(2595) Unfallhaftung beim Rückwärtsfahren
Der Fall Ein Pkw-Fahrer fuhr auf einer Parkfläche vorwärts in gerader Richtung zur Ausfahrt. Zugleich fuhr ein anderer unter Nutzung seiner Rückfahrkamera rückwärts aus einer Parkbox. Dabei stießen beide Pkw zusammen. Der vorwärts Geradeausfahrende beschuldigte den Rückwärtsfahrenden den Unfall verursacht zu haben. Der rückwärtsfahrende Fahrer hielt dagegen, der Vorwärtsfahrende sei absichtlich weitergefahren und habe damit den Zusammenstoß herbeigeführt. Der Fall landete schließlich beim Landgericht Lübeck. Das Gericht hatte die Aufgabe, die Schuldfrage zu klären und die Höhe der Haftung festzulegen. Hierzu wurden Zeugen befragt und ein Sachverständiger hinzugezogen.
Urteil Beide Fahrer tragen eine Teilschuld an dem Unfall. Der Vorwärtsfahrende sei auf dem Parkplatz mit etwa 15 km/h zu schnell gefahren. Schrittgeschwindigkeit wäre angemessen gewesen, um sofort halten zu können. Aber auch der Rückwärtsfahrende hatte die notwendige Sorgfalt und Umsicht außer Acht gelassen. Beim Rückwärtsfahren ist eine Gefährdung anderer auszuschließen. Dafür reicht die Beobachtung des Bildschirms der Rückfahrkamera nicht aus. Der Rückwärtsfahrende haftete deshalb für zwei Drittel des entstandenen Schadens. Damit wurde einmal mehr deutlich, dass beim Rückwärtsfahren höchste Sorgfaltspflicht anzuwenden ist (§ 9 Absatz 5 StVO).
Landgericht Lübeck
– Urteil vom 19.07.2023 –
Az. 9 O 113/21