27.06.2025© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Juni 2025, Seite 350

Abfahrtsorte im TÜV-Marktgebiet Stuttgart: Interview mit Jürgen Wolz

Die überraschende, weil sehr kurzfristig angekündigte Schließung bzw. Verlegung langjähriger Abfahrtsorte für praktische Prüfungen im Marktgebiet Stuttgart hat bei der Fahrlehrerschaft zu Verstimmung geführt. Wir sprachen über die Hintergründe dieser Maßnahme mit Jürgen Wolz, Mitglied der Geschäftsleitung TÜV SÜD Auto Service GmbH.

 

FPX: Herr Wolz, was sind die Gründe für die Schließung der Abfahrtsorte in Stuttgart-Wangen, am Westbahnhof Stuttgart sowie in Sindelfingen und Bietigheim?

Wolz: Der Hauptauslöser war die Untersagung des Betreibers des Autohofes Wangen, diesen wegen andauernder Missstände weiter als Abfahrtsort nutzen zu können. Es ging dabei um das Blockieren von Ladezonen und Zufahrten durch Fahrschulfahrzeuge, um Vermüllung des Geländes und teilweise respektloses Verhalten. Seit Oktober 2024 gab es mehrfach Vermittlungsversuche unsererseits mit den betreffenden Fahrschulen; trotzdem blieben nachhaltige Verbesserungen aus. An den anderen Abfahrtsorten ging es um die Arbeitsbedingungen für unsere Prüferinnen und Prüfer, die nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Aufgrund von Ergebnissen bei durchgeführten Gefährdungsbeurteilungen bestand ebenfalls Handlungszwang. Mit diesen organisatorischen Anpassungen ist es uns im Übrigen gelungen, das Prüfplatzangebot im Marktgebiet Stuttgart im Gegenzug weiter auszubauen. Das kommt allen Fahrschulen im Marktgebiet zugute.

 

Zwischen der Ankündigung und dem Vollzug der Maßnahme lagen gerade mal zwei Wochen, sodass den Fahrschulen sehr wenig Zeit blieb, ihre Bewerber auf die geänderten Abfahrtsorte vorzubereiten. Warum wurde die Änderung so kurzfristig und ohne Einbeziehung der Fahrlehrerschaft umgesetzt?

Wir verstehen, dass die kurzfristige Umsetzung der Maßnahme für die betroffenen Fahrschulen herausfordernd war. Aufgrund der Untersagung beim Autohof Wangen bestand jedoch Handlungszwang. Dennoch wollte die Gebietsleitung zunächst noch ein Gespräch mit Ihnen, dem FLVBW, führen, bevor die Fahrschulen informiert wurden. Das alles hat den Vorlauf bedauerlicherweise verkürzt.

 

Jürgen Wolz  - Foto: TÜV SÜD

Die Anfahrt zu den geänderten Abfahrtsorten mit dem Pkw oder dem ÖPNV ist – gerade im Raum Stuttgart – recht zeitaufwendig. Das gilt gleichermaßen für Bewerber und für Fahrschulen aus dem Südosten (bisher S-Wangen) und dem Südwesten (bisher Westbahnhof) der Stadt Stuttgart, die jetzt alle nach Feuerbach im Norden der Stadt kommen müssen, wie auch für Bewerber aus Sindelfingen (Start jetzt in Böblingen) und aus Bietigheim (jetzt Ludwigsburg). Warum gibt es denn im jeweiligen Prüfort keine dezentral gelegenen Abfahrtsorte bzw. Wechselplätze für praktische Prüfungen?

Wir können Ihre Wünsche nachvollziehen. Grundsätzlich müssen die Abfahrtsorte jedoch bestimmte Kriterien erfüllen, um die Abläufe rund um die Fahrerlaubnisprüfung möglichst effizient zu gestalten. Dazu zählen auch logistische und sicherheitsrelevante Überlegungen. Diese sind an unseren Service Centern (TSC) gegeben. Wir sind jedoch aktiv auf der Suche nach geeigneten Standorten für zusätzliche Abfahrtsorte.

 

Einige Fahrschulen im Marktgebiet Stuttgart haben eigene Wechselplätze: Sie holen den Prüfer zu Beginn des Prüfungstages am TSC ab und wechseln anschließend „untertägig“ – also im Verlauf des Prüfungstages – bei der Fahrschule. Andere Fahrschulen haben diese Möglichkeit aktuell nicht. Gibt es hierfür Voraussetzungen bzw. bestimmte Kriterien, die eine Fahrschule erfüllen muss? Wenn ja: Warum wurden diese bislang nicht durch den TÜV offengelegt, bzw. ist an eine Offenlegung gedacht?

Für Wechselplätze bei Fahrschulen gelten grundsätzlich ähnliche Voraussetzungen wie für Abfahrtsorte. Außerdem gilt es, die Vorgaben aus der Prüfungsrichtlinie zu beachten. Daraus lassen sich gewisse Kriterien ableiten, die zu erfüllen sind, um einen Wechselplatz bei einer Fahrschule einzurichten. Diese Kriterien werden gerade aktualisiert. Gern können wir sie danach mit Ihnen abstimmen und anschließend anwenden. Bis dahin wird die historisch gewachsene, bisher gelebte Praxis weiter geduldet.

 

Fahrschulen aus den anderen Marktgebieten im Land befürchten, dass auch dort vom TÜV ähnliche Maßnahmen geplant werden. Trifft dies zu? Müssen bspw. die Fahrschulen in Karlsruhe über kurz oder lang ebenfalls damit rechnen, dass die dortigen externen Wechselplätze geschlossen werden?

Nein, das trifft grundsätzlich nicht zu, es handelt sich um ein individuelles Thema im Marktgebiet Stuttgart. Wie Sie sich bestimmt erinnern können, wurden im Jahr 2009 – im Zuge der Einführung der PC-Theorieprüfung – in Baden-Württemberg die meisten Abfahrtsorte an unsere TSC verlegt und die Prozesse entsprechend angepasst. Das funktioniert auch gut.

 

Zum Abschluss: Gibt es noch etwas, das Sie aus Sicht des TÜV zu der Angelegenheit sagen möchten?

Es tut uns leid, dass die Umsetzung der Maßnahme so kurzfristig erfolgen musste, das war sicherlich nicht optimal. Wie ich vernommen habe, hat die Umstellung alles in allem jedoch relativ gut funktioniert. Ich danke an dieser Stelle allen Beteiligten, die dazu beigetragen haben. Zurückblickend würde ich mir jedoch wünschen, dass wir wieder mehr Sachlichkeit in derartige Diskussionen bringen sowie versuchen, diese bilateral zu führen und Lösungen zu finden, ohne immer gleich Dritte einzuschalten.

 

Herr Wolz, wir danken für dieses Gespräch!

 

Das Interview führte Jochen Klima.

 


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