15.07.2023

(2584) Vor einem geparkten Auto eingeschlafen und von diesem überrollt

Der Fall   Zwei Frauen waren Gäste auf einer Party. Eine von ihnen verließ das Fest gegen vier Uhr morgens und stieg auf dem Grundstück in ihr Auto. Als sie losfuhr, rollte sie über die andere Frau. Die fast 17-Jährige hatte mit über zwei Promille Alkoholgehalt im Blut vor dem Wagen geschlafen. Die Autofahrerin hatte dies nicht bemerkt. Sie war von hinten an das Auto gelangt, um einzusteigen. Die Betrunkene wurde dabei erheblich verletzt und klagte auf mindestens 40.000 Euro Schmerzensgeld.

Eine Vorinstanz sah die Hauptschuld allerdings bei der Verletzten. Die Autofahrerin sollte nur mit einem Viertel haften - wegen der allgemeinen Betriebsgefahr des Autos. So wurde ein Schmerzensgeld von 5.000 Euro zugesprochen. Dagegen ging die Klägerin vor.

Das Urteil   Die Klägerin hatte Erfolg, denn das Oberlandesgericht nahm die Autofahrerin mehr in die Verantwortung als die Vorinstanz. Sie musste hälftig mithaften. Aber die Hauptursache für den Unfall war, dass sich die andere Frau stark betrunken vor das Auto gelegt hatte; deshalb die geteilte Haftung. Unzurechnungsfähig war die überrollte Frau nach Ansicht des Gerichts aber nicht: Im Alter von fast 17 Jahren könne man die Alkoholwirkung einschätzen. Selbst dann, wenn man ,,typischerweise noch wenig Erfahrung im Umgang mit Alkohol hat und sich meist überschätzt".

Zudem hätten Zeugen ausgesagt, dass die Betroffene auch in der Vergangenheit regelmäßig Alkohol getrunken habe und auch ähnlich viel. Die Frau war acht Tage im Krankenhaus und litt ein Vierteljahr an andauernden körperlichen Beeinträchtigungen. Das Gericht hielt daher ein Schmerzensgeld von 12.000 Euro für angemessen. Durch ihren Schuldanteil von 50 % am Unfall erhielt die Frau aber nur 6.000 Euro von der Fahrerin.

Oberlandesgericht Karlsruhe
- Urteil vom 06.07.2022 -
Az. 14 U 267/21
Quelle: dpa/DAWR/ab/GLH