(2414) Unfall an Engstelle - Wer muss haften?
© FahrSchulPraxis - veröffentlicht in Ausgabe März/2018
Der Fall Ein BMW-Fahrer wollte gerade an einem geparkten Wagen vorbeifahren, als er im letzten Moment einen entgegenkommenden Pkw bemerkte. Um diesen vorbeifahren zu lassen, lenkte er seinen BMW schräg hinter das am Straßenrand geparkte Fahrzeug. Als der Gegenverkehr vorbei war, gab der BMW-Fahrer Gas und krachte prompt mit einer Suzuki-Fahrerin zusammen, die ihn gerade überholen wollte. Die Frau verlangte daraufhin Schadenersatz, schließlich sei ihr Unfallgegner blindlings aus seiner Parklücke gerast und daher überwiegend an der Kollision schuld. Der BMW-Fahrer dagegen erklärte, dass die Unfallbeteiligte leicht hätte erkennen können, dass er nicht parkt, sondern nur kurz angehalten hat. Weil er jegliche Zahlung ablehnte, zog die Suzuki-Fahrerin vor Gericht.
Das Urteil Das Amtsgericht entschied, dass der BMW-Fahrer den Schaden seiner Unfallgegnerin zu zwei Drittel ersetzen muss. Der BMW-Fahrer hat gegen § 6 Straßenverkehrsordnung (StVO) verstoßen. Er war blindlings ausgeschert und weitergefahren, ohne dies - z.B. mittels Blinker - anzuzeigen und sich davon zu überzeugen, dass er den nachfolgenden Verkehr nicht gefährdet. Aber auch die Suzuki-Fahrerin war am Zusammenstoß nicht ganz unschuldig. Gemäß § 5 StVO ist ein Überholen nämlich nur erlaubt, wenn die Verkehrslage klar und eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Vorliegend war die Verkehrslage aber eher unübersichtlich. Denn der BMW-Fahrer stand auf dem Bremspedal, was an den leuchtenden Bremslichtern zu erkennen war. Auch stand er leicht versetzt vor einer Garagenzufahrt, was insgesamt den Schluss zuließ, dass der Autofahrer nur verkehrsbedingt - nämlich wegen des Gegenverkehrs an der Engstelle - kurz anhalten und bei Freiwerden der Engstelle unverzüglich weiterfahren würde.
Amtsgericht Neuss
Urteil vom 29.03.2017
Az. 79 C 653/16
Quelle: www.anwalt.de / GLH