(2615) Straftat und Ordnungswidrigkeit: Fahren ohne Fahrerlaubnis und versäumte HU
Der Fall Ein Angeklagter hatte im Dezember 2022 mit seinem Pkw in Kaiserslautern am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen, obwohl er wusste, dass er nicht im Besitz der für das Führen eines Kraftfahrzeugs erforderlichen Fahrerlaubnis war. Bei einer Verkehrskontrolle wurde zudem festgestellt, dass der Angeklagte den Termin zur Vorführung seines Fahrzeuges zur Hauptuntersuchung überschritten hatte. Die Vorführungsfrist für das Fahrzeug war bereits im Februar 2022 verstrichen. Aufgrund dessen wurden sowohl ein Strafverfahren als auch ein Bußgeldverfahren gegen den Angeklagten eingeleitet. Das Amtsgericht (AG) Kaiserslautern hatte den Angeklagten wegen der Ordnungswidrigkeit des fahrlässigen Überschreitens des Termins zur Vorführung seines Fahrzeuges zur Hauptuntersuchung in dem Bußgeldverfahren zu einer Geldbuße von 60 € verurteilt.
Das Urteil Das Strafverfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis wurde durch Urteil des AG eingestellt. Das AG ist davon ausgegangen, dass durch die Verurteilung in der Bußgeldsache für die Strafsache Strafklageverbrauch eingetreten sei, denn niemand dürfe wegen einer Tat mehrmals abgeurteilt werden.
Revision Das gefiel der Staatsanwaltschaft nicht, die in Revision ging. Dabei hob das OLG Zweibrücken das Urteil des AG auf und verwies das Verfahren zur erneuten Verhandlung an das AG zurück. Das in der Bußgeldsache ergangene Urteil des AG Kaiserslautern stehe der Verfolgung des Vorwurfs des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nicht entgegen. Die Ausführungshandlungen der beiden Delikte deckten sich nicht einmal teilweise. Bei der Ordnungswidrigkeit habe der Angeklagte in seiner Funktion als Halter eines Kraftfahrzeugs ab März 2022 den Entschluss gefasst, einer gesetzlichen Handlungspflicht nicht nachzukommen, während der Entschluss für das Fahren ohne Fahrerlaubnis auf einem gesondert gefassten Tatentschluss im Dezember 2022 beruhe. Eine innere Verknüpfung beider Handlungen, die über eine bloße punktuelle Gleichzeitigkeit hinausgehe, liege nicht vor. Das Unterlassen, das Fahrzeug zur Hauptuntersuchung vorzuführen, sei auch dann mit Bußgeld bedroht, wenn der Halter mit dem Kraftfahrzeug nicht am Straßenverkehr teilnehme. Die Verwirklichung dieser Ordnungswidrigkeit sei von der Benutzung oder Nichtbenutzung des Fahrzeuges im Straßenverkehr unabhängig und knüpfe allein an die Haltereigenschaft an. Das Fahren ohne Fahrerlaubnis knüpfe hingegen gerade an die Fahrereigenschaft an, und die Haltereigenschaft sei unerheblich. Die Taten stehen zueinander ohne erkennbare Beziehung oder Bedingungszusammenhang, weshalb kein Strafklageverbrauch eingetreten sei.
Oberlandesgericht Zweibrücken
– Urteil vom 29.01.2024 – Az. 1 ORs 1 SRs 16/23