15.09.2019

(2453) Unfallmanipulation?

Der Fall Der Fahrer eines angemieteten Sprinters hatte bei Nacht vier in einer Reihe geparkte Fahrzeuge beim Vorbeifahren gestreift und beschädigt. Nachfolgend wurde klar, dass die Eigentümer der letzten drei in der Reihe stehenden Fahrzeuge in die Beschädigung eingewilligt hatten. So wurden die letzten beiden Fahrzeuge laut einem Sachverständigengutachten nicht bei einer Vorbeifahrt, sondern bei einer Rückwärtsfahrt des Sprinters beschädigt. Zudem hatte der Eigentümer des an zweiter Stelle stehenden Fahrzeugs die Unfallmanipulation zugegeben. Auch der Fahrer des Sprinters machte sich auffällig, weil er zum einen eine Selbstbeteiligung ausgeschlossen und zum anderen widersprüchliche Angaben zum Unfallhergang gemacht hatte. Die Haftpflichtversicherung des Sprinters warf nunmehr auch dem Eigentümer des ersten Fahrzeugs in der Reihe (ein Porsche) vor, sich an der Unfallmanipulation beteiligt zu haben. Der bestritt dies und erhob Klage auf Schadensersatz gegen den Fahrer des Sprinters und dessen Haftpflichtversicherung.

Landgericht gibt Schadensersatzklage statt   In erster Instanz gab das Landgericht Essen der Schadensersatzklage statt. Seiner Auffassung nach habe die beklagte Versicherung den Nachweis einer Unfallmanipulation durch den Kläger nicht führen können. Die Versicherungsgesellschaft ging gegen diese Entscheidung in Berufung.

Oberlandesgericht bejaht ebenfalls Schadensersatzanspruch   Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies die Berufung der beklagten Versicherungsgesellschaft zurück. Das Gericht war nicht davon überzeugt, dass der Kläger in die Beschädigung seines Fahrzeugs eingewilligt und sich somit an der Unfallmanipulation beteiligt hatte. Es wertete die Beschädigung des Porsches als Kollateralschaden.

Aus den Gründen   Gegen eine Unfallmanipulation des Klägers sprach nach Ansicht des Oberlandesgerichts seine ausgezeichnete wirtschaftliche und finanzielle Situation. Es sei kein Grund ersichtlich, dass er sich auf betrügerische Art und Weise sanieren wollte. Auch habe er einen plausiblen Grund für das Parken seines Fahrzeugs am Unfallort genannt. So wollte er seine verheiratete Geliebte besuchen. Die Benennung als Zeugin verweigerte er aber aus Rücksicht auf die persönliche Situation seiner Geliebten. Dies sei aus Sicht des Gerichts verständlich. Zudem hätte es nahegelegen, sich auf eine Person zu beziehen, die nicht anonym bleiben wolle, wenn der Kläger sich eine abgesicherte Legende zurechtlegen wollte. Weiterhin sei das Fahrzeug untypisch für eine Unfallmanipulation. Es wurde erstmals im Januar 2008 zugelassen, war unfallfrei und gut gepflegt, hatte einen Kilometerstand von 46.000 und einen Wiederbeschaffungswert von über 80.000 Euro. Schließlich habe der Kläger gänzlich untypisch bei Unfallmanipulationen die Reparatur des Porsches sowie den gesamten Prozess eigenfinanziert. Es sind ihm Prozesskosten von ca. 28.000 Euro entstanden.

Oberlandesgericht Hamm
- Urteil vom 01.08.2017 -
Az. 9 U 59/16