Reform der EU-Führerscheinrichtlinie
Die EU-Führerscheinrichtlinie wurde erstmals 1991 unter den Ziffern 91/439/EWG eingeführt. Ziel war es, die nationalen Führerscheine der Staaten der EU zu harmonisieren und die gegenseitige Anerkennung derselben zu erleichtern. Damit wurde ein wichtiger Schritt zur Vereinfachung der grenzüberschreitenden Mobilität in Europa getan.
2006 wurde mit der Richtlinie 2006/126/EG eine grundlegende Überarbeitung vorgenommen. Diese führte unter anderem das einheitliche Scheckkartenformat ein, legte Mindeststandards für ärztliche Untersuchungen und Prüfungen fest und begrenzte die Gültigkeitsdauer neu ausgestellter Führerscheine. Die aktuelle Reform der EU-Führerscheinrichtlinie erfolgt vor dem Hintergrund sich wandelnder Mobilität und Demografie sowie zunehmender Digitalisierung.
Gründe für die aktuelle Reform
Die Mobilität innerhalb der Europäischen Union verändert sich kontinuierlich. Neue Technologien wie Assistenzsysteme oder Elektromobilität stellen neue Anforderungen an die Fahrausbildung. Der demografische Wandel führt dazu, dass immer mehr ältere Menschen am Straßenverkehr teilnehmen. Zugleich braucht es angesichts der Klimakrise nachhaltigere Mobilitätskonzepte. Auch die Digitalisierung schreitet voran und mit ihr der Wunsch, Führerscheindokumente digital verfügbar zu machen. Die EU-Kommission hat deshalb eine umfassende Reform der Führerscheinrichtlinie vorgeschlagen, um diese Herausforderungen zu adressieren.
Zentrale Ziele der Reform
Die Reform der Führerscheinrichtlinie bringt für die Bevölkerung zahlreiche Neuerungen und Vorteile:
- Digitale Verfügbarkeit: Der Führerschein kann auf dem Smartphone mitgeführt werden – das praktische Risiko des Verlusts des Dokuments sinkt.
- Mehr Sicherheit: Einheitliche Prüfungsstandards und strengere Überprüfungen erhöhen die Verkehrssicherheit.
- Erleichterte Mobilität: Führerscheine werden in allen EU-Ländern einheitlich anerkannt, Sanktionen gelten europaweit.
- Flexiblere Zugangsregeln: Junge Menschen können früher am Straßenverkehr teilnehmen, Senioren werden individuell auf ihre Fahrtauglichkeit geprüft.
Der Weg zur Umsetzung
Vertreter des Europäischen Parlaments, des Rates der Europäischen Union und der Europäischen Kommission haben sich in den sog. Trilogverhandlungen auf ein Ergebnis zu den neuen Regelungen in der Führerscheinrichtlinie festgelegt. Auch die EU-Verkehrsminister und der Verkehrsausschuss des EU-Parlaments haben die Ergebnisse der Trilogverhandlungen bereits abgesegnet. Der angenommene Text wird derzeit durch die Rechts- und Sprachsachverständigen überarbeitet, um in allen Amtssprachen der EU korrekt und einheitlich zu sein. Danach muss noch das EU-Parlament dem finalen Kompromiss förmlich zustimmen. Die Abstimmung im Plenum des Europaparlaments findet voraussichtlich im Oktober oder November 2025 statt. Die Veröffentlichung im Amtsblatt der EU erfolgt innerhalb von ein bis zwei Monaten nach der finalen Abstimmung, womit auch die Fristenläufe für die Umsetzung in nationales Recht beginnen (z. B. 2 Jahre für E-Fahrzeuge bis 4.250 kg, 3 Jahre Begleitetes Fahren BF17). Dies bietet auch Raum für nationale Besonderheiten, etwa für die konkrete Ausgestaltung der medizinischen Überprüfungen oder der technischen Realisierung des digitalen Führerscheins.
Ralf Nicolai