15.05.2018

(2419) Im Anhörungsbogen nicht existierende Person angegeben

© FahrSchulPraxis - veröffentlicht in Ausgabe Mai/2018

Der Fall Dem Beschuldigten Ralf S. wurde vorgeworfen, er habe die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h um 58 km/h überschritten. Dieser Verstoß ist regelmäßig mit einem Bußgeld von 480 EUR und einem Fahrverbot von einem Monat zu ahnden. Die für die Verfolgung zuständige Bußgeldbehörde schickte Ralf S. einen Anhörungsbogen. Der aber wollte verhindern, wegen der Ordnungswidrigkeit belangt zu werden. Er wandte sich deshalb an eine unbekannt gebliebene Person, die damit warb: ,,Ich übernehme Ihre Punkte und Ihr Fahrverbot für Sie". Der Beschuldigte schickte den Anhörungsbogen samt Anschreiben per E-Mail an die unbekannte Person und überwies dieser gemäß Absprache 1.000 EUR auf ein Schweizer Bankkonto. Im weiteren Verlauf füllte eine andere Person als der Beschuldigte den Anhörungsbogen handschriftlich aus, gab den Verstoß zu und erklärte, sie sei der zur Tatzeit verantwortliche Fahrer gewesen, wobei sie den Namen einer tatsächlich nicht existenten Person unter einer Karlsruher Adresse angab.

Im Weiteren erließ die Bußgeldbehörde gegen die in Wirklichkeit nicht existierende Person einen Bußgeldbescheid und stellte zugleich das Verfahren gegen Ralf S. ein. Bis das Landratsamt von der Polizei in Karlsruhe erfuhr, dass es eine Person mit den angegebenen Personalien tatsächlich nicht gibt, war die Verfolgungsverjährung für die vom Beschuldigten begangene Verkehrsordnungswidrigkeit bereits eingetreten, sodass Ralf S. deshalb endgültig nicht mehr belangt werden konnte. Nachdem man ihm auf die Schliche gekommen war, wurde Ralf S. vom Amtsgericht Reutlingen in erster Instanz wegen falscher Verdächtigung verurteilt. Jedoch sprach ihn das Landgericht Tübingen (Urteil, Az. 24 Ns 24 Js 23198/16) in der Berufungsinstanz aus rechtlichen Gründen frei.

Die Entscheidung Das OLG Stuttgart hat den Freispruch bestätigt, weil das festgestellte Verhalten von Ralf S. keinen Straftatbestand erfüllt. Der Angeklagte hat sich nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen nicht wegen falscher Verdächtigung gemäß § 164 Abs. 2 des Strafgesetzbuchs (StGB) strafbar gemacht. Ralf S. habe den Tatbestand der falschen Verdächtigung deshalb nicht verwirklicht, weil er die falsche Behauptung nicht in Bezug auf eine andere tatsächlich existierende Person aufgestellt hat. ,,Ein Anderer", wie ihn § 164 Abs. 2 StGB voraussetzt - so entschied der Senat bei einer Auslegung nach Wortsinn, Systematik, Zweck des Gesetzes und Historie -, muss eine tatsächlich existierende Person sein. Der Senat stellte fest, dass im vorliegenden Fall auch keine anderen Straftatbestände in Betracht kommen.

Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil vom 20.02.2018
Az. 4 Rv 25 Ss 982/17

Quelle: rechtsindex.de/GLH