher ein Bärendienst für die Verkehrssicherheit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste, es gäbe durchaus noch weitere Themen, die einer Erwähnung an dieser Stelle wert wären.
Dabei denke ich an
- die Frage, warum die Beschaffung von Elektrofahrzeugen für Fahrschulen nicht mehr vom baden-württembergischen Verkehrsministerium gefördert wird.
- die Frage, wieso ein Fahrlehrer, der ausschließlich Bewerber um die Führerscheinklasse B unterrichten möchte, als Eignungsvoraussetzung unbedingt die Sehkraft für den Erwerb der Fahrerlaubnis der Klasse C nachweisen muss.
- die Frage, wie der Staat gedenkt, den mehr und mehr um sich greifenden Betrügereien bei der theoretischen Fahrerlaubnisprüfung Einhalt zu gebieten.
- die Frage, ob jemand tatsächlich ernsthaft daran glaubt, dass Simulatoren die Führerscheinausbildung nicht nur sinnvoll ergänzen, sondern Autobahn- oder Überlandfahrten im Realverkehr adäquat ersetzen können.
Aber das würde den zeitlichen Umfang meiner heutigen Rede bei Weitem sprengen. Deshalb schließe ich nun meine Ausführungen und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit."
Rede des Ministers
Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann ging nur in wenigen Teilen auf die von Jochen Klima angesprochenen Sachverhalte ein. Stattdessen konstatierte er, dass es zu Zeiten seiner Fahrerlaubniserteilung, 1970, „noch ein unbeschwertes Fahren war. Wir haben nicht an Umweltschutz gedacht. Wir wollten Freiheiten genießen.“ Allerdings starben zu dieser Zeit rund 20.000 Menschen auf den Straßen der Bundesrepublik.
Hermann ging auf die „Team Vision Zero“-Aktion des Verkehrsministeriums ein, die auch freiwillige Selbsttests von Senioren zum Ziel hatte. „Wir setzen auf Selbstkompetenz, unter anderem mit Sport- und Sehtests. 2024 ist allerdings die Landstraße das Thema, weil dort die meisten Unfälle passieren. Unser Motto ist ‚Runter mit dem Tempo‘ also eher Tempo 80 als Tempo 100.“ Zum Thema mangelnde Verkehrskompetenz junger Menschen erläuterte Hermann die neue Kampagne „MOVERS“ - selbstaktiv und sicher zur Schule – ganz ohne Elterntaxi. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Wege sicher sind. Aber die Kinder müssen eigeninitiativ zur Schule kommen.“
Jochen Klima und Winfried Hermann; Foto: Werner Kuhnle
Hermann riet den anwesenden Fahrlehrerinnen und Fahrlehren dazu, „multimodal zu denken und zu agieren.“ „Sie müssen den Fahrschülern vermitteln, dass es auch andere Formen der Fahrzeugnutzung gibt, wie Carsharing. Sie müssen die Leute nicht zu Autofahrern machen, sondern zu Mobilitätsnutzern …“ Den typischen Vergleich Äpfel mit Birnen zog Hermann beim Thema CE-/DE-Ausbildung. „Warum kostet die Fahrerlaubnis in Baden-Württemberg 10.000 Euro und in Vorarlberg 3000 Euro? Wir müssen darüber nachdenken, wo Kosten entstehen, und wie können wir diese senken – was kann man vereinfachen, was muss aus Gründen der Verkehrssicherheit bleiben.“ Auch bei einem weiteren Statement des Verkehrsministers weiß man nicht so recht, wie man es einordnen soll: „Ich bin überzeugt, dass Simulatoren helfen, die Kosten zu senken – gerade in der Anfangsphase! Aber natürlich werden wir wichtige Fahraufgaben nicht digitalisieren.“ Auch bei seiner letzten Aussage, zu den gestiegenen Preisen, machte sich Winfried Hermann wahrscheinlich nicht allzu viele Freunde: "Kosten sind ein Problem, ebenso die hohen Durchfallquoten. Aber mit Verlaub, es gibt kein anderes System, wo die Hälfte durchfällt. Da muss etwas nicht stimmen – zugegeben mit vielfältigen Gründen. Wir müssen uns das im Detail ansehen, aber das muss sich ändern. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir die Leute unter anderem in punkto Sprachkompetenz besser vorbereiten.“
Hauptreferat Sascha Lobo: „Internet und digitale Gesellschaft: Zukunft und Trends der digitalen Welt“
Sascha Lobo, bekannt durch seine wöchentliche Kolumne „Mensch-Maschine“ auf Spiegel online, nahm die Zuhörer mit auf eine spannende Reise in die digitale Welt. Aus Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz ergeben sich einige der größten Aufgaben der Gegenwart. Lobo ist davon überzeugt, dass KI in 10 Jahren in vielerlei Gestalt in unser Leben Einzug halten wird und den Tagesablauf der Menschen künftig völlig anders aussehen wird als heute.
Der Durchbruch der Künstlichen Intelligenz werde schon sehr lange angekündigt. Aber jetzt mit ChatGPT und GPT-4 ist die gesellschaftliche und ökonomische Wirkmacht erkennbar, die selbst Experten nicht immer überblicken.
Lobo ordnet KI in die Digitalisierung ein, erklärte die Prinzipien und Branchendynamik der Digitalkonzerne und verdeutlichte, wie Künstliche Intelligenz zugleich unter- und überschätzt werde, aber trotzdem die Welt verändere.
Sascha Lobo; Foto: Werner Kuhnle
Die KI-Transformation, also die Veränderung von Wirtschaft und Gesellschaft durch Künstliche Intelligenz, werde ähnlich umfassend wirksam werden wie die Industrialisierung. Um nicht durch die Transformation abgehängt zu werden und die Vorteile der KI nutzen zu können, müsse man sie verstehen – schnell.
Fahrlehrerversicherung
Stefanie Böhm, Leiterin der Abteilung Betrieb der Fahrlehrerversicherung, stellte den Anwesenden als erstes die neue Unfallversicherung des Stuttgarter Branchenversicherers vor und deren Leistungen. Fahrlehrer haben dabei den Vorteil, dass sie in die Risikogruppe A eingestuft werden – also in die „beste“ Risikogruppe – in der sonst nur „risikoärmere Berufe“ zu finden sind. Besonders am Herzen lag ihr das Assistance-Paket, das zum Beispiel telefonische Beratung bei jedem Unfall bietet und Rehabilitationsmaßnahmen bis 50.000 Euro und maximal drei Jahre unterstützt.
Als weiteren Baustein eines vollumfänglichen Versicherungsschutzes für Fahrschulen berichtete sie von der neuen Wohngebäudeversicherung. Bei der Einstufung zieht die Fahrlehrerversicherung insgesamt zehn Kriterien heran, um zu einem fairen Preis zu kommen. Auch in der neuen Sparte gibt es wieder die drei Alternativen „Basis“, „Komfort“ sowie „Premium“. Neue Deckungserweiterungen betreffen künftig die Elementar- sowie die Versicherung von Photovoltaikanlagen. Zum Abschluss bekräftigte sie, dass den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fahrlehrerversicherung die Fahrlehrer sehr am Herzen liegen. „Was auch immer Sie bewegt, Sie können uns jederzeit anrufen.“
TÜV – Aktuelles von der Prüforganisation
Jochen Krebs, Leiter Service-Line Fahrerlaubnis der TÜV SÜD Auto Service GmbH berichtet vom neuen Service-Modul TÜV SÜD Drivers Club. Dank Nutzung zukunftsorientierter digitaler Kommunikationsmedien werde es zu einer Entlastung der Fahrschulen kommen:
- Schneller und vereinfachter Informationsaustausch mit dem Bewerber
- Online-Verfügbarkeit von Protokollen und Dokumenten
- Nutzung des Standardmediums der Digital-Native-Generation
- Direkte Kommunikation mit dem Bewerber
- bessere Erreichbarkeit des Bewerbers
Der Rollout des TÜV SÜD Drivers Club hat in Bayern und Hamburg begonnen und wird bis Ende April auch in Baden-Württemberg abgeschlossen sein. Weitere Verbesserungen sind in Planung. So zum Beispiel Erweiterung um die Bezahlfunktion, Bereitstellung des Attestes, Chatfunktion mit TÜV SÜD etc.
Abschließend vergaß Krebs nicht zu betonen, die Hoheit über die Beurteilung der Prüfungsreife und die sich daraus ergebende Planung der Prüfung bleibe unangetastet bei den Fahrschulen.
BVF: Fahrschülerausbildung - OFSA II
In seiner Eigenschaft als zweiter stellvertretender Vorsitzender der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände hatte Ralf Nicolai Interessantes zu berichten. Den Schwerpunkt seiner Rede bildete sein Bericht über die neuesten Entwicklungen bei der Novelle zur Fahrschülerausbildung. Dazu ein Auszug seiner Rede:
Seit der letzten substanziellen Änderung im Jahr 1998 gab es zahlreiche Kritikpunkte, wie zum Beispiel die veralteten Inhalte, eine unzureichende Lernstandsbeurteilung oder eine fehlende Qualitätssicherung. OFSA I und OFSA II sollen diese und weitere Schwachstellen aufdecken, überarbeiten und dazu beitragen, die Ausbildung zu reformieren und die Fahranfängervorbereitung zu verbessern.
In den Jahren 2012 und 2013 wagte OFSA I den Blick über den Tellerrand hinaus und analysierte die Fahrausbildung in 13 Ländern genauer. Dadurch kamen drei Punkte zum Vorschein, die hierzulande dringend überarbeitet werden müssen: Zum einen gibt es ein gewisses Defizit in der Schulung zur Verkehrswahrnehmung und Gefahrenvermeidung, weiterhin muss mittels E-Learnings eine Lernzeitverlängerung stattfinden und auch im Thema Lernstandskontrolle muss der entstandene Rückstand dringend aufgeholt werden.
Im Folgeprojekt OFSA II wurden diese Ansatzpunkte aufgegriffen und um aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse sowie empirische Befunde ergänzt. Im Ergebnis von OFSA II liegt nun ein ausgearbeitetes Konzept für eine zukünftig optimierte Fahrausbildung mit dem Schwerpunkt „Pkw-Fahrerlaubniserwerb“ vor sowie konzeptionelle Grundlagen zu dessen Umsetzung. Ein Referentenentwurf wurde für Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres angekündigt.
Klar ist, dass es dabei um ein bisschen mehr als bloß die Frage geht, mit welchem Anteil einzelne Themen des theoretischen Unterrichts auch online unterrichtet werden dürfen.
Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, dabei geht es auch darum, die von OFSA II geforderte Lernzeitverlängerung umzusetzen.
Da wird es also unter anderem um die Frage gehen, ob die Theorieausbildung in Zukunft als geschlossener Kurs durchgeführt werden muss, oder sie durch obligatorische, vom Fahrschüler zwischen den Theorie-Lektionen selbstständig zu bearbeitende Selbstlern-Elemente – Stichwort „Blendend-Learning“ – ohne die er nicht zum nächsten Unterrichtsblock zugelassen wird, ergänzt werden muss.
Aktuell gilt (noch): Nix ist fix! Die künftige Fahrschülerausbildung soll auf jeden Fall „digitaler“ werden – was auch immer das heißen mag. Da haben Corona und die damit verbundenen temporären Änderungen für eine entsprechende Beschleunigung gesorgt. Wie gravierend die Änderungen ausfallen, lässt sich aktuell noch nicht sagen.
Es zeichnen sich aber bereits Tendenzen ab. So ist aus OFSA II durchgedrungen, dass bei Erweiterung einer Fahrerlaubnis der theoretische Grundunterricht nicht mehr präsenzpflichtig sein soll. Stattdessen sollen sich die Bewerber/-innen das nötige Wissen durch asynchrones Lernen mit passenden Modellen selbst erarbeiten.
Ich denke, dass das synchrone E-Learning künftig einen höheren Stellenwert haben wird. Meine Erwartungen an den Gesetzgeber sind allerdings, dass definiert wird, welche Inhalte dafür geeignet sind und vor allem welche Inhalte weiterhin in Präsenz geschult werden müssen. Wenn OFSA II wie geplant umgesetzt wird, gehe ich davon aus, dass synchrones E-Learning auf einen zeitlichen und inhaltlichen Anteil von bestimmten Unterrichtseinheiten beschränkt sein wird und reines synchrones E-Learning als Theorieunterricht nicht möglich sein wird.
Simulatoren sind aktuell als Lernmittel im Einsatz. Ob und inwieweit sie generell eingeführt werden, ist noch nicht ausreichend erörtert. Man diskutiert darüber, dass es künftig möglich sein kann, einige Simulatorstunden in die Ausbildung zu integrieren. Simulatoren können meines Erachtens nur bedingt für die Ausbildung genutzt werden. Z.B. für grundlegende Anfangskenntnisse (Anfahren, Schalten, Anhalten und für den Handlungsablauf der Verkehrsbeobachtung. Und auch dabei kann ein Fahrsimulator die individuellen Erfahrungen und das situative Lernen im Realverkehr nicht ersetzen. Eine realistische Darstellung des Straßenverkehrssystems, auch mit allen Sinnen (Vibration, Fliehkräfte, Windgeräusche, Gerüche u.a.m.) und Emotionen (Ängste, Beklemmung u.a.m.) ist mit heutigen Simulatoren nicht darstellbar.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch wissen wir nicht genau, was da auf uns zukommt. Aber sehen Sie dem durchaus mit Neugier und einer gewissen Gelassenheit entgegen. Worin Sie die Fachleute und Profis sind, nämlich bei den Inhalten für sicheres, angepasstes und verantwortungsvolles Verhalten im Straßenverkehr, wird sich nichts ändern.
Also nicht das „Was“ wird sich verändern. Allerdings das „Wie“ wird sich deutlich verändern. Unser Beruf wird sich mehr hin zum Lernbegleiter entwickeln. Unser Beruf erfährt dadurch eine deutliche Aufwertung. Was wir vom Gesetzgeber aber erwarten, ist eine ausreichende Übergangszeit, denn liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie müssen sich ja auf die neuen Formen der Fahrschüler-Ausbildung vorbereiten können. Dabei wird Sie die Bundesvereinigung und Ihr Landesverband tatkräftig unterstützen.
Ralf Nicolai: Foto:Werner Kuhnle
Anregende After-Work-Party zum Ausklang
Damit war die Tagesordnung dieses Verbandstages erledigt. Einen fröhlichen, sehr entspannten Abschluss bot die After-Work-Party mit Speis und Trank, Discomusik und einer großen Verlosung.
Ralf Nicolai
Zum Inhalt der FahrSchulPraxis Ausgabe Mai 2024...