(2417) Geringe Fahrleistung - kein Anspruch auf Mietwagen nach Unfall?
© FahrSchulPraxis - veröffentlicht in Ausgabe April/2018
Der Fall Ein 76 Jahre alter Pkw-Fahrer (Kläger) erlitt einen Verkehrsunfall, für den allein die Unfallgegnerin (Beklagte) verantwortlich ist. In dem vor dem Oberlandesgericht Hamm in der Berufungsinstanz geführten Rechtsstreit streiten der Kläger und die Beklagten darüber, ob die Beklagten (Unfallverursacherin mit ihrem Haftpflichtversicherer) dem Kläger auch Mietwagenkosten in Höhe von ca. 1.230 Euro zu erstatten haben. Der Kläger mietete einen Toyota Aygo als Ersatzfahrzeug an. Mit der Reparatur seines beim Unfall beschädigten Toyota Yaris beauftragte er eine Kfz-Werkstatt. Der von dort aus mit der Schadensbegutachtung beauftragte Kfz-Sachverständige ermittelte Reparaturkosten in Höhe von ca. 4.300 Euro, einen Wiederbeschaffungswert von 3.900 Euro und eine Reparaturdauer von 4 bis 5 Arbeitstagen. Der Kläger beauftragte die Kfz-Werkstatt mit der Instandsetzung des Fahrzeugs. Nach Abschluss der Reparaturarbeiten hatte er den Mietwagen 11 Tage in Anspruch genommen. In dieser Zeit legte der Kläger mit dem Mietwagen 239 km zurück.
Streit vor dem Landgericht Die Beklagten lehnten die Erstattung der Mietwagenkosten ab, weil sie das Anmieten eines Ersatzfahrzeugs bei der geringen Fahrleistung des Klägers nicht für erforderlich erachteten. Das Landgericht schloss sich in seinem erstinstanzlichen Urteil dieser Auffassung an. Der Kläger habe nach dem eingeholten Gutachten, so das Landgericht, nur mit einer Wiederherstellungsdauer von 4 bis 5 Tagen zu rechnen gehabt. Für diese wenigen Tage sei es ihm zuzumuten gewesen, für anstehende Fahrten ein Taxi zu benutzen, zumal er den beschädigten Pkw nicht für berufliche Zwecke gebraucht habe. Damit wollte sich der Kläger nicht zufrieden geben und zog vor das OLG.
Das Urteil Der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat die Entscheidung des Landgerichts zu den Mietwagenkosten bestätigt und dem Kläger - anstelle der Mietwagenkosten - nur einen Nutzungsausfallschaden von 23 EUR pro Tag für 5 Tage, also 115 EUR, zugestanden.
Begründung Das Anmieten eines Ersatzwagens durch den Kläger sei zur Schadensbehebung nicht erforderlich gewesen. Der Toyota des Klägers sei nach dem Unfall noch fahrbereit gewesen. Er habe dem Kläger deswegen nur für die tatsächliche Dauer der Reparatur nicht zur Verfügung gestanden. Die Reparatur habe nach den Feststellungen des Sachverständigen in 5 Tagen durchgeführt werden können. Dass sie dann tatsächlich länger gedauert habe, könne der Senat nicht feststellen, weil der Beginn der Reparaturarbeiten nicht mehr zu ermitteln sei. Dass aus den veranschlagten 4 bis 5 Reparaturtagen 11 geworden seien, sei nicht dem Schädiger zuzurechnen, denn der Kläger habe die Schadenabwicklung vollständig aus der Hand gegeben und somit selbst gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen. Bei der Beurteilung der Mietwagenkosten sei zudem zu berücksichtigen, dass der Kläger in den elf Tagen nur 239 km gefahren sei. Abzüglich der einmalig zurückgelegten Strecke von seinem Wohnhaus zur Kfz-Werkstatt sei er damit nur ca. 16 Kilometer pro Tag gefahren. Der Senat gehe davon aus, dass ein tägliches Fahrbedürfnis von weniger als 20 Kilometer am Tag ein Anhaltspunkt für einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht darstelle, weil der Geschädigte dann nicht darauf angewiesen sei, ständig ein Fahrzeug zur Verfügung zu haben. Anderes habe der insoweit - auch - darlegungspflichtige Kläger nicht vorgetragen.
Oberlandesgericht Hamm
Urteil vom 23.01.2018
Az. 7 U 46/17
Quelle: www.rechtsindex.de / GLH