(2635) Autobahnunfall: Mitschuld von geschädigten Polizisten
Der Fall Auf der BAB A4 war es in der Gemarkung Kirchheim zu einem Verkehrsunfall gekommen. Ein beteiligtes Fahrzeug blieb dabei auf dem linken von drei Fahrstreifen liegen, Trümmerteile befanden sich auch auf den beiden anderen Fahrstreifen. Drei sich auf dem Heimweg befindliche Bundespolizisten passierten die Unfallstelle und entschlossen sich, anzuhalten, um die Unfallstelle abzusichern. Nachfolgend – etwa 30 Minuten später und nachdem die zwei rechten Fahrstreifen wieder befahren waren – kollidierte ein mit einem Pkw den dritten Fahrstreifen der BAB A4 befahrender Fahrer frontal mit einem der drei sich auf dem Zwischenstreifen befindlichen Polizisten. Der Polizeibeamte wurde durch diesen Verkehrsunfall getötet. Nachfolgend kollidierte der beklagte Fahrer mit den beiden weiteren Beamten, die – teilweise – erheblich verletzt wurden. Der beklagte Fahrer wurde wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung verurteilt.
Als Klägerin begehrte daraufhin die Bundesrepublik Deutschland Ersatz für die von ihr an die Hinterbliebenen erbrachten Leistungen in Höhe von knapp 350.000 €.
Das Urteil Ausgehend von der vollständigen Haftung des beklagten Fahrers hat das Landgericht der Klage nur in Höhe von ca. 210.000 € stattgegeben. Die Klageabweisung bezog sich auf Leistungsteile, die das Landgericht nicht als auf die klagende Bundesrepublik übergegangen angesehen hat.
Berufung Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, die vor dem Oberlandesgericht Frankfurt teilweise Erfolg hatte. Grundsätzlich hafteten die Beklagten für die unfallbedingten Schäden, bestätigte der Senat die Entscheidung des Landgerichts. Die Haftung beschränke sich allerdings im Umfang auf 2/3.
Begründung „Die geschädigten Beamten haben sich als Fußgänger im Bereich der Fahrbahn der BAB A4 verkehrswidrig verhalten und dadurch eine nicht unerhebliche Schadensursache gesetzt,“ fundierte der Senat die angenommene Mitschuld. Das nur in Ausnahmefällen zulässige Betreten einer Autobahn dürfe nur mit höchstmöglicher Sorgfalt und so kurz wie möglich erfolgen. Hier hätten sich die Beamten fahrlässig selbst gefährdet, als sie sich noch knapp eine halbe Stunde nach dem Unfallereignis „auf dem linken Seitenstreifen befanden, ohne den herannahenden Verkehr zumindest sorgfältig zu beobachten und ohne angemessen auf diesen Verkehr zu reagieren“. Der zeitliche Abstand zwischen dem ersten und dem hier streitigen Unfall folge aus den überzeugenden Angaben der vernommenen Zeugen. Aus den Zeugenaussagen folge zudem, dass der linke Fahrstreifen unmittelbar vor dem hier streitgegenständlichen Unfall über mehrere 100 Meter komplett frei gewesen und vom Wetter her gut einsehbar gewesen sei. Der Zeuge habe auch angegeben, dass zwei dunkle Fahrzeuge am Ende der Fahrspur zu erkennen gewesen seien, die ziemlich schnell und hintereinander an den anderen Fahrzeugen vorbeigefahren seien. Damit sei davon auszugehen, dass bei aufmerksamer Beobachtung des herannahenden Verkehrs eine rechtzeitige Reaktion aller drei Beamten – etwa durch das Überklettern der die beiden Fahrbahnen trennenden und ca. 92 cm hohen Betonschutzwände – möglich gewesen und der Unfall vermieden worden wäre. Bewerte man die beiderseitigen Beiträge zur Verursachung der Unfälle, sei von einer Haftung von 1/3 auf Seiten der handelnden Beamten und zu 2/3 von dem Beklagten auszugehen. Der Senat hat zunächst im Wege des Teil-Grundurteils über den Haftungsgrund entschieden und die Leistungsklage hinsichtlich des nicht begründeten Drittels abgewiesen.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main
– Urteil vom 05.12.2024 – Az. 15 U 104/22
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