15.10.2024

(2623) Wenn Fahrradfahrende die Vorfahrt missachten

Der Fall Ein Fahrradfahrer fuhr entlang einer Landstraße auf einem Radweg, der einen Autobahnzubringer kreuzt. Der Autoverkehr hat an dieser Stelle Vorfahrt. Dem Radfahrer kommt eine Autofahrerin entgegen, die über diesen Zubringer auf die Autobahn fahren will. Als sich die beiden Fahrwege kreuzen, kommt es zum Unfall und der Fahrradfahrer wird schwer verletzt.

Der Fahrradfahrer klagte vor dem Landgericht Lübeck und verlangte von der Autofahrerin Schmerzensgeld in Höhe von zwei Dritteln der in solchen Fällen üblichen Summe. Er trug vor, er habe zwar die Vorfahrt missachtet, die Autofahrerin sei aber zu schnell gefahren und habe freie Sicht gehabt. Sie hätte den Unfall also vermeiden können. Die Autofahrerin entgegnete, sie sei von der Sonne geblendet worden und habe den Radfahrer daher erst im letzten Moment gesehen und nicht mehr reagieren können.

Das Urteil Das Landgericht Lübeck verneinte eine Haftung der Autofahrerin. Es hat Zeugen befragt und ein Gutachten eines technischen Sachverständigen eingeholt. Daraus habe sich ergeben, dass die Autofahrerin nicht zu schnell, sondern eher langsam gefahren sei und keine Zeit mehr gehabt habe zu reagieren. Der Vorfahrtsverstoß durch den Fahrradfahrer wiege so schwer, dass die Betriebsgefahr auf Seiten der Autofahrerin verdrängt werde. Die Haftung liege demzufolge allein beim Radfahrer.

Landgericht Lübeck –

Urteil vom 17.01.2024 – Az. 6 O 8/22