30.07.2023© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Juli 2023, Seite 389

EDITORIAL: BVerwG stoppt Freiburger Wuchergebühren

Liebe Leserinnen und Leser,

 

48,8 Millionen Pkw gab es laut KBA am Beginn dieses Jahres in Deutschland. Das ergibt etwa 772 Autos pro 1.000 Einwohner. Damit wird klar, dass innerörtlicher Parkraum knapp ist und vielerorts nicht mehr unreguliert zur Verfügung stehen kann. § 6a Absatz 5a StVG ermächtigt die Landesregierungen deshalb, „für städtische Quartiere mit erheblichem Parkraummangel“ Gebührenordnungen zu erlassen und diese per Rechtsverordnung an die jeweilige Kommune zu übertragen. Dabei sollen „die Bedeutung der Parkmöglichkeiten, deren wirtschaftlicher Wert oder der sonstige Nutzen der Parkmöglichkeiten für die Bewohner angemessen berücksichtigt werden“.

 

Die Stadt Freiburg erließ darauf beruhend eine neue Bewohnerparkgebührensatzung, deren Jahressätze nach Länge des Fahrzeugs gestuft sind. Pro Fahrzeug kostete der Anwohnerparkausweis statt bisher 30 € pro Jahr nun zwischen 240 € (bis 4,20 m Länge) und 480 € (mehr als 4,70 m lang). Personen, die bestimmte Sozialleistungen erhalten oder körperbehindert sind, konnte die Gebühr ermäßigt oder sogar erlassen werden.

 

Dagegen reichte der Freiburger Kollege Sascha Fiek, Mitglied des Freiburger Gemeinderats und selbst in einem Freiburger Anwohnerparkgebiet wohnend, eine Normenkontrollklage beim VGH in Stuttgart ein. Nachdem er in erster Instanz unterlag, schloss sich das BVerwG in der Revisionsverhandlung den von Fiek vorgetragenen Gründen an und erklärte die Freiburger Satzung für unwirksam. Neben formalen Gründen war maßgebend, dass der Stufentarif mit seinen extremen Gebührensprüngen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 Absatz 1 des Grundgesetzes verletzt. Eine Verdopplung der Gebühr bei einem Längenunterschied von gerade mal 51 cm sei eine nicht zu rechtfertigende, beträchtliche Ungleichbehandlung. Außerdem fehle die Rechtsgrundlage für eine Ermäßigung oder ein Erlassen der Gebühr aus sozialen Gründen.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, großer Respekt für die mutige Entscheidung des Kollegen Fiek, sich gegen den Mehrheitsbeschluss des Gemeinderats zu wenden. Der Ausgang des Verfahrens zeigt, dass auch Kommunen sich an Recht und Gesetz halten müssen. Der Spruch des höchsten deutschen Verwaltungsgerichts macht auch klar: Wuchergebühren fürs Parken dürfen nicht der Absicht dienen, das Auto aus den Städten zu verdrängen.

 

In diesem Sinne grüße ich Sie sehr herzlich

Ihr

Jochen Klima

Foto: Jochen Klima, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V.


Zum Inhalt der FahrSchulPraxis Ausgabe Juli 2023...


Empfehlungen: