31.07.2025© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Juli 2025, Seite 407

Psychologin Dr. Eva Wlodarek mit Tipps zur richtigen Erholung: Warum Urlaub ein Muss ist

Fahrschulinhaber wie auch Fahrlehrer stehen unter massiver Dauerbelastung angesichts hoher bürokratischer Anforderungen, ständiger Präsenz sowie umfangreicher Herausforderungen des Verkehrs und, nicht zuletzt, dank einer neuen Generation von Fahrschülern. Gerade für diese Gruppe ist daher Urlaub ein echtes Muss. Warum die schönste Zeit des Jahres auch wirklich realisiert werden sollte, um die eigenen Batterien wieder aufzuladen, darüber sprach FPX-Redakteurin Isabella Finsterwalder mit der renommierten Diplom-Psychologin Dr. Eva Wlodarek.

 

Urlaub ist kein Luxusgut. Vielmehr ist dieser absolut notwendig, um langfristig gesund, leistungsfähig und kreativ zu bleiben. Ansonsten laufen Fahrschulinhaber wie auch Fahrlehrer Gefahr auszubrennen. Denn so viel ist klar: Daueranspannung, aber auch fortwährende Verantwortung, der äußere Druck sowie die Selbstdisziplin nagen an der eigenen Substanz und verlangen eine gesicherte Auszeit.

 

FPX: Viele Fahrschulinhaber, meist Einzelkämpfer, neigen zur Selbstausbeutung, da sie sich nach dem Motto „Wenn ich Urlaub mache, bleibt alles liegen“ als unersetzlich fühlen. Welche Folgen hat diese Denk- und Handlungsweise der Unternehmer mittelfristig auf ihre Gesundheit, Belastungs- und Leistungsfähigkeit?

Dr. Eva Wlodarek: Es ist verständlich und richtig, dass man sich für seine Fahrschule verantwortlich fühlt. Aber wer deshalb auf Pausen oder sogar auf den Urlaub verzichtet, überfordert sich auf die Dauer. Das kann zu Erschöpfungszuständen und im schlimmsten Fall zu einem Burn-out führen. Körper und Geist brauchen regelmäßige Erholung. Wer das ignoriert, zahlt am Ende einen hohen Preis.

 

Ununterbrochener Arbeitseinsatz – keine richtigen Pausen, keine Auszeiten am Wochenende, wenig Schlaf: Was bewirkt diese Verhaltensweise im Gehirn eines Menschen? Wie lange kann so etwas gut gehen, ohne dass „der Motor heiß läuft“?

Unser Gehirn ist auf regelmäßige Ruhephasen angewiesen, um leistungsfähig zu bleiben. Fehlen diese Pausen – etwa durch ständigen Arbeitseinsatz, auch am Wochenende, und Schlafmangel – gerät der Körper in einen chronischen Alarmzustand. Dabei wird das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet. Auf Dauer beeinträchtigt dieser Zustand erheblich die Regenerationsfähigkeit des Gehirns. Die Folgen können Konzentrationsstörungen, nachlassendes Gedächtnis und eine gereizte oder depressive Stimmung sein.

 

Menschen, die rast- und pausenlos im Einsatz sind, haben meist ein schlechtes Gewissen, wenn sie einfach mal in den Ruhemodus übergehen. Was raten Sie der Zielgruppe der Fahrschulinhaber und Fahrlehrer, damit sich diese ihre kleinen oder größeren Auszeiten dennoch ohne schlechtes Gewissen gönnen und dadurch auftanken?

Der Grund für ein schlechtes Gewissen, sobald man sich mal etwas Ruhe gönnt, hat meist mit tief verankerten Glaubenssätzen zu tun. Vielleicht hat man gelernt: „Nur wer etwas leistet, ist etwas wert“ oder „Nichtstun bedeutet Faulheit“. Hier hilft ein Umdenken: Betrachten Sie Pausen nicht als überflüssigen Luxus, sondern als Teil Ihrer beruflichen Verantwortung. Sagen Sie sich statt „Ich darf mich nicht ausruhen“: „Ich lade meine Energiebatterie auf, um wieder mit Klarheit und Geduld arbeiten zu können.“

 

Viele überhören ihre inneren Signale der Erschöpfung bzw. erkennen diese erst gar nicht. Könnten Sie als diplomierte Psychologin der Fahrschulbranche sagen, auf welche Signale sie achten sollen, die darauf hinweisen, dass jetzt dringend eine Pause oder Auszeit nottut, um nicht in einen gefährlichen Erschöpfungszustand oder gar einen Burn-out zu geraten?

Die Signale sind recht eindeutig: anhaltende Müdigkeit, Reizbarkeit, innere Unruhe und Konzentrationsschwierigkeiten. Auch körperliche Beschwerden wie Verspannungen, Kopfschmerzen oder Magenprobleme deuten darauf hin. Außerdem hat man den starken Wunsch, sich zurückzuziehen. Diese Warnzeichen sollten ernst genommen werden. Sie sind ein Hinweis darauf, dass es Zeit ist, innezuhalten und gegenzusteuern.

 

Sehen Sie eine Auszeit für den Unternehmer auch als Garant für die Zukunftsfähigkeit einer Firma mit hoher Qualität? Andersherum gefragt: Leidet nicht auch der Umgang mit den Fahrschülern, wenn Lehrer und/oder Unternehmer permanent unter Strom stehen? Kann eine regelmäßige Auszeit dabei helfen, empathischer, geduldiger und fokussierter mit den Schülern umzugehen?

Ja, regelmäßige Erholungsphasen sind tatsächlich ein wichtiger Bestandteil nachhaltiger Arbeitsqualität. Wer dauerhaft am Limit ist, verliert schnell Geduld, Empathie und Konzentration – genau die Fähigkeiten, die im Umgang mit oft nervösen oder unsicheren Fahrschülerinnen und -schülern besonders gefragt sind. Wer gut für sich sorgt, schafft damit die Grundlage für eine stabile Leistungsfähigkeit und eine hohe Qualität in der Fahrausbildung.

 

Haben Sie einen Tipp für urlaubsbereite Unternehmer, die jedoch de facto nicht wirklich abschalten können, sondern vielmehr während ihrer Auszeit gedanklich permanent in ihrer To-do-Liste sind? Wie sollten diese gegen ihre innere Unruhe vorgehen?

Der erste Schritt ist ganz simpel: Planen Sie Ihren Urlaub bewusst. Wer seine Abwesenheit gut vorbereitet und – wenn möglich – Aufgaben an zuverlässige Kolleginnen oder Kollegen übergibt, kann deutlich entspannter loslassen. Falls Ihnen im Urlaub trotzdem ständig durch den Kopf geht, was zu Hause noch alles ansteht, hilft „Gedankenparken“: Schreiben Sie Ihre Überlegungen in ein Notizbuch oder in eine App. Auf diese Weise befreien Sie Ihren Geist. Günstig ist auch, den Urlaubstag zu strukturieren. Und das ist keineswegs weniger erholsam, als nur am Pool zu liegen. Planen Sie Aktivitäten, die Ihnen guttun und Sie ablenken, ob Wandern, Schwimmen, ein Ausflug, Kultur oder Zeit mit der Familie. Wer den Urlaubstag sinnvoll füllt, hat weniger Raum für Grübeleien und kann die Auszeit wirklich genießen.

 

Zwischen kleinen Auszeiten über das Wochenende bis hin zu zwei, drei Wochen völligen Abschaltens während eines längeren Urlaubs: Wozu raten Sie? Alles zu seiner Zeit oder sowohl als auch? Gibt es die ideale Länge für einen Urlaub, sodass sich der Körper wirklich erholen kann?

Beides ist wichtig: Auszeiten am Wochenende und eine längere Urlaubseinheit, am besten zwei bis drei Wochen am Stück. Der Körper braucht in der Regel mehrere Tage, um in den Entspannungsmodus zu kommen. Studien zeigen: Der Erholungseffekt steigt meist ab dem fünften Urlaubstag und erreicht zwischen Tag 8 und 14 seinen Höhepunkt. Im Alltag bringen übrigens auch Mini-Pausen von 5 bis 10 Minuten etwa alle 3 Stunden schon eine Menge.

 

Was raten Sie dem Fahrschulinhaber aus psychologischer Sicht für die Zeit des Urlaubs: bewusste Abgrenzung von Handy sowie Fahrschulalltag und nur ausnahmsweise geschäftliche Anrufe annehmen oder völliger Urlaubs-Lockdown?

Ein kompletter „Urlaubs-Lockdown“ ist nicht immer machbar, aber mehr Disziplin beim Nutzen des Smartphones hilft schon enorm. Legen Sie Zeiten fest, zu denen Sie Ihr Handy checken, sorgen Sie für klare Vertretungsregelungen und richten Sie einen automatischen Abwesenheitshinweis für E-Mails ein. Geschäftsanrufe sollten – wenn nötig – nur zu bestimmten Zeiten entgegengenommen werden. So gelingt es leichter, wirklich abzuschalten.

 

Gibt es eine Erholungskultur, die die Fahrschulbranche für sich annehmen sollte, ohne dass sie Gefahr läuft, den Geschäftsbetrieb zu gefährden?

Es sollte sich durchsetzen, dass Pausen kein Risiko fürs Geschäft sind, sondern im Gegenteil, die Leistung langfristig erhalten. Eine gesunde Erholungskultur könnte zum Beispiel bedeuten: mehr offener Austausch unter Kollegen darüber, wie man am besten mit Belastung umgeht, und feste Auszeiten im Jahr auch für Solo-Selbstständige. Vor allem ist aber das Bewusstsein wichtig, dass gute Qualität nur aus ausreichend Entspannung entsteht, nicht aus Dauerstress. Wer das verinnerlicht, tut nicht nur seinem eigenen Wohlbefinden etwas Gutes, sondern sichert sich auch einen echten Wettbewerbsvorteil: Ein ruhiger, geduldiger und souveräner Umgang schafft ein gutes Lernklima und das spricht sich schnell herum.

 

Die top 10 Urlaubsregeln von Dr. Eva Wlodarek

 

  1. Körper und Geist brauchen regelmäßige Erholung. Wer das ignoriert, zahlt am Ende einen hohen Preis.
  2. Unser Gehirn ist auf regelmäßige Ruhephasen angewiesen, um leistungsfähig zu bleiben. Fehlen diese, gerät der Körper in einen chronischen Alarmzustand mit der Folge von Konzentrationsstörungen, nachlassendem Gedächtnis und einer gereizten oder depressiven Stimmung.
  3. Es gilt, Pausen als Teil der beruflichen Verantwortung anzuerkennen.
  4. Regelmäßige Erholungsphasen sind ein wichtiger Bestandteil nachhaltiger Arbeitsqualität.
  5. Wer seine Abwesenheit gut vorbereitet und – wenn möglich – Aufgaben an zuverlässige Kolleginnen oder Kollegen übergibt, kann deutlich entspannter loslassen.
  6. Damit im Urlaub die Firma nicht zu viel im Kopf herumschwirrt, sollte man es mit „Gedankenparken“ probieren. Wer nämlich seine Gedanken an zu Hause einem Notizbuch oder einer App anvertraut, befreit seinen Geist.
  7. Günstig ist auch, seine Auszeit zu strukturieren. Wer den Urlaubstag sinnvoll füllt, hat weniger Raum für Grübeleien und kann die schönste Zeit des Jahres wirklich genießen.
  8. Auszeiten am Wochenende wie auch eine längere Urlaubseinheit, am besten zwei bis drei Wochen am Stück, sind gleichermaßen wichtig.
  9. Pausen sind kein Risiko fürs eigene Geschäft – im Gegenteil: Sie erhalten die Leistung langfristig.
  10. Jeder sollte sich bewusst machen: Gute Arbeitsqualität entsteht nur aus ausreichend Entspannung – nicht aus Dauerstress.

 

Foto: privatVita Dr. Eva Wlodarek

Dr. Eva Wlodarek ist Psychologin, Coach und Bestsellerautorin. Auf ihrem YouTube-Kanal „Dr. Wlodarek Life Coaching” berät sie zu vielen Lebensfragen (269.000 Abonnenten). Wlodarek studierte zunächst Germanistik und Philosophie an der Universität zu Köln und an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und anschließend Psychologie an der Universität Hamburg. 1987 promovierte sie als Diplom-Psychologin über das Thema „Glücklichsein“. Seit 1979 führt sie eine psychologische Praxis in Hamburg, zunächst als Psychologische Psychotherapeutin mit Zusatzausbildungen in Gesprächstherapie, Verhaltenstherapie und Gestalttherapie, dann als Coach. Parallel dazu war sie von 1980 bis 2007 die beratende Psychologin der Zeitschrift Brigitte. Sie war eine der Ersten (seit 1980), die in Deutschland für Medien, Produktwerbung und PR psychologische Tests entwickelte.

 

 


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